"Greifbar - Krieg im Blick ukrainischer Künstler"
"Greifbar" - so lautet der Titel der neuen Ausstellung in der Modernen Galerie. Und der Name ist Programm. Gezeigt werden vor allem Fotoarbeiten ukrainischer Künstler, die alle den Krieg in ihrem Land zum Thema haben.
Was, wenn plötzlich in den ganz normalen Alltag der Krieg hereinbricht - so wie die Menschen in der Ukraine das erleben mussten. Die Antwort: Man versucht weiter zu leben, weiter zu arbeiten - so gut es eben geht. Und doch verändert sich alles. Und das ist sozusagen die Kernbotschaft einer Ausstellung, die in der Modernen Galerie des Saarlandmuseums zu sehen ist. Der Titel: "Greifbar - Krieg im Blick ukrainischer Künstler".
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Der Schmerz, alles zu verlieren
Es ist eine Papiercollage. Darauf ein Hochhaus, aus dem Dach schlagen Flammen und unten, sozusagen am Sockel des Hochhauses tragen lauter Füße mit Schuhen das Gebäude. Ein Verweis darauf, dass in der Ukraine nicht nur Kirchen, Fabriken oder Wohnhäuser zerbombt werden, sondern eben auch Menschen.
Die Künstlerin Maryna Brodovska thematisiert auch in diesem Werk die Zusammenhänge zwischen Familie und kulturellen Wurzeln und den Schmerz darüber, alles zu verlieren. Sie schreibt: "Die Entfernung, in die mich der Krieg getrieben hat, lässt sich nicht in Kilometern messen. Sie wird in Schmerz gemessen."
Kunst - ein Mittel, das Erlebte zu verarbeiten
Wenn man plötzlich in einem Land lebe, in dem Krieg herrsche, werde das Leben auf einen Schlag politischer, sagt Ira Yeroshko, die Kuratorin, die die Ausstellung zusammengestellt hat. Das Leben gehe zwar weiter, aber das Erlebte müsse verarbeitet werden.
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Yeroshko stammt selbst aus der Ukraine und hat in einem Open Call im Internet ukrainische Künstlerinnen und Künstler dazu aufgerufen, sich mit Kunstprojekten zu bewerben, die das Leben im und mit dem Krieg thematisieren. 80 Projekte habe sie bekommen, 15 davon dann ausgewählt.
Wenn aus Einschusslöchern Gesichter werden
Es sind hauptsächlich Fotoarbeiten, die in der Modernen Galerie zu sehen sind und die jeweils einen ganz eigenen spezifischen Zugang zur Kriegsproblematik haben.
So hat Yuliia Drapushko, stellvertretend für die Kriegserlebnisse, eine Foto-Serie aus der Sicht der Katzen ihrer Schwester gemacht, die nach schwerem Bombardement in Kiew erst zur Oma aufs Land gebracht wurden und schließlich mit Auto, Zug und Flugzeug mit der gesamten Familie nach Portugal flüchteten.
Ganz frontal ist die Arbeit von Dima Tolkachov. Er fotografierte Einschusslöcher in Häuserwänden, die aussehen wie Gesichter.
Den Krieg für die Betrachter erfahrbar machen
Wenn aus Einschusslöchern Gesichter werden oder der Einkauf einer Melone in einer zerstörten Markthalle zur Videoarbeit wird - die Künstlerinnen und die Kuratorin Ira Yeroshko wollen mit diesen Alltagsgeschichten diesen Krieg für die Betrachter erfahrbar machen. Das ist der rote Faden dieser Ausstellung.
Aber ist das dann schon politisch? Diese Frage müssen sich die Besucher selbst beantworten, so die Kuratorin.
Auf einen Blick
"Greifbar - Krieg im Blick ukrainischer Künstler"
22. April bis 06. August 2023
Moderne Galerie Saarbrücken
Bismarckstraße 11-15
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag: 10.00 bis 18.00 Uhr
Mittwoch: 10.00 bis 20.00 Uhr
Ein Thema am 21.04.2023 auf in der "Region am Nachmittag" auf SR 3 Saarlandwelle und in "Der Nachmittag" auf SR 2 KulturRadio.