"Wern’s Mühle" - Das Landgasthaus im Ostertal (Foto: Wolfgang Felk)

Es klappert wieder am Osterbach

Die Saarbrücker Baker Street lädt zur Zeitreise ein

 

(19.07.2013) Das alte Gasthaus an der Oster hatte schon viel erlebt in seiner langen Geschichte. Aber so was wie im letzten Sommer...

"Wern’s Mühle" - Das Landgasthaus im Ostertal (Foto: Wolfgang Felk)
"Wern’s Mühle" - Das Landgasthaus im Ostertal

Über 100 Jahre lang war Wern’s Mühle in Ottweiler-Fürth beliebte Ausflugsgaststätte – direkt neben der alten Ölmühle, die allerdings schon 1959 den Betrieb eingestellt hat. 2007 gab der letzte Pächter der Wirtschaft auf, seither stand auch sie leer. Bis Markus und Theresia Keller, die rührigen Wirtsleute des Gasthauses Zur Linde in Ottweiler-Mainzweiler, sich ein Herz fassten und beschlossen, das Lokal von der „Müllerfamilie“ Wern-Knab zu kaufen und wieder gebührend zur Geltung zu bringen. Anfang 2012 begannen sie mit den Umbau­arbeiten, und im Juli – mitten in der Renovierung – erlebte Wern’s Mühle die wohl denkwürdigsten und ungewöhnlichsten Tage ihrer Existenz.

Rund um das Anwesen tobt das alljährliche Leinblütenfest, Hunderte Besucher sind unterwegs. Und die will der neue Wirt nicht in einem sterilen Partyzelt empfangen, nein, er lädt sie einfach ein – mitten auf die Baustelle! Kabel hängen von der Decke, Tische und Stühle stehen auf dem blanken Estrich, vor kahlen Wänden, an denen noch Verkleidungen und Tapetenreste vergangener Zeiten kleben. Dazu ein mobiler Bierausschank, Kuchen von einer improvisierten Tapeziertisch-Theke, und aus der „Not-Küche“ kleine Gerichte wie „Krummbiere mit Leindotteröl-Quark“, die Markus Keller und sein Team aus der „Linde“ herangekarrt haben. Eine brave saarländische Dorfwirtschaft hat plötzlich was vom anarchischen Charme einer spontanen Baustellenbeset­zung in einem Berliner Kiez!

Das gab’s nur einmal, das kommt nicht wieder. Nach dem Fest gingen die Bauarbeiten nämlich zügig weiter und ziemlich pünktlich, noch vor Weihnachten, konnten die Kellers die ersten Gäste in die nagelneue Wern’s Mühle – das Landgasthaus im Ostertal laden. Worüber mindestens einer genau so glücklich war wie die Wirtsleute selbst: Willi Wern, Besitzer der Mühle und direkter Nachfahre der Müller-Dynastie, die schon Mitte des 17. Jahrhunderts aus dem Berner Oberland der Schweiz ins Ostertal eingewandert war. Angelockt von den Grafen von Nassau-Saarbrücken. Die brauchten nämlich tüchtige Handwerker, um ihr kleines Reich zwischen Saar und Blies nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg wieder aufzubauen. 1704 werden die Wern’s in Fürth als Landwirte ansässig, aber erst 1841 bauen sie eine Mahlmühle am Osterbach, 1856 ergänzt von einer Ölmühle für Raps und Mohn. 1852 wurden noch Stallungen und ein Wohnhaus angebaut, seit 1877 steht das Mühlenensemble in seiner heutigen Form.

Vielleicht wird hier bald wieder Öl gepresst (Foto: Wolfgang Felk)
Vielleicht wird hier bald wieder Öl gepresst

1902 war ein weiteres entscheidendes Jahr: da entschlossen sich Johann Jakob Wern und seine Frau Maria („es Pahle-Marie“) dazu, der Mühle eine Gaststätte anzugliedern – zunächst gedacht als „Kohlehaltestelle“ für die vielen Bergleute, die an diesem „Knotenpunkt der Bergmannspfade“ auf dem Weg in die Gruben an Blies und Saar vorbei kamen. So schildert es, neben einem Originalfoto der beiden ersten Mühlen-Wirtsleute, ein kurzer Text an der Wand der neuen Gaststätte. Die hat natürlich nichts mehr vom Charakter der „Haltestelle“, die man sich wohl als eine Art Bergmanns-Kaffeeküche mitten auf dem Land vorstellen muss. Aber eine Vielzahl alter Fotos an den Wänden, dazu Urkunden, Dokumente und kurze Erläuterungstexte von Willi Wern, lassen die alten Zeiten und die Geschichte der Mühle dezent, aber eindringlich, im neuen Ambiente mitschwingen.

Bis 1959 waren Mühle und Gastronomie dann ein unzertrennliches Paar. Wern’s Mühle wurde schnell zum beliebten Ausflugs- und Veranstaltungslokal, es gab Som­merfeste und rauschende Ballnächte mit großen Tanzorchestern, viele Fürther und „Ostertäler“ feierten hier ihre Familienfeste „von der Wiege bis zur Bahre“, wie Willi Wern bei der offiziellen Einweihung der „neuen“ Mühle im März dieses Jahres erzählte. „Und mit 20 Hektoliter Bier-Umsatz im Monat waren wir damals absolute Spitze an der Saar!“

Nach dem Krieg war Wern’s Mühle auch der größte Ölproduzent hierzulande, doch mit der wirtschaftlichen Rückgliederung des Saarlandes zur Bundesrepublik, war man der Konkurrenz aus dem „Reich“ nicht mehr gewachsen. Der Mühlenbetrieb wurde eingestellt, stattdessen florierte die Gastwirtschaft. 1976 verpachteten Willi Wern’s Eltern schweren Herzens die traditionsreiche Gaststätte, weil sie es nicht mehr „packten“ und die Kinder andere berufliche Wege gingen.

Die Ölmühle für Raps und Mohn entstand 1856 (Foto: Wolfgang Felk)
Die Ölmühle für Raps und Mohn entstand 1856

Doch Sohn Willi kümmerte sich weiterhin um die historische Ölmühle, sorgte dafür, dass die Anlagen erhalten blieben – und in der restaurierten Museums-Mühle für Besucher jederzeit wieder in Bewegung gesetzt werden können. Ihm schwebt sogar vor, künftig wieder „richtig“ Öl mit ihr zu pressen, so wie seine Vorfahren das taten. Das könnte dann in Markus Keller’s Küche zum Einsatz kommen, der sich ohnehin den einheimischen Produkten verschrieben hat und am liebsten das auf den Tisch bringt, was das Saarland selber hervorbringt. Die Wern’s und die Keller’s wollen also gemeinsame Sache machen und die Mühle zu einer kulturell-kulinarischen Attraktion im Ostertal werden lassen. Dazu gehört neben der Mühlen-Führung zum Beispiel auch eine Wanderung auf dem Mühlenpfad, einem Premium-Rundwanderweg (8 km) vor der Haustür. Der streift auch die neu angelegten Ölsaaten-Felder (Leinsamen, Mohn, Raps, Mariendistel und andere), die besonders schön im Juli blühen, wenn auch wieder das nächste Leinblütenfest an Wern’s Mühle stattfindet. Da werden die Gäste dann aber brav und fein in den renovierten Gasträumen und auf der neuen Terrasse sitzen. Ob sich der eine oder andere dabei noch daran erinnert, wie es war vor einem Jahr, als noch die Kabel von der Decke hingen und ein Wochenende lang eine fröhliche kleine Anarchie ausgebrochen war auf der Mühlen-Baustelle?

Wolfgang Felk


Kontakt


Wern's Mühle – Landgasthaus im Ostertal
Markus und Theresia Keller
Brückenstraße 38
66564 Ottweiler-Fürth

Tel: (06858) 69 99 211

www.werns-muehle.de

Gästezimmer und Apartments im Haus


Öffnungszeiten


Täglich außer Di ab 11.00 Uhr.

Öffnungszeiten des Ölmühlenmuseums:
Zu den Öffnungszeiten des Lokals und nach Vereinbarung.


Information und Anmeldung


Heimat- und Kulturverein Fürth
Willi Wern
Tel: (06858) 82 49

Internet: www.oelmuehle-wern.de


Anfahrt


Mit PKW aus Richtung Saarbrücken: auf der A 623/A 8 bis Ausfahrt Neunkirchen-City/Ottweiler/St. Wendel, weiter auf der B 41 bis Ottweiler, dort auf der B 420 nach OTW-Fürth bis Ortsausgang Richtung Münchwies.

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