Im Stellwerkmuseum in Ottweiler. (Foto: Alexander M. Groß)

Vom Stellen und Staunen

Das Stellwerkmuseum Otterbach-Lampertsmühle

Alexander M. Groß   07.06.2019 | 14:08 Uhr

Ein sattes „Klack“ ist zu hören, wenn Karl-Heinz Ochs einen Hebel nach unten drückt und damit das Einfahrtssignal des Bahnhofs Otterbach auf grün stellt. Der Zug von Lauterecken nach Kaiserslautern kann jetzt einfahren. Oder besser gesagt „könnte“, denn das Stellwerk Otterbach-Lampertsmühle ist mittlerweile ein Museum, in dem nur noch einmal im Monat alle Hebel für die Bahn in Bewegung gesetzt werden.



Im Stellwerkmuseum in Ottweiler. (Foto: Alexander M. Groß)
Weichen und Signale könnten heute alle noch wie "in Echt" gestellt werden.

Das schlanke hohe Gebäude mit den beiden Formsignalen davor würde – maßstabsgerecht verkleinert – jede Modellbahn schmücken. Wenn man über eine knarzende Holztreppe den Stellwerksraum im ersten Stock erreicht hat, fühlt man sich in die goldene Bundesbahnzeit zurückversetzt. Es riecht nach Bohnerwachs, Schmieröl und nach einem Hauch Sir Irisch Moos des diensthabenden Bahnbeamten.

In der Mitte des Raumes steht die Hebelbank, an der Karl-Heinz Ochs Weichen und Signale stellt. „Der Auftrag dafür kam vom Fahrdienstleiter im Bahnhof. Zuerst wurden die Weichen gestellt, dann die Fahrstraße verschlossen. Das verhinderte ein späteres Umstellen der Weichen und damit eine Kollision.

Freier Blick auf Gleise und Züge

Im Stellwerkmuseum in Ottweiler. (Foto: Alexander M. Groß)
Alle Details sind liebevoll gepflegt.

Danach erst konnte man das Signal auf grün stellen, so dass ein Zug einfahren konnte“, erinnert sich Karl-Heinz Ochs. 40 Jahre lang arbeitete er für die Bahn, einen Großteil davon hat er auf dem Bahnhof Otterbach verbracht. Als Fahrdienstleiter, Schalterbeamter – und auch im Stellwerk. An einem Holztisch mit Lampe sitzend, freier Blick auf Gleise und Züge, im Rücken ein kleiner brikettbefeuerter Bollerofen.

Aber im Stellwerk hat er nicht so gern gearbeitet – die Pausen zwischen den Arbeitseinsätzen waren ihm zu lange und wohl auch zu langweilig. Eine Stunde verging zwischen den Zügen. „Es gab Kollegen, die haben hier ihr Abitur nachgemacht. Man hatte ja viel Zeit zum Lesen. Radio hören war aber nicht erlaubt“, sagt er. Ob nicht allerdings doch der ein oder andere mal Radio hörte, das will er nicht bejahen, aber auch nicht ausschließen. Und Ochs lächelt dabei.

"Einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner"

Im Stellwerkmuseum in Ottweiler. (Foto: Alexander M. Groß)
Nur Karl-Heinz Ochs weiß noch, wozu die Hebel gut sind.

Heute ist er der Einzige, der im Stellwerk Führungen an seinem alten Arbeitsplatz anbietet. Jeden zweiten Sonntag im Monat – von April bis Oktober. „Es kommen viele Eisenbahnfreaks, aber auch Menschen, die mit der Bahn gar nichts am Hut haben“, erklärt er. Mitten im Gespräch kündigt sich mit einem kurzen Pfiff ein Zug aus Lauterecken an. Ochs weiß noch genau, welche Handgriffe jetzt nötig wären. „Einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner – das legt man nie mehr ab“, sagt er.

So müsste Ochs – außer dem Weichen stellen, Fahrstraße verriegeln und das Einfahrtsignal auf grün stellen – auch noch die Schranken am Bahnübergang direkt neben dem Stellwerk runterkurbeln. Wäre Not am Mann, Ochs könnte sofort einspringen. Aber dieser Zug ist endgültig abgefahren, die mechanischen Hebelbänke sind nicht mehr mit Weichen und Signalen verbunden. Die werden jetzt elektrisch ferngesteuert.

