Tour de Kultur - Fossilienmuseum (Foto: Patrick Wiermer)

"Ich hoffe, Sie bringen Zeit mit"

Das Fossilienmuseum Bundenbach ist ein Fenster zur Vergangenheit

  27.07.2015 | 12:10 Uhr

Zeit sollte man mitbringen, wenn man sich auf den Weg nach Bundenbach macht - nicht nur für die Anfahrt. Eine Reise in die Zeit des Devons kann man im Fossilienmuseum machen, aber auch Kelten oder Wikinger können einem dort schon mal über den Weg laufen.

(30.07.2015) Es braucht schon einen Moment, um Bundenbach auf einer Karte zu finden. Hier ist der Hunsrück besonders „weit draußen“. Die 900-Einwohner-Gemeinde liegt irgendwo zwischen dem dahin darbenden Flughafen Hahn und der Edelsteinstadt Idar-Oberstein, die früher doch etwas mehr funkelte als heute.

Bundenbach ist so klein, dass die Nummer der zentralen Gemeindeverwaltung gleichzeitig die private Festnetznummer des Bürgermeisters ist. Und so klein, dass der Bürgermeister auch gleichzeitig Touristen durch die Naturschönheiten des Hunsrücks führt. Das ist Chef- und Ehrensache.

Auf der Autobahn zur Entschleunigung

Die Fahrt nach Bundenbach dauert von Saarbrücken gut 90 Minuten, und egal, für welchen der drei möglichen Anfahrtswege man sich entscheidet: Die Autobahn hört immer weit vor der Ortschaft auf. Dann führen die Bundesstraßen durch die schönsten Seiten deutscher Mittelgebirge: Dichter Wald wechselt sich mit weiten Blicken auf die hügelige Landschaft ab. Hier und da plätschert ein naturbelassener Wasserlauf durch die Flurbereinigung. Kurz vor Bundenbach, wir wechseln auf die Kreisstraße, schlängelt sich der Weg durch kleine Dorfschaften, in denen kleine Pensionen mit „EZ mit eigener Dusche“ werben oder manche Geschäfte mittags noch schließen. Spätestens jetzt wird entschleunigt – oder läuft die Zeit gar rückwärts?

In Bundenbach tickt die Uhr jedenfalls anders. „Ich hoffe, Sie bringen Zeit mit“, hat Ortsbürgermeister Michael Brzoska bereits am Telefon angekündigt – dabei hatte ich ihn nur nach den Geheimtipps in Bundenbach und Umgebung gefragt. Denn Michael Brzoska kennt sich aus. Er ist nicht nur Chef der Gemeindeverwaltung, er ist auch zertifizierter Führer im Naturpark Saar-Hunsrück. Unser Treffpunkt ist das Fossilienmuseum in Bundenbach.

Eine Reise in die Welt vor 400 Millionen Jahren

Habe ich da gerade ein Gähnen vernommen? „Das ist ganz und gar nicht langweilig. Das ist superspannend“, sagt Brzoska. „Fossilien sind wie ein Fenster in die Vergangenheit.“ Und da ist sie wieder, die Zeit: „Die Schieferschichten hier rund um Bundenbach zeigen den kompletten Artenreichtum des Devons, also die Zeit von vor 400 Millionen Jahren.

Und viele Tiere gibt es auch heute noch. Überlegen Sie mal, 400 Millionen Jahre!  Den Menschen gibt es erst seit 10.000 Jahren. Und der hält sich schon für was ganz Tolles.“

Rund 120 Fossilien mit Tieren und Pflanzen aus der Zeit des Devons zeigt das Museum. Sie wurden in den Schieferbergwerken rund um Bundenbach gefunden. Darunter sind einige ganz besondere Spezies, die zum Teil sogar den Namen des kleinen Huns rück-Örtchens tragen, zum Beispiel die Conularia Bundenbachia. Auf den ersten Blick, sieht sie aus wie zwei zusammengedrückte Froschschenkel. Bei genauem Hinsehen erkennt man Rillen und Wirbel, die Umrisse des Tieres. Zu seinen Lebzeiten ähnelte das Tier wohl einem Tintenfisch. Meeresgetier mitten im Hunsrück? „Man muss sich halt vorstellen, dass Bundenbach früher direkt am Ufer eines riesigen Urstromes lag. Und es war wohl wesentlich wärmer als heute“, sagt Brzoska.

Hörfunkbeitrag: Das Fossilienmuseum Bundenbach

Tour de Kultur - Fossilienmuseum

Viele Fossilien sind heute Dachziegel

Diese besondere Lage Bundenbachs macht den Ort zu einer der wichtigsten Fundstätten für Fossilien aus der Zeit des Devons. Schieferplatten mit Tieren und Pflanzen aus Bundenbach gibt es mittlerweile in allen wichtigen geologischen Sammlungen der Welt. Den Wert der Fossilien hat man allerdings erst spät erkannt. In den Schieferbergwerken des Hunsrücks ging es vor allem um den schnellen Profit, viele Fossilien wurden zu den typischen Dachziegeln verarbeitet. Nur die Schönsten von ihnen wurden von den Bergleuten eingesteckt – und zieren bis heute wohl noch zahlreiche Haushalte in der näheren Umgebung.

