Wie ein Kurfürst am Weine genas. (Foto: Karin Mayer)

Unterwegs mit dem Bernkasteler Doctor

Eile mit Weile, die Sage tut kund, hier ward ein Kurfürst am Weine gesund …

Karin Mayer  

Ein schwarzer Mantel, ein hoher Hut, ein spanischer weißer Kragen und große goldene Schnallen an den Schuhen – den Bernkasteler Doctor erkennt man schon von weitem. Er steht in der Nähe des Karlsbader Platzes und zieht die Blicke auf sich. Jürgen Kettern scheint das nicht zu stören. Er ist Stadtführer und jederzeit bereit, den Bernkasteler Doctor zu geben.



Dessen Geschichte macht in Bernkastel schon viele Jahrhunderte die Runde. Seit dem Jahr 1354. Damals war der Trierer Kurfürst Boemund II. auf seinem Sommersitz, der Burg Landshut, zu Gast und wurde schwer krank.

Tour de Kultur 2019: Unterwegs mit dem Bernkasteler Doctor
Audio [SR 3, Karin Mayer, 17.06.2019, Länge: 03:15 Min.]
Tour de Kultur 2019: Unterwegs mit dem Bernkasteler Doctor

Kein Arzt, keine Medizin brachte Besserung. Also ließ er bekannt machen, wer ihm helfen könne, solle kommen. Dafür wollte der Kurfürst auch eine Belohnung zahlen. Das hörte ein Ritter auf der Burg Hunolstein im Hunsrück. Er hatte einen Weinberg in Bernkastel und brachte dem Kurfürsten ein Fass Wein.

Boemund genas am Weine des Doctors

Der Kurfürst trank davon und wurde gesund. Damit wurde der Bernkasteler Doctor geboren. So heißen seither die Weinlage und der Wein, der oberhalb des Städtchens hier angebaut wird, ein Riesling mit Seltenheitswert. Die Lage ist nur dreieinviertel Hektar groß.

Dass dieser Wein, noch heute kranke Menschen gesund macht und Gesunde froh, das beweist Jürgen Kettern bei seiner Doctorführung. Der Doctor-Wein wird unterwegs verkostet. Den passenden Trinkspruch dafür hat Jürgen Kettern schnell auf den Lippen.

Der liebe Gott hat nicht gewollt,
dass guter Wein verderben sollt,
drum hat er uns nicht nur die Reben,
nein, auch den nötgen Durst gegeben.

Die Figur des Bernkasteler Doctors hat Jürgen Kettern gemeinsam mit anderen Stadtführern entwickelt. Humorvoll und sachkundig tourt er mit Gruppen über den Marktplatz und durch schmale Gässchen. Über die Stadtgeschichte kann er einiges erzählen, denn die ist lang und vom Leben an der Mosel geprägt.

Auch Kaiser Maximilian kam hierher

Bernkastel war zum Beispiel schon in der Steinzeit besiedelt. Wo heute die Altstadt ist, hatten die Römer eine kleine Handelssiedlung. Im achten Jahrhundert wurde die Stadt Bernkastel urkundlich erwähnt. Die Stadtrechte bekam Bernkastel 1291. An der Mosel steht der Glockenturm der katholischen Kirche aus dem 14. Jahrhundert.

Wandern bei Bexbach-Höchen (Foto: Wolfgang Henn)
Stolze Arbeiter mit "ihrer" Lok.

Die Glocke ist im Original erhalten und läutet um 22 Uhr, damit die Weintrinker wissen, wann sie nach Hause müssen. Nebenan ein hohes Fachwerkhaus, das Haus Astor. Hier hat im Jahr 1512 ein Promi übernachtet. Kaiser Maximilian machte auf dem Weg nach Trier in Bernkastel Station.

Mittelalterliche Kulisse für den Doctor

Daran nehmen sich bis heute viele ein Beispiel. Jahr für Jahr kommen 700.000 Übernachtungsgäste nach Bernkastel-Kues. Im Sommer brummt es in den Gassen zwischen den Fachwerkhäusern. Zwei Millionen Tagesgäste zieht es hierher.

Ein Highlight ist der mittelalterliche Marktplatz. Die Fachwerkhäuser wurden im 15. und 16. Jahrhundert errichtet. Am Rathaus, dem einzigen Haus aus Stein, waren auch das Gericht, die Markthalle und der Sitz des Bürgermeisters untergebracht.

Wie ein Kurfürst am Weine genas. (Foto: Karin Mayer)
Immer einen flotten Spruch auf den Lippen: Der "Bernkasteler Doctor" Jürgen Kettern.

Vor der Tür mussten zu dieser Zeit noch die kleinen Gauner am Pranger stehen. Das Spitzhäuschen hatten sie dabei vor Augen. Es ist schmal und schief, und es würde einen nicht wundern, wenn die Gebrüder Grimm darin wohnen würden.

Der obere Stock ist breiter als die Grundfläche. So konnte der Hausbesitzer Steuern sparen. Das haben offenbar viele Bernkastler genutzt und die Fassaden der Fachwerkhäuser hängen leicht nach vorne über. Die oberen Stockwerke wurden eben größer gebaut.

"Die Spätlese hilft nicht mehr"

Durch eine schmale Gasse gehen wir weiter. Unterwegs fordern die Bernkastler sich im Scherz neue Rezepte ein. Die Spätlese helfe nicht mehr, ruft einer. Vor einer Boutique schwärmt eine Frau von der Doctorführung in Mundart. Auch das bieten Jürgen Kettern und seine Kollegen auf Wunsch an. Aber er winkt ab: „Wenn mer so reden wie mer reden, da versteeschd de misch awer nimmi ...“.

Wie ein Kurfürst am Weine genas. (Foto: Karin Mayer)
Heute noch eine Augenweide: die schmalen Fachwerkgassen von Bernkastel Kues.

Der Bärenbrunnen, die Doctorweinstube und das letzte erhaltene Stadttor liegen noch auf unserer Strecke, bis wir endlich vor dem Weinberg über der Stadt stehen. 90 Minuten dauert der Rundgang mit dem Bernkasteler Doctor. Der kann je nach Gruppe feuchtfröhlich ausfallen, in jedem Fall aber wird dabei gelacht. Zwei Weine hat der Stadtführer in seiner Tasche. Vom „teuersten Wein der Welt“ wie er immer wieder betont.


Auf einen Blick


Kontakt
Mosel-Gäste-Zentrum
(Tourist-Information)
Gestade 6
54470 Bernkastel-Kues
Tel.:     (06531) 50 019-0
Fax:     (06531) 50 019-19
E-Mail: info@bernkastel.de

Öffnungszeiten
Führungen nach Vereinbarung.

Eintritt
Doctorführung in deutscher Sprache pro Person 11,50 €, mindestens aber 120,- €; in französischer, englischer oder niederländischer Sprache, pro Person 12,50 €, mindestens 130,- €.

Anfahrt
Ab Saarbrücken über die A 1 Richtung Trier bis Abfahrt Wittlich, über die B 50 und L 47 bis Bernkastel-Kues.
Parken: an der Mosel unterhalb der Straße Gestade.

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