Gemäuer des Pestlazarettes in Aschbach (Foto: SR/Lisa Huth)

Eine Mahnung aus der Geschichte

Das Pestlazarett des untergegangenen Aschbachs

Lisa Huth   06.07.2020 | 06:00 Uhr

Im 17. Jahrhundert wütete in Europa die Pest - und bis heute kann man Spuren davon sehen. So zum Beispiel in Aschbach, wo es ein Pestlazarett gab. Erstmals wurden die Menschen in Quarantäne gesteckt, doch lebend hat das Pestlazarett kaum jemand verlassen. Ein Heimatverein kümmert sich heute darum, dass die alten Gemäuer und die Erinnung erhalten bleiben.

Zurück zur Übersicht

Warum sind während der Corona-Pandemie Millionen Menschen über Monate freiwillig zu Hause geblieben? Sie hätten sich allem widersetzen und Party machen, Familienfeiern oder Sporttreffen veranstalten können. Kollektiver Gehorsam weltweit oder Angst vor einer Krankheit, von der niemand wusste, wie sie bei dem einzelnen wirkt, die innerhalb von Tagen tötet und bei den Überlebenden schlimme Schäden zurück lässt? Ja, sie hatten Angst, diejenigen zu sein, die im Krankenhaus auf der Intensivstation landen und beatmet werden, um am Ende doch zu sterben. Immerhin gibt es heute ein Gesundheitssystem und ein ganzes Team von Menschen, die im Krankenhaus da sind, um Erkrankte zu retten. 

Anfang des 17. Jahrhunderts gab es auch eine Epidemie. Eine höchst ansteckende Krankheit mit schneller Inkubationszeit, die fast immer tödlich verlief. Auch damals kamen die Menschen in Krankenhäuser, Lazarett genannt. Sie sollten sie lebend nicht mehr verlassen. Behandelt wurde da nicht wirklich jemand, nur in Quarantäne gesteckt, damit sie niemanden mehr anstecken konnten. Also Quarantäne für immer.

So war das damals im Pestlazarett von Aschbach. Zur Sicherheit wurde dieses Lazarett 1635, nach dem Ende der Pest, zerstört. Auch den Ort Aschbach gibt es nicht mehr. Dabei war er der Ursprung des dreigeteilten Ortes Gersweiler, Ottenhausen und Aschbach. Das Gehöft wurde im neunten Jahrhundert zum erst Mal erwähnt. 1312 wurde es vom Stift St. Arnual gekauft. In dieser Zeit fand auch die Kirche ihre erste Erwähnung. 

Dem Heimatkundlichen Verein sei Dank!

Audio

Tour de Kultur 2020: Das Pestlazarett des untergegangenen Aschbachs
Audio [SR 3, Lisa Huth, 07.07.2020, Länge: 03:09 Min.]
Tour de Kultur 2020: Das Pestlazarett des untergegangenen Aschbachs

Ohne den Heimatkundlichen Verein Gersweiler-Ottenhausen wäre die Kirche nach 1635 für immer vom Strudel der Geschichte verschlungen worden. Volker Arnold, der Vorsitzende des Vereins, erinnert sich an das Vorhaben der Gemeinde in den 1970er Jahren, die Ruine komplett abreißen zu lassen. Doch wo im Saarland, außer in Mettlach, steht so ein altes Gebäude, das nicht aus der Römer- und Keltenzeit stammt? Bei Ausgrabungen wurden Skelette gefunden, die dort gar nicht liegen durften. So forschten sie nach. Anhand der Bodenschichten wurde schnell klar, dass sie aus der Zeit des Pestlazaretts stammten. Von damals gibt es auch noch Aufzeichnungen von einem Umbau. Rechnungen für Öl, Ziegel, Steine, und auch, wie viel Geld die Totengräber bekommen haben. 

