Tour de Kultur 2018: Der mediterrane Garten in Schwebsange (Foto: Anna Becker/Dieter Niggemeyer)

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?

Der "Mediterrane Garten" in Schwebsange

Anna Becker  

Wer den Garten de beiden Luxemburger Charles Roovers und Dieter Lingener besucht, betritt ein kleines Paradies: Zarte Schmetterlinge fliegen zwischen den bunten Blüten hin und her, vom Blätterdach einer schattenspendenden Pergola hängen reife Kiwis, und der alte Feigenbaum an der Stirnseite der Scheune trägt sogar zweimal im Jahr reife, süße Früchte.



„Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn ...“, so beginnt das berühmte Gedicht Mignon von Johann Wolfgang von Goethe, in dem seine große Italiensehnsucht zum Ausdruck kommt. Charles Roovers und Dieter Lingener kannten diese Sehnsucht nach mediterranem Flair nur zu gut und sind über dreißig Jahre lang regelmäßig in den Mittelmeerraum gereist. Von jeder Urlaubstour haben sie eine oder mehrere Pflanzen mitgebracht und damit zu Hause in Schwebsange einen Garten angelegt.

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Tour de Kultur: Mediterraner Garten in Schwebsange
Audio [SR 3, Anna Becker, 03.07.2018, Länge: 03:19 Min.]
Tour de Kultur: Mediterraner Garten in Schwebsange
Wer den Garten der beiden Luxemburger Charles Roovers und Dieter Lingener besucht, betritt ein kleines Paradies: Zarte Schmetterlinge fliegen zwischen den bunten Blüten hin und her, vom Blätterdach einer schattenspendenden Pergola hängen reife Kiwis, und der alte Feigenbaum an der Stirnseite der Scheune trägt sogar zweimal im Jahr reife, süße Früchte.

Genau wie in Goethes Gedicht steht im Garten ein hoher Lorbeer – nicht im Topf, sondern eingepflanzt, Sommer wie Winter. Das milde Klima an der Mosel im Dreiländereck macht es möglich – und die Hingabe von Elena Granda Alonso und Georges Moes. Die beiden kümmern sich inzwischen im Auftrag einer Stiftung um die Gestaltung des Gartens und die Pflege der Pflanzen. Denn nach rund 30 Jahren haben die beiden ehemaligen Besitzer den mediterranen Garten und eine angrenzende Scheune der luxemburgischen Naturschutzstiftung natur&ëmwelt vermacht.

Gärtnern ist Liebe

Tour de Kultur 2018: Der mediterrane Garten in Schwebsange (Foto: Anna Becker/Dieter Niggemeyer)
Pflanzen wollen umhegt und gepflegt werden

Mit geschickten Bewegungen und schnellen Griffen zupft die ausgebildete Gärtnerin und Agraringenieurin Elena Granda Alonso vertrocknete Blüten aus einer Staude. Dabei erzählt sie, wie sehr sie die Arbeit mit Pflanzen mag und dass sie die Liebe zum Gärtnern von ihren Eltern mitbekommen hat: „Was ich unglaublich schön finde, ist einfach zu sehen, wie sich eine Pflanze übers Jahr entwickelt. Und besonders schön finde ich, wenn man noch etwas zu ernten hat, sei es Samen, sei es Obst, sei es Gemüse. Und das gemeinsam zu verarbeiten und zu essen. Da schließt sich für mich einfach ein Kreis.“

Ihr Kollege Georges Moes nickt verständnisvoll, während der gelernte Landschaftsingenieur die Zitronenbäumchen gießt: „Pflanzen haben mich schon immer interessiert, sozusagen auf vielfältigste Weise. Pflanzen sind so, sagen wir mal, so eng mit unserem Leben, unserer Kultur verwoben. Egal ob wir sie jetzt zum Färben nutzen, als Pflanzen für Kleidung oder als Heilpflanzen.“ Der Garten umfasst 1.300 Quadratmeter, ein Fünftel eines Fußballfelds.

