Tour de Kultur 2018: Der historische Rundweg in Albersweiler (Foto: Karin Mayer/SR)

Wo früher ein Hafen war

Der historische Rundweg in Albersweiler

Karin Mayer   28.06.2018 | 11:04 Uhr

Ende des 17. Jahrhunderts kam der französische Festungsbauer Vauban nach Landau in die Pfalz. Er sollte dort eine Festung errichten und dafür brauchte er Steine. Aber woher nehmen? In Albersweiler knapp zehn Kilometer weiter fand Vauban einen passenden Steinbruch. Und schon stellte sich die Frage, wie das Baumaterial transportiert werden könnte. Mit Pferdekutsche und Ochsenkarren durchs hügelige Gelände?



Nein, dann schon besser übers Wasser. Schließlich plätscherte die Queich vor dem Steinbruch vorbei. Aber der kleine Bach reichte nicht aus für Kähne und Schiffe. Und so fiel die Entscheidung: Vauban ließ einen Kanal bauen. Von Albersweiler nach Landau zur Baustelle. 13 Meter breit und sieben Kilometer lang, mit zehn Schleusen ausgestattet und gefüllt mit dem Wasser der Queich.

In Albersweiler entstand ein Hafenbecken, ein Schleusenmeister zog ein in das Haus neben dem Hafen, und 1.500 Franzosen kamen in den kleinen Ort am Rande des Pfälzer Waldes, um den Albersweiler Kanal zu graben, Steine zu hauen und den Festungsbau in Landau möglich zu machen.

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Wo früher ein Hafen war

Los geht's am einstigen Hafenbecken

Klar, dass das für einige Unruhe sorgte in dem kleinen Ort an der Queich. Aber das ist über 300 Jahre her. Wo früher das Hafenbecken war, beginnt jetzt der Historische Rundweg in Albersweiler. Die Queich fließt wieder in ihrem natürlichen Bett, der Hafen ist zugeschüttet, und eine Bahnstrecke wurde gebaut, im 19. Jahrhundert für den König Ludwig, der gerne in die Pfalz reisen wollte. Auf einer Informationstafel kann man die Baupläne von Vauban aus dem Jahr 1687 sehen, man steht vor der ehemaligen Einleitstelle des Wassers in den Kanal und vor der Infotafel des Wanderwegs heute.

Tour de Kultur 2018: Der historische Rundweg in Albersweiler (Foto: Karin Mayer/SR)
Der historische Rundweg in Albersweiler: Am alten Hafenbecken

Als Vauban nach Albersweiler kam, war der Ort französisch und protestantisch. Die Queich war die Grenzlinie und die war befestigt. Die französischen Arbeiter, die für den Kanalbau kamen, waren katholisch, und das hatte Folgen für die Gemeinde. Und zwar über Jahrhunderte. Davon kann Gästeführer Herwig Wolf noch aus eigener Erfahrung berichten. In seiner Kindheit hatten seine protestantischen Eltern ein Schuhgeschäft in Albersweiler. Der katholische Pfarrer aber verlangte von den Katholiken, dass sie vor und nach dem Besuch eines protestantischen Hauses Gebete sprachen und Abbitte leisteten. Das findet Herwig Wolf noch heute verrückt. Aber so ist die Geschichte, nicht nur in Albersweiler.

Drei Schulhäuser, zwei Kirchen

Die Kinder gingen in Konfessionsschulen. Für 1.500 Dorfbewohner wurden deshalb drei Schulhäuser gebraucht. Auf dem Rundweg durch Albersweiler geht man zunächst am kleinen protestantischen Schulhaus vorbei, erreicht später das größere israelitische – denn die jüdische Gemeinde in Albersweiler war groß – und zuletzt das katholische Schulhaus, das mit Abstand das größte im Ort war. Erst Ende der 1960er Jahre war damit Schluss, das Land Rheinland-Pfalz schaffte die Konfessionsschulen ab.

Kirche am historischen Rundweg in Albersweiler (Foto: Karin Mayer/SR)
Kirche am historischen Rundweg in Albersweiler

Zu Streitigkeiten zwischen Katholiken und Protestanten kam es schon früher. Zwischen den Bauarbeitern und den Ortsbewohnern. Trotzdem haben sich die Reformierten und die Katholiken lange eine Kirche geteilt. Bis nach dem Wiener Kongress Anfang des 19. Jahrhunderts die Pfalz bayrisch wurde. Da schickte der König seinen Kirchenbaumeister Voit und der erklärte die alte Kirche für baufällig und unbenutzbar. Also wurde sie abgerissen und damit alles seine Ordnung hat, wurden zwei neue gebaut.

