Foto: SR/Uwe Jäger

Per App auf Zeitreise in den Barock

Eine Lauschtour durch Blieskastel

Uwe Jäger   06.07.2020 | 06:00 Uhr

Manchmal ist man an einem Ort und möchte gerne mehr über das erfahren, was man um sich herum sieht. Seien es historische Gebäude oder besondere Pflanzen, die dort wachsen. Meistens ist dann leider niemand da, den man fragen kann und der sich auskennt, es sei denn, man nimmt an einer Führung teil. Die kann man im Saarland inzwischen an einigen Orten auch per App selbst machen. Eine dieser sogenannten Lauschtouren führt in den „Blieskasteler Barock“.

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Los geht die Zeitreise am ehemaligen Paradeplatz Blieskastels. Am Ende des Platzes steht neben dem Rathaus eine Infotafel, die nicht zu übersehen ist. Darauf wird erklärt, wie die Lauschtour funktioniert. Ein QR-Code führt direkt zur App. Man kann sich die App, aber auch vor der Tour bequem zu Hause im App-Store oder bei Google Play aufs Smartphone laden.

Ist die App auf dem Handy kann es losgehen, denn hier ist auch der erste sogenannte Lauschpunkt der Tour. Auf dem Handydisplay erscheint eine Stadtkarte, darauf markiert die einzelnen Stationen der Lauschtour. Zu Beginn fragt die App noch, ob sie GPS nutzen darf. Stimmt man zu, lotst sie einen dann durch die engen Altstadtgassen.

Eine freundliche männliche Stimme begrüßt die Nutzer und verrät, dass die Familie der Grafen von der Leyen, als sie im 18. Jahrhundert ihren Sitz aus Koblenz nach Blieskastel verlegt hat, erst einmal für einen regelrechten Bauboom in der Stadt gesorgt hat und das bäuerliche Blieskastel in eine barocke Residenzstadt verwandelt hat.

Die Stimme verrät dem App-Nutzer, wo es auf der Lauschtour hingeht, dass sie rund einen Kilometer lang ist, knapp eine dreiviertel Stunde dauern wird und wünscht noch viel Spaß.

Entdeckungen mit Karte und Lauschpunkten

Eine Lauschtour durch Blieskastel (Foto: SR/Uwe Jäger)
Die Blieskastler Lauschtour-App

Jetzt geht es aber wirklich los. Im Display des Smartphones erscheint ein Bild von Graf Franz von der Leyen und seiner Frau Gräfin Marianne. Die Stimme stellt die beiden vor und erzählt, dass der Paradeplatz eine der ersten Veränderungen war, die das Paar in Blieskastel umsetzte, dass die Leibgarde des adeligen Ehepaars nur 16 Mann stark war und das heutige Rathaus einst ein Waisenhaus beherbergte.

Die App lotst den Nutzer über den Paradeplatz weiter zum nächsten Punkt der Lauschtour, dem Mühleneck und der Gerberstrasse, dem ehemaligen Handwerker- und Gerberviertel. Bei der Orientierung hilft die Karte, die auf dem Display des Smartphones eingeblendet wird. Ist der nächste Lauschpunkt erreicht, gibt es immer ein Klingelzeichen und ein Foto des Ortes erscheint auf dem Display.

Vorbei an Fundamentresten des alten Blieskastler Schlosses, die teilweise noch aus dem 17. Jahrhundert stammen, geht es weiter durch die engen Gassen. Dabei erfährt der App-Nutzer, dass die gemeinsame Zeit des Paares in der Residenzstadt nur kurz war, weil Graf Franz Karl plötzlich und unerwartet verstarb. Gräfin Marianne stand alleine da mit drei Kindern und jeder Menge Baustellen, die noch fertig gestellt werden mussten. 18 Jahre lang hat sie allein weiter regiert, bis 1793 die Französische Revolution in Blieskastel ankam und sie als Magd verkleidet den Revolutionären entkam.

Viel Wissenswertes, spannend erzählt

Auf dem Spaziergang erfährt man, dass Blieskastel danach französisch war und kommt an einem Brunnen zu Ehren Napoleons, dem sogenannten Schlangenbrunnen vorbei. Die App lotst den Besucher weiter durch die Altstadt vorbei an barocken Häusern, berichtet, dass Blieskastel als eine der am besten erhaltenen Barockstädte im Südwesten gilt und 154 Bauwerke hier unter Denkmalschutz stehen.