Ein Paradies für Insekten

Tour de Kultur 2018: Der mediterrane Garten in Schwebsange (Foto: Anna Becker/Dieter Niggemeyer)
Auch Zitronenfalter finden den Weg hierher

Jeder Zentimeter ist ausgenutzt und bewachsen. Durch das grüne Dickicht und die verschlungenen Pfade wirkt er um einiges größer. Überall summen Bienen, und es gibt in jeder Ecke bunte Blüten und Früchte zu entdecken. Den Kern bilden mediterrane Pflanzen wie Lorbeer, Zitronen, Feigen. Die ehemaligen Besitzer haben nach keinen bestimmten Kriterien gepflanzt, sondern alles, was ihnen gefallen hat. So findet man hier auch eine Kakteensammlung, verschiedene fleischfressende Pflanzen und Exoten aus Südamerika oder Asien, zum Beispiel einen chinesischen Heilkürbis, der einen der Obstbäume als Rankhilfe nutzt.

„Die Pflanze blüht nachts und ist deswegen besonders attraktiv für eine ganze Reihe nachtaktiver Falter, die dann wiederum Nahrung darstellen für Fledermäuse, die nachts unterwegs sind“, erklärt Georges und zeigt auf die filigranen weißen Blüten zwischen den großen Blättern des Heilkürbis. „Also alles, was nachts sich rumtummelt hier im Garten, findet bei dieser Pflanze Nektar, Pollen und so weiter.“

Historische Raritäten unter den Fuchsien

Tour de Kultur 2018: Der mediterrane Garten in Schwebsange (Foto: Anna Becker/Dieter Niggemeyer)
Pflanzen, deren Vorfahren schon im 19. Jahrhundert blühten

Besonders schön sind die vielen unterschiedlichen Fuchsien-Arten, die in vielen Ecken des Gartens in lila, weiß und pink leuchten. Darunter echte Raritäten. Beispielsweise eine 35 Jahre alte Fuchsie, die Züchtung eines englischen Gärtners aus dem 19. Jahrhundert. Sie ist fast zwei Meter hoch, sieht aus wie ein Baum und hat dunkel-violette Blüten, die wie kleine Glocken herunterhängen.

„Das besondere ist in erster Linie, dass wir überwiegend historische Sorten hier im Garten haben“, erklärt Elena Granda Alonso. „Der Herr Lingener, also einer der ehemaligen Besitzer und Stifter des Gartens, hat sich eben viel mit historischen Sorten beschäftigt und sie gesammelt. Auch da kommt seine Sammelleidenschaft zum Ausdruck. Und wir haben das natürlich als Erbschaft mit übernommen.“

Sammeln für die "Samen-Bibliothek"

Tour de Kultur 2018: Der mediterrane Garten in Schwebsange (Foto: Anna Becker/Dieter Niggemeyer)
Blick auf den Garten

Auch das Sammeln von Samen aus dem Garten gehört zu ihren Aufgaben. Elena und Georges ernten dafür regelmäßig reife Hülsen, Kapseln und Blüten, schälen den Samen heraus, trocknen ihn und füllen ihn in Schraubgläser. Über die Jahre ist so eine kleine „Samen-Bibliothek“ zusammen gekommen. Beide sind Mitglied in der Organisation SEED – Samen zur Erhaltung und Entwicklung der Diversität. Es geht darum, Saatgut von alten Sorten zu sammeln und zu tauschen, auf denen keine Patente liegen. Davon profitieren sie auch selbst, meint Elena: „Es ist natürlich wunderbar, wenn wir auf einen Teil von Saatgut zurückgreifen können, das von den Pflanzen hier vor Ort gewachsen ist. Sie sind angepasst, und wir werden auch regelmäßig gefragt, ob wir Saatgut abgeben, was wir auch sehr gerne tun.“

Und Beratung gibt es auch

Tour de Kultur 2018: Der mediterrane Garten in Schwebsange (Foto: Anna Becker/Dieter Niggemeyer)
Landschaftsingenieur Georges Moes