Bereits in den 1950er Jahren, erzählt der Historiker Hans-Christian Hermann, habe es Stimmen gegeben, den Gesamtkomplex zu erhalten, die Kirche als Denkmal stehen zu lassen. Vergebens. Es sei damals so gut wie alles platt gemacht worden. Die Menschen sollten die Geschichte des Ortes aber kennen. Darum sei es gut, dass der heimatkundliche Verein es geschafft habe, wenigstens die wenigen Teile wieder aufbauen zu lassen. Die Kirche erinnere daran, dass das Thema Epidemien eine lange Geschichte habe. In der heutigen Zeit hätten die Menschen das Gefühl, mit Technik alles bewältigen zu können. Zum Teil sei das ja auch der Fall. Aus historischer Perspektive sei das menschliche Leben aber schon immer dadurch geprägt gewesen, von Krankheiten bedroht zu werden. Die Geschichte des Pest-Lazaretts zeige das sehr deutlich. Im Grunde sei es nichts allzu Menschliches, sondern eher Unmenschliches gewesen, die Menschen in einer Quarantänestation zu isolieren. Damit standen diese Menschen außerhalb der Gemeinschaft.

Mauern, ein Museum und ein Gedenkkreuz

Gedenkkreuz an Aschbach und das Pestlazarett (Foto: SR/Lisa Huth)

Vor Ort sind heute ein paar Mauern zu sehen und die wiederaufgebaute Vorderfront aus dem 17. Jahrhundert. Rund herum ist alles frei geschnitten, damit man die ursprünglichen Ausmaße sehen kann. Auf einer Tafel werden die geschichtlichen Abläufe erzählt. Es kommen immer mal wieder Leute oder Gruppen, die vom heimatkundlichen Verein auf Wunsch geführt werden. Auch in das kleine Museum in Gersweiler, wo alles zu finden ist, was die ehrenamtlichen Vereinsmitglieder zu dem Thema zusammen getragen haben. 

Die Autorin von Historienromanen, Deana Zinßmeister, hat sich, so Volker Arnold, in einem ihrer mittelalterlichen Romane von diesem Pestlazarett inspirieren lassen. Sie sei auch vor Ort gewesen und habe sich alles angeschaut. 

Zum siebenhundertjährigen Jubiläum von Gersweiler-Ottenhausen wurde unten am Hügel ein Gedenkkreuz an Aschbach und das Pestlazarett aufgestellt, gleich links zu sehen, wenn man mit dem Fahrrad oder zu Fuß auf den Weg einbiegt, der zur ehemaligen Kirche hoch führt. Es ist ein schöner Abstecher bei einer Radtour vom Leinpfad an der Saar.

Wer mit dem Auto kommt, findet nicht weit weg einen Parkplatz. Und gerade nach der Erfahrung der Corona-Pandemie, ist die wieder aufgebaute Ruine des Pestlazaretts ein Mahnmal dafür, wie sehr die Menschheit sich weiter entwickelt hat, nicht nur auf gesundheitlichem Gebiet. Nach der Pest und nach Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 lebten auf dem kompletten Gebiet des Saarlandes noch etwas mehr als 600 Menschen. In der Pandemie von 2020 haben die meisten überlebt. 


Auf einen Blick


Wegeiser zum Pestlazarett in Aschbach (Foto: SR/Lisa Huth)

Heimatkundlicher Verein Gersweiler-Ottenhausen
Vorsitzender: Volker Arnold
Rathausplatz 2
66128 Saarbrücken
Tel.: (0681) 70 00 80
Internet: www.hkv-gersweiler.de

Öffnungszeiten
Ganzjährig zugänglich.

Der Eintritt ist frei.

Anfahrt
Mit dem Fahrrad von Merzig oder Saarbrücken bis unterhalb von Gersweiler. Es wird ein grüner Fahrradwegweiser auftauchen, der auf das Pestlazarett hinweist. Dem einfach folgen. Von der Goldenen Bremm über Stiring-Wendel und Schoeneck über die Grenze, 200 Meter später kommt links ein Fahrradschild mit dem Hinweis zum Pestlazarett. Nach circa 150 Metern ist man da.

Zurück zur Übersicht

Artikel mit anderen teilen

Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja