Die Kirche St. Martin in Großbundenbach  (Foto: Elke Rapp)

Vom Kampf der Pfarrer auf dem Acker…

…und den wunderschönen Fresken von St. Martin in Großbundenbach

Stefan Miller   06.07.2020 | 06:00 Uhr

Eine Menschenmenge sammelt sich auf einem Acker zwischen Lambsborn und Buntenbach (später Bundenbach, heute Großbundenbach). Sie umringt die beiden Pfarrer der Gemeinde. Zwei? Nun ja, der lutherische Pfarrer, Jacobus Trautmann, war eigentlich nicht mehr im Amt, seit der Herzog von Pfalz-Zweibrücken vom lutherischen zum reformierten Glauben gewechselt hatte. Offiziell war jetzt Johannes Crusius der Gemeindepfarrer. Der lutherische Pfarrer aber war der beliebtere. Und überhaupt weigerten sich die Buntenbacher den Konfessionswechsel mitzumachen. Vom Katholizismus zum lutherischen Glauben, das ging ja noch, aber diese sinnenfeindlichen Reformierten, die noch nicht einmal Bilderschmuck in ihren Kirchen haben wollten, das war zu viel...

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Es ging hoch her zwischen den Lutheranern und den Reformierten

Da in der Kirche St. Martin jetzt die Reformierten das Sagen hatten, mussten die Lutherischen ihren Gottesdienst in der Burgkapelle des Grafen durchführen. Alle anderen Orte in der Umgebung hatten den Konfessionswechsel nun schon mitgemacht. Das gab Ärger. Wenn die aus Käshofen einen Todesfall hatten und sich eine Bestattungsprozession zum Friedhof aufmachte, durften sie nicht durch Buntenbach ziehen, sondern mussten außen herum gehen. Noch heute heißt dieser Weg „Totenweg“. Also, es ging hoch her zwischen den Lutheranern und den Reformierten, und jetzt trafen sich die beiden Pfarrer also auf dem Acker. Sie sollen sich richtig geschlagen haben.

Wie der Kampf damals ausging, ist nicht überliefert, aber irgendwann haben sich die Reformierten durchgesetzt, und nicht zuletzt deshalb wurden die wunderschönen Fresken erhalten. Denn nachdem sie bei einem Blitzeinschlag ohnehin schon beschädigt worden waren, war das für die bilderfeindlichen Reformierten eine Gelegenheit, sie zu übertünchen. So überlebten diese Wandmalereien rund 300 Jahre unter Putz, bis sie bei einer Kirchenrenovierung 1907 zufällig wieder entdeckt wurden. Heute sind sie, gut restauriert, ein überraschend schönes Schmuckstück in einer Dorfkirche, die von außen eher unscheinbar wirkt.

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Tour de Kultur 2020: Fresken von St. Martin in Großbundenbach
Audio [SR 3, Stefan Miller, 10.07.2020, Länge: 03:09 Min.]
Tour de Kultur 2020: Fresken von St. Martin in Großbundenbach

Ursprünglich eine Wehrkirche

St. Martin war ursprünglich eine Wehrkirche. Das heißt, man konnte sich hier verbarrikadieren, wenn Feinde im Anmarsch waren. Im Unterschied zu vielen Lothringer Wehrkirchen sieht sie aber dennoch nicht wie eine Burg aus, denn die Verteidigung begann schon an der Mauer um den Kirchhof. Dort, wo früher der Eingang in dieser Mauer war, sieht man noch Spuren des ehemaligen Portals.

Der wuchtige Glockenturm ist noch aus romanischer Zeit erhalten, das Kirchenschiff wurde dann im 14. Jahrhundert im gotischen Stil mit Spitzbogenfenstern gebaut. Und als die Frau des Adligen Hugo von Slump starb, wollte dieser sie gerne in geweihter Erde bestatten lassen und fragte deshalb bei dem heute im Saarland gelegenen Kloster Wörschweiler an, zu dem die Kirche damals gehörte. Die Mönche dort gaben ihr Einverständnis – aber nicht kostenlos.