Ausflug in die Welt der Schieferplatten

Wie der Schiefer abgebaut wurde, kann man unmittelbar neben dem Fossilienmuseum entdecken. Eine schmale Rampe führt hinunter in den Stollen der Grube Herrenberg. Hier herrscht Helmpflicht, die Begegnung zwischen Kopf und Schiefer kennt nur einen Gewinner. Nach gut 20 Metern kommt man in eine große Höhle, die Temperatur sinkt auf beständige acht Grad. Die Wände schimmern schwarz-silbern, an der Decke erkennt man die dünnen Schichten aus Schiefer. Fragil und dennoch hart.

Mit recht einfachem Werkzeug wurden hier die Schieferplatten aus dem Fels gelöst. Michael Brzoska nimmt eine dieser Platten, legt sie auf die Metallklinge auf einem Holzblock und schlägt mit einem spitzen Hammer zu: „So werden die Dachziegel ge- macht.“ Eine harte Arbeit, mit der sich oft ganze Familien über Wasser hielten. Denn im Gegensatz zur Kohle standen nur weni- ge große Investoren hinter dem Schieferabbau. Und auch deshalb war schon in den 1960er Jahren Schluss mit dem Bergbau bei Bundenbach. „Um die Altlasten wurde sich nur wenig gekümmert. Die Stollen ließ man einstürzen. Heute sind noch gut zehn Prozent der ehemals kilometerlangen Anlagen begehbar.“

Noch ein kleiner Ausflug zu den Kelten gefällig?

Zurück im Tageslicht. „Haben Sie noch Zeit?“, fragt Michael Brzoska. Er führt mich einige hundert Meter durch den Wald; auf der anderen Seite des Tals ist die Ruine der Schmidtburg zu sehen, ein Bau aus dem 10. Jahrhundert.

Der Weg führt auf eine unbewaldete Anhöhe. Wir bleiben vor einem Palisadenwall stehen. Brzoska öffnet das große Holztor. Es knarzt. Dahinter wartet die nächste Zeitreise: Bei Ausgrabungen wurden hier die Überreste eines keltischen Dorfes gefunden, darunter mehr als 3.000 Pfahllöcher und ein in den Stein getriebener Keller, der möglicherweise auch für kultische Zwecke benutzt wurde.

In den 1980ern wurde das Dorf wieder aufgebaut. Rund ein Dutzend Häuser, darunter eine Schmiede. Die Häuser sind komplett einge- richtet. Man sieht Eisenkessel und Pfeifen und ein strohbedecktes Bett. Bezugsfertig. „Im Moment wohnt hier eine Art Haus- meister, der das Dorf in Schuss hält“, sagt Brzoska. „Bis Sonntag hat hier eine Truppe von Kelten gewohnt, bald kommen auch noch junge Wikinger. Und im Sommer gibt es hier beim Altburgfestival wieder keltische Musik.“

Und bevor ich mir die umfangreiche Sammlung keltischer Funde, die Details der Siedlung anschauen kann, rennt die Zeit davon. Gesehen habe ich nur einen Bruchteil der Sehenswürdigkeiten in Bundenbach.

„Kommen Sie doch einfach nochmal vorbei. Am besten über den Saar-Hunsrück-Steig“, schlägt Brzoska vor. Dafür braucht man allerdings: Noch mehr Zeit!

Patrick Wiermer


Kontakt:

Michael Brzoska Ringstraße 28a
55626 Bundenbach
Tel.: (06544) 95 20
Mobil: (0152) 28 79 55 66
E-Mail: info@wandern-im-hunsrueck.de

Besucherbergwerk Grube Herrenberg: www.vg-rhaunen.de/Tourismus- Freizeit/Sehenswürdigkeiten/Besucherbergwerk-Herrenberg

Keltendorf Altburg: www.keltendorf-bundenbach.de

Weitere Auskünfte erteilt die Ortsgemeinde Bundenbach Tel.: (06544) 92 72

Öffnungszeiten:

Fossilienmuseum:
1. April – 31. Okt. täglich 10.00 – 13.00 Uhrund 14.00 – 17.00 Uhr.
Führungen ab 6 Personen (Erwachsene). Parkplatz für Pkw und Busse vorhanden.

Einkehrmöglichkeiten:
Kiosk am Fossilienmuseum:
kleinere, kalte und warme Snacks. Imbiss.
1. April – 31. Okt. 10.00 – 17.00 Uhr

Restaurant Forellenhof:  Fischspezialitäten, Terrasse am Fischteich.
www.hotel-forellenhof.de

Restaurant Historische Schlossmühle in Horbruch: gehobene Küche, liegt direkt am Wanderwegnetz
www.historische-schlossmuehle.de

Eintritt:

Fossilienmuseum: 3 €
Besucherbergwerk Grube, Herrenberg: 3,50 €
Keltendorf Altburg: 3 €
Kombiticket Museum/ Bergwerk/Keltendorf: 7,50 €

Anfahrt:

Über die A 1 Abfahrt Reinsfeld, dann über die Hunsrückhöhenstraße nach Morbach, dann über die L 190 nach Bundenbach.

Über die A 6 bis Landstuhl, dann A 62 bis Idar-Oberstein, dann über Kirn nach Bundenbach, wahlweise über Herrstein/ Breitenthal. In Bundenbach dann der Beschilderung Friedhof/Erlebnisbergwerk/ Fossilienmuseum folgen.



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