Gastronomie seit hunderten von Jahren

Die Bergkirche heißt so, weil sie auf einem kleinen Hügel steht. Die evangelische Gemeinde nutzt sie, und wer den Rundgang mit dem Gästeführer Herwig Wolf unternimmt, der kann auch die einzigartige Walker-Orgel im Originalzustand bewundern. Den Gästeführer braucht man dazu, weil die Kirche tagsüber geschlossen ist. Das gilt leider auch für die Gasthäuser in Albersweiler. An den Fassaden kann man von der langen Tradition der Gastronomie in der Pfalz lesen. Mehrere hundert Jahre alt sind die Gastwirtschaften. Geöffnet wird leider – außer in der Pizzeria am Sportplatz – erst nach 17 Uhr.

An der Queich entlang geht man zunächst durch den Ort Albersweiler. Der Waschplatz in der Ortsmitte wurde lange genutzt und lädt heute zum Verweilen ein. Der Rundgang führt weiter zur Zündholzfabrik. Sie war bis 1978 das schlagende Herz von Albersweiler. Die Gebrüder Stern hatten sie 1840 gegründet; sie wurde über Generationen betrieben. Das Aus für die Fabrik kam nach der Erfindung des Gasfeuerzeugs, so berichtet Herwig Wolf. Lange Zeit war die Zündholzproduktion in Albersweiler aber vorbildlich. Mehrfach wurde die Produktion gefilmt. Bedauerlicherweise liegt das Gebäude jetzt brach. Durch ein Gittertor kann man einen Blick auf das Fabrikgelände und dessen Verfall werfen.

Einst eine große jüdische Gemeinde

Die Zündholz-Unternehmer waren jüdischer Herkunft, ebenso wie der Besitzer der Ziegelei in Albersweiler. Die Ende des 19. Jahrhunderts große jüdische Gemeinde scheint für das wirtschaftliche Leben im Dorf eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Diese Zeiten sind lange vorbei, denn Ende der 1920er Jahre hat der letzte jüdische Bürger den Ort verlassen, so berichtet Herwig Wolf. Den jüdischen Friedhof findet man außerhalb von Albersweiler, am Ortseingang von Annweiler. Dort ist das älteste jüdische Grab in der Pfalz zu finden, es stammt aus dem 13. Jahrhundert.

Tour de Kultur: Historischer Rundgang durch Albersweiler (Foto: Karin Mayer)
Hinweis-Plakette auf die jüdische Schule

Für die Wanderer auf dem Historischen Rundweg geht es nun hinaus ins Gelände. Der Weg steigt an, zwischen Weinbergen, die hier schon vor 2.000 Jahren angelegt wurden, so betont Gästeführer Wolf. In einem großen Bogen geht man am Waldrand über dem Ort vorbei und kann die schöne Aussicht über Weinberge genießen oder den Blick ins Trifelsland schweifen lassen. Die komplette Strecke ist rund fünfeinhalb Kilometer lang. Für Gästeführer Herwig Wolf ist das viel zu weit, für den geübten Wanderer ist der Rundweg eher ein Spaziergang mit leichten Steigungen.

Bier und Wein im Nachbarort

Wer mit dem Gästeführer durch den Ort gehen will, erfährt viel über die Geschichte der Pfalz und der Gemeinde Albersweiler. Dafür sollte man mindestens 90 Minuten mitbringen. Herwig Wolf kann leicht auch eine längere Tour gestalten, denn die Geschichte hat es ihm angetan. Wer davon müde und hungrig geworden ist, der sollte in den Nachbarort Birkweiler fahren. Dort hat das Weingut Siener einen einladenden Bier- und Weingarten eingerichtet, der mit Flammkuchen, Currywurst, aber auch mit Kuchen, Abhilfe schafft.

Kontakt

Herwig Wolf
Tel.: (06345) 17 83
oder:
Südliche Weinstraße Annweiler am Trifels e. V.
Büro für Tourismus
Meßplatz 1
76855 Annweiler
Tel.: (06346) 22 00

Öffnungszeiten

Der Wanderweg ist ganzjährig geöffnet.
Länge: 5,6 Kilometer

Eintritt

Der Eintritt ist frei.
Führung mit Gästeführer Herwig Wolf kosten 12,- € pro Person, ab einer Teilnehmerzahl von 6 Personen.

Anfahrt

Von Saarbrücken über die A 8 und B 10 bis zur Abfahrt Albersweiler. Abbiegen in Richtung Bahnhaltestelle. Dort ist der Wanderparkplatz und Startpunkt des Historischen Rundwegs.



Über dieses Thema wurde auch in der Sendung "Region am Mittag" auf SR 3 Saarlandwelle am 28.06.2018 berichtet.

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