Die Bemalung des Chors

Die Kirche St. Martin in Großbundenbach  (Foto: Elke Rapp)

Im Gegenzug stiftete von Slump die Bemalung des Chors im Jahr 1330 und die kann sich heute noch sehen lassen. Da sieht man Christus als Weltenherrscher, die Leidensgeschichte Jesu, Apostel, Symbole der vier Evangelisten (Engel, Löwe, Stier und Adler) sowie den Namenspatron der Kirche, St. Martin, aber auch den Heiligen Georg, der einen Drachen tötet. Da sind Propheten abgebildet und die Frauensymbole für die christliche und die jüdische Lehre (Ecclesia und Synagoge) – kurz, das hier ist eine sogenannte Bilderbibel für Gläubige, die nicht lesen konnten. Schließlich waren die meisten Bewohner des Ortes Analphabeten. Erst ab 1720 wird hier regelmäßig und planvoll Unterricht erteilt.

Die Kirche St. Martin in Großbundenbach  (Foto: Elke Rapp)

Zu den dekorativen Wandmalereien kamen noch reich geschmückte Grabplatten im Barockstil hinzu, so dass der Chor heute sehr farbenprächtig wirkt. Auch die Schlusssteine in den Gewölben sind bunt ausgemalt und zeigen beispielsweise einen Bernhardiner, das Symbol des Heiligen Bernhard, den Gründer der Zisterzienser, zu deren Orden die Kirche gehörte.

Die Martinskirche erzählt aber noch mehr: Außen finden sich an den Steinen Wetzspuren. Dass die Ritter vor dem Gottesdienst ihre Schwerter dort stumpf geschliffen haben sollen, ist nur eine von vielen Theorien, um diese Rillen zu erklären. Eine Sonnenuhr neben dem Eingang diente hingegen ganz sicher dazu, die Kirchturmuhr genau einzustellen.

Nicht nur über den richtigen Glauben wurde gestritten

Neben den Auseinandersetzungen um den richtigen Glauben, Französischer Revolution und Dreißigjährigem Krieg fand noch ein merkwürdiger Streit um eine Mitgift in Bundenbach statt. Bundenbach wurde nämlich als Pfand für eine Mitgift bei den adligen Herrschaften von Helmstatt eingesetzt. Als diese Mitgift jahrelang nicht bezahlt wurde, erwirkten die Helmstätter ein Urteil, dass Bundenbach nun ihnen gehören solle. Der damalige Herr von Bundenbach, Friedrich Steinkallenfels, widersetzte sich aber den Exekutoren – das wären heute sozusagen die Gerichtsvollzieher. Einen ließ er sogar misshandeln. Irgendwann wurde der Gerichtsbefehl aber militärisch durchgesetzt, was sehr zur Verarmung der Gemeinde beitrug.

So gibt es noch viele dramatische Ereignisse in der Geschichte dieses kleinen Ortes. Die Steine des gräflichen Schlosses sind heute in den Häusern der Großbundenbacher verbaut, die Mauer um die einstige Wehrkirche ist nur noch ein Gartenmäuerchen, die Zeiten sind friedlicher geworden. Nur wenn man in die Kirche geht und das Glück, hat eine Führung bei der Gästeführerin Elke Rapp zur erwischen, dann werden die turbulenten Zeiten noch einmal lebendig, in denen sich sogar die Pfarrer auf dem Acker geschlagen haben.


Auf einen Blick


Die Kirche St. Martin in Großbundenbach  (Foto: Elke Rapp)

Kirche Großbundenbach
Hauptstraße 10
66501 Großbundenbach
Tel.: (06337) 88 20
Internet: www.grossbundenbach.de

Ansprechpartnerin: Erlebnisgästeführerin Elke Rapp
E-Mail: elkerapp@web.de

Öffnungszeiten
Die Kirche kann nach Absprache mit Frau Rapp besichtigt werden.

Der Eintritt ist frei.

Anfahrt
Von Saarbrücken über die A 8 bis L 471 Zweibrücken folgen, dann Ausfahrt 32-Zweibrücken nehmen. L 471 folgen, L 465 und Talstraße bis Hauptstraße nehmen.

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