Ein prall gefülltes Fahrscheinregal

Im Stellwerkmuseum in Ottweiler. (Foto: Alexander M. Groß)
Ein original erhaltenes "Fahrscheinregal".

Die großen Sprossenfenster geben den Blick frei auf die Bahnhofseinfahrt von Otterbach, der Triebwagen aus Lauterecken fährt ein und für einen Moment ist es noch einmal so wie früher in den Siebzigern. „Um 5.00 Uhr war Dienstbeginn. Da kam ein langer Güterzug nach Lauterecken. So lang, dass er gar nicht in den Bahnhof passte. Danach ein kurzer Güterzug und dann jede Stunde ein Personenzug“, erzählt Ochs ein wenig wehmütig.

„Danach musste das Petroleum in den Weichenlaternen und Signallampen aufgefüllt werden. Das war die Arbeit für den Stift.“ Ölkanne, Lampen und Laternen, alles ist noch da im Stellwerksmuseum. Genauso wie alte Uniformen, Werkzeuge und eine Belobigungs-Urkunde vom Kaiser an einen verdienten Lokführer. Oder ein Fahrkartenschalter mit Fahrscheinregal, prall gefüllt mit jenen beige-gelben Karten auf Karton, die vom Schaffner mit einer Zange gelocht wurden. Beigesteuert und „organisiert“ von Eisenbahn-Verrückten.

Im Stellwerkmuseum in Ottweiler. (Foto: Alexander M. Groß)
Selbst die Petroleumlampen sind noch da.

Die Stellwerks-Technik ist schon über 100 Jahre alt und funktioniert auch heute noch so in ganz wenigen verbliebenen mechanischen Stellwerken bei der Bahn. Für das Stellwerk Otterbach-Lampertsmühle war 2005 endgültig Schluss. Seitdem regeln Kollegen im weit entfernten Neustadt den Verkehr.

Den Abriss in letzter Sekunde verhindert

Dass das jetzige Museums-Gebäude überhaupt noch steht, ist ein kleines Wunder und ein paar Eisenbahnenthusiasten und dem Bürgermeister zu verdanken. Acht Tage nach Außerdienststellung stand der Bagger für den Abriss schon bereit. „Das war so üblich bei der Bahn, was nicht mehr gebraucht wird, musste fort. Weg damit“, ärgert sich Ochs noch heute.

Aber es kam anderes. Bürgermeister Westrich fuhr flugs nach Saarbrücken und kaufte Stellwerk und Gelände für den symbolischen Preis von einem Euro und konnte somit den Abriss abwenden. Höchste Eisenbahn für das Stellwerk.


Auf einen Blick


Kontakt
Lauterstr. 32
67731 Otterbach
Tel.: (06301) 60 78 00
E-Mail: info@otterbach-otterberg.de
www.otterbach-otterberg.de

Öffnungszeiten
April - Okt. jeden zweiten So., jeweils 14.00 - 17.00 Uhr

Eintritt
Der Eintritt ist frei. Sonderführungen sind ganzjährig buchbar.

Anfahrt

  • Bahn: Besucher können standesgemäß mit dem Zug anreisen. Aus Richtung Saarbrücken geht es bis Kaiserlautern, dann umsteigen in Richtung Lauterecken. Jede Stunde fährt ein Zug.
  • Auto: Wer aber mit dem Auto anreist, fährt über die A 6 bis Kaiserslautern. Dort auf die B 270 in Richtung Lauterecken, erste Ausfahrt abbiegen in Richtung Otterbach. Das Stellwerk befindet sich 200 Meter vom Bahnhof Otterbach entfernt.

Tipp
Der Ausflug lässt sich auch gut mit einer Radtour verbinden. Der Lauterradweg und der Pfälzer-Land-Radweg führen unmittelbar am Stellwerk vorbei. Über (schmale) Landstraße circa 15 Kilometer bis Fischbach. Dort den Hinweisschildern Biosphärenhaus folgen. Das Gelände liegt gleich an der Hauptstraße, kurz hinter dem Orts-Ausgangsschild auf der linken Seite. Auf dem Gelände gibt’s auch einen kostenpflichtigen Wohnmobil-Stellplatz.

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