Audio

Tour de Kultur 2020: Eine Lauschtour durch Blieskastel
Audio [SR 3, Uwe Jäger, 04.08.2020, Länge: 02:56 Min.]
Tour de Kultur 2020: Eine Lauschtour durch Blieskastel

Immer wieder kommen neben dem Sprecher auch Stadtführerinnen zu Wort und liefern zusätzlich spannende Infos. Durch die Alte Pfarrgasse geht es durch enge Gässchen Richtung Schlossberg. Auf dem Weg macht die Lauschtour im sogenannten Hinnerreck, dem ältesten Teil der Stadt, auf ein besonders Detail aufmerksam. An einem unverputzten Haus aus Sandstein versteckt sich über einem Fenster ein grauer, flacher und reichverzierter Stein. Er gehörte einst zum Schloss. Als die Revolutionäre der Französischen Revolution die Gräfin aus der Stadt vertrieben haben, hatten sie das Schloss zum Abriss freigegeben, und die Menschen in der Stadt konnten die Steine zum Bau ihrer Häuser verwenden.

Durch die engen Gassen der Altstadt führt die Lauschtour weiter auf den Schlossberg. Vorher gilt es, einen strammen Anstieg zu bewältigen, vorbei an prachtvollen Hofratshäusern. Einst wohnten hier Hofbeamte, die mit den Grafen von der Leyen aus Koblenz nach Blieskastel gekommen waren. Die Lauschtour lenkt das Augenmerk immer wieder auf besondere Details an den Häusern, erzählt, wie aus dem ehemaligen Bauerndorf eine Residenzstadt mit Perückenmachern, Schneidern und einem florierenden Markt wurde.

Orangerie Blieskastel (Foto: Thomas Braun)
Orangerie Blieskastel (Foto: Thomas Braun)

Auf dem Schlossberg, außer Atem angekommen, bleibt Zeit zu verschnaufen, während die App die kunstvolle Fassade der Schlosskirche erklärt. Wieder bei Puste geht es etwas abwärts Richtung Orangerie. Auf dem Weg berichtet die Lauschtour über die Lateinschule und die Obstplantagen, die das Grafenpaar zum Wohl seiner Bürger errichtete. Nach 50 Metern geht es rechts eine kleine Steintreppe hoch. Bevor an der Orangerie, dem einzig noch erhaltene Gebäude des ehemaligen Schlosses, die Lauschtour endet.

Zum Schluss gibt es noch ein paar Tipps. Zum Beispiel, dass nur eineinhalb Kilometer entfernt der etwa 5.000 Jahre alte Gollenstein steht. Auch dessen Standort ist in der Karte der App markiert, so dass man auch ihn bequem findet. Und zum Abschied kommt noch Gräfin Marianne von der Leyen selbst zu Wort und schwärmt „von ihrer herrlichen Grafschaft des kleinen Glücks“.

Unterhaltsam und leicht zu bedienen

Die Lauschtour durch den „Blieskasteler Barock“ macht Spaß und die Bedienung der Lauschtourapp ist einfach. Durch Wischen auf dem Display kann man zwischen den einzelnen Lauschpunkten hin und her springen. Die einzelnen Lauschpunkte sind zwischen 40 Sekunden und vier Minuten lang. Beim Anhören kann man immer wieder auf Pause drücken, vor- oder zurückspulen.

Weitere Lauschtouren

In der App findet man weitere Lauschtouren im Biosphärenreservat Bliesgau. Zum Beispiel eine Tour im Mandelbachtal rund um das Haus Lochfeld, einen Stadtrundgang durch St. Ingbert oder Lauschpunkte entlang des Saarradwegs. Wenn man auf die Touren in der App klickt, erfährt man was einem erwartet, wie lange die Touren sind und wo sie starten.


Auf einen Blick


 (Foto: SR/Uwe Jäger)

Kontakt
Saarpfalz-Touristik
Paradeplatz 4
66440 Blieskastel
Tel.: (06841) 10 47 174
www.saarpfalz-touristik.de
www.urlaub.saarland/Reisethemen/lauschtouren

Öffnungszeiten
Die Lauschtour ist ganzjährig zugänglich.

Die Lauschtour-App ist kostenlos.

Start der Tour
Am Paradeplatz
66440 Blieskastel

Anfahrt
Von Saarbrücken aus über die A 6 bis L 119 in St. Ingbert nehmen, dann Ausfahrt 7-Rohrbach nehmen. Dann über die Kaiserstraße und L 113 bis zum Paradeplatz in Blieskastel fahren.

Tipp
Die Lauschapp gibt es auch in Gebärdensprache. Einfach in der App die Tour auswählen und das Gebärdensprachen-Symbol antippen und die Tour installieren. Mit GPS lösen die Gebärdenvideos unterwegs automatisch aus. Ihr Smartphone vibriert, wenn Sie an einer Station ankommen.

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