Übrigens auch an interessierte Besucher und sogar kostenlos. Die beiden beraten außerdem gerne, wenn es darum geht, eine Pflanze zu finden, die auf den eigenen Garten und den Standort angepasst ist. Oder wenn man auf der Suche nach einer alten Obstbaumsorte ist. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen Elena und Georges regelmäßig in Workshops. Zur Schenkung der ehemaligen Gartenbesitzer gehört auch eine Scheune, die die Stiftung natur&ëmwelt ausgebaut hat und für Veranstaltungen nutzt. Zum Beispiel Kurse zum Marmeladen-Kochen, zur Veredelung von Obstbäumen oder zum Färben mit Pflanzenfarbstoffen für Kinder. Im Herbst gibt es eine Ausstellung mit über 40 alten Apfel- und Birnensorten.

Regionale Kultur? Dafür gibt's den Viez

Für Georges immer wieder ein schöner Anlass, um Kinder für die Natur zu begeistern:  „Wenn das Obst schon da ist, bieten wir dann immer im Package sozusagen auch die Möglichkeit an, dass Familien mit Kindern kommen, dass wir einen Nachmittag hier Viez machen. Und wir bauen dann hier unsere Viezstraße auf. Das heißt, Äpfel werden gewaschen, geschnitten sortiert, gemahlen und anschließend gekeltert. Und jeder kann sich dann Saft mitnehmen.“

Die aktuellen Veranstaltungstermine kann man auf der Internetseite des Mediterranen Gartens nachlesen. Ele­na und Georges bieten außerdem regelmäßig Führungen zu unterschiedlichen Themen an. Es lohnt sich, mit ihnen gemeinsam den Garten zu erkunden. Denn sie verfügen über großes Wissen und viel Erfahrung. Und freuen sich über Fragen von interessierten Besuchern. Wer sich also wie Goethe nach einer Auszeit in mediterranem Flair sehnt, der braucht keine weite, beschwerliche Reise über die Alpen zu bestehen, sondern nur einen kleinen Sprung über die Grenze nach Luxemburg zu wagen.

Kontakt

Mediterraner Garten
89, route du vin
L-5447 Schwebsange
Tel.: (00352) 26 66 55 37
Mobil: (00352) 69 12 40 334
E-Mail: info@mediterraner-garten.lu
www.mediterraner-garten.lu

Eintrittspreise

Der Eintritt ist frei. Mit einer freiwilligen Spende kann man die Arbeit im Garten unterstützen.
Führungen 3,- € pro Person

Öffnungszeiten:

Geöffnet während der Saison 1. Mai - 30. Sept.: Do. und Fr., jeden 1. So. im Monat und an Feiertagen: 14.00 - 17.00 Uhr; Termine für regelmäßige Gartenführungen auf der Homepage; Gartenführungen für Gruppen auf Anfrage.

Anfahrt

Mit dem Auto von Saarbrücken aus folgt man der A 620 Richtung Luxemburg, ab Wallerfangen weiter auf der A 8 Richtung Luxemburg. Ausfahrt 13 (Schengen) nehmen. Nach links abbiegen und auf die N 10 Richtung Remich, im Kreisel die erste Ausfahrt nehmen und der N 10 entlang der Mosel folgen. Nach 3,6 Kilometern links nach Schwebsange abbiegen. Die Straße bis zum Ende durchfahren, dann links in die route du vin ein­biegen. Nach wenigen Metern be­findet sich ein Hinweisschild an einem Haus auf der linken Seite. Der Mediterrane Garten liegt etwas versteckt in einer Hofeinfahrt, in der man nicht Parken kann. Nutzen Sie die Stellplätze hinter der alten Schule in Schwebsange (gegenüber der Kirche, neben „Bistrot italien“ 3 Minuten (300 Meter) oder am nahe gelegenen Sporthafen/Campingplatz 7 Minuten (600 Meter).



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