Eine hügelige Landschaft. Weinberge, die sich an die Hänge schmiegen. Dazwischen schmale Wege und ein weiter Blick ins Rheintal. Auf der Anhöhe: Historisches. Die Villa Ludwigshöhe, im griechischen Stil erbaut, ein Friedensdenkmal und das Symbol der Demokratiegeschichte, das Hambacher Schloss. Alles in allem eine Landschaft wie ein Gedicht, wie gemacht für die Begegnung mit Poesie.
Nicht nur deshalb lädt das Künstlerhaus Edenkoben seit vielen Jahren Autoren und Dichter ein, hier zu arbeiten. Künstler, Musiker und Übersetzer kommen zu Veranstaltungen und Workshops, und das brachte den ehemaligen künstlerischen Leiter Ingo Wilhelm auf die Idee: Warum nicht Gedichte in die Landschaft bringen? Und zwar Gedichte, die in Edenkoben entstanden sind und sich mit der Landschaft beschäftigten.
Der Weg der Gedichte wurde in den Jahren 2007 und 2010 errichtet. Er startet in der Klosterstraße in Edenkoben, in der Nähe des Künstlerhauses. Von der Landstraße aus kann man entweder nach rechts oder nach links auf den Weg der Gedichte gelangen. Zur Einstimmung steht eine rostrote Stehle am Startpunkt. Ein Gedicht des französischen Dichters und Mathematikers Jacques Roubaud stimmt den Spaziergänger darauf ein, was ihn erwartet. „Auf den Rebstöcken“ so heißt es, „angeordnet in vollkommenen Reihen“.
Der Weg ist asphaltiert, er führt in ein Tal, zwischen den Weinreben entlang. Wer nach links schaut, hat den Blick auf den Ort Edenkoben. Der Turm eines romanischen Klosters aus dem 13. Jahrhundert überragt die Dächer. Hier im ehemaligen Zisterzienserinnenkloster wurde der Weinbau entwickelt und in die Region gebracht. Das Ergebnis sind Weinstöcke mit Geduld und Knorrigkeit. So heißt das Gedicht von Ralf Dutli. Er sieht die Reben, „mit auseinander gestreckten Armen am Draht“ und öffnet dem Betrachter wieder einen neuen Blick auf den Weinbau, das Wachsen und Werden.
Es ist eine echte Begegnung von Landschaft und Poesie. Auf dem Weg der Gedichte kann man sich Zeit nehmen, den Blick in die Ferne schweifen lassen oder ihn nach Innen wenden. Wer hierher kommt, sollte die Beschaulichkeit suchen. Genau das passiert auf dem Weg der Gedichte seit vielen Jahren. Immer wieder bleiben Wanderer stehen und lesen sich gegenseitig Gedichte vor. Die Texte sind auf Plexiglas gedruckt, das wiederum auf rostrotem Stahl angebracht ist. Bei Sonnenschein werfen die Buchstaben Schatten auf den Stahl.
Im Tal angekommen, wird es farbenfroh. Das Gedicht von Arnfrid Astel heißt Der Bläuling und beschreibt den Schmetterling, der sich vor den Augen des Dichters niederlässt. Selbst wenn die Jahreszeit nicht passt, kann man ihn vor dem geistigen Auge flattern sehen. Der Schmetterling steht für den Weg der Gedichte, genau so beschreibt Hans Thill die Form des Spaziergangs auf der Landkarte. Die Wegbeschreibung findet man auf einer Broschüre, die das Künstlerhaus verteilt. Man kann sich leicht orientieren, denn die Beschilderung am Weg hilft ebenfalls weiter.
Wenige Schritte weiter steht eine rostrote Stehle im grünen Gras. Das Gedicht: Erinnerung an Edenkoben von Inger Christensen ist hier gut aufgehoben. Es heißt:
Grün in Grün und später Blau in Blau,
Regen stürzt schon aus den Vogelwolken,
Edenkoben überschwemmt von Zwitschern.
Auf dem Weg der Gedichte in Edenkoben kann man eine poetische Stunde verbringen, vielleicht auch mehr. Die Strecke ist überschaubar, kurz und leicht zu bewältigen. Ab und zu laden Ruhebänke zum Nachdichten ein. Wer mehr über das Treffen von Poesie und Landschaft erfahren möchte, kann Hans Thill mit auf den Weg nehmen. Er führt auf Wunsch Gruppen über den Weg der Gedichte.
Karin Mayer
Kontakt
Künstlerhaus Edenkoben der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur
Klosterstraße 181
67480 Edenkoben
Tel: (06323) 23 25
Fax: (06323) 98 09 25
Mail: buero@kuenstlerhaus-edenkoben.de
Öffnungszeiten
Ganzjährig.
Eintritt
Der Eintritt ist frei.
Anfahrt
Autobahn A 65 Abfahrt Edenkoben L 507, L 512 (Deutsche Weinstraße), im Ort der Beschilderung Künstlerhaus folgen. Der Weg der Gedichte startet an der Kreuzung etwas unterhalb des Künstlerhauses. Die erste Gedicht-Stehle steht direkt an der Straße.