Im Mittelalter wurde die Festung der Bischöfe von Metz erbaut (Foto: Lisa Huth)

Wandern und staunen

Die Bergnase bei Châtel-Saint-Germain  

(09.07.2013) Das Tote Meer in Israel ist umgeben von schroffen und sehr hohen Felsen. Auf einem, Massada genannt, hatte Vasallenkönig Herodes zur Zeit der Römer seinen Palast. Das Problem: in der Steinwüste von Judäa war es damals schon sehr heiß und das ununterbrochen. Nur auf einer Bergnase unterhalb des Plateaus wehte nachmittags ein laues Lüftchen. Dort ließ er einen eigenen Pavillon errichten, damit er sozusagen zur „Teatime“ bei angenehmen Temperaturen zu Tische liegen konnte.

Schon die Kelten siedelten hier (Foto: Lisa Huth)
Schon die Kelten siedelten hier

Solche Bergnasen eignen sich ideal um Festungen zu bauen: Nur eine Seite muss eine sichere Anlage haben, nach den anderen drei Seiten geht es steil in die Tiefe – zu steil für potentielle Angreifer. Wenn das Plateau dann auch noch wie im Fall des Mont Saint-Germain links und rechts von einem Flüsslein begrenzt wird, bietet das den doppelten Schutz.

Die Bergnase des Mont Saint-Germain ragt unweit von Metz bei Châtel-Saint-Germain in die Landschaft. Dieses Plateau eignet sich wunderbar für eine Besiedelung. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass schon die Menschen der Jungsteinzeit vor grob 10.000 Jahren genau auf diese Idee kamen.

Ungefähr im 4. Jahrhundert vor Christus entdeckten die Kelten das Plateau für sich. Zu erkennen an einem gewaltigen Steinwall, der auch heute noch allerdings beschaulich unter Pinienbäumen, den Rest des Plateaus abriegelt. Davor zog sich ein tiefer Graben hin. Der wurde später von Hobby-Archäologen fast komplett zugeschüttet.

Für jahrelange wissenschaftliche Forschungen gab es kein Geld, so dass sich ein Verein gründete, der bis heute gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung über die Ausgrabungen wacht, Schilder anbringt (zum Teil auf deutsch) und das Gelände in Schuss hält. Das bedeutet heutzutage vor allem: es wird nicht mehr alles ausgegraben und freigelegt.

Im Mittelalter wurde die Festung der Bischöfe von Metz erbaut (Foto: Lisa Huth)
Im Mittelalter wurde die Festung der Bischöfe von Metz erbaut

Zum Beispiel die archäologischen Reste aus der römischen Zeit um 300 bis 500 nach Christus. Vermutlich war der Platz ein römischer Militärposten. Die Römer hatten also nicht nur in Israel eine Nase für leicht abriegelbare Hochplateaus. Auch auf diesem geht es ganz vorne ein Stück nach unten. Dort steht aber kein Säulen geschmückter Pavillon wie bei Herodes, sondern ein Panoramaschild. Von hier aus kann man bei schönem Wetter bis zu 25 Kilometer weit über das Metzerland sehen.

Direkt darüber hinter der Böschung: Gräber. Gräber über Gräber. Die Kelten hatten hier einen Friedhof angelegt, die Merowinger auch, und als im Mittelalter hier eine Festung der Bischöfe von Metz samt dreischiffigem Kirchlein gebaut wurden, kamen neue, nun ja, mittelalterliche, Gräber hinzu. Manche Gräber wurden auch direkt an andere dran gebaut, wahrscheinlich, um Kosten zu sparen: musste der Steinmetz so doch nur noch drei weitere Seiten aus dem Stein hauen.

Mehr als 400 Gräber wurden hier entdeckt (Foto: Lisa Huth)
Mehr als 400 Gräber wurden hier entdeckt

Die Knochen zu identifizieren, ist fast unmöglich, denn die immer selben Gräber wurden stets aufs Neue wieder genutzt: Entweder man schob die alten Knochen kurz mal eben an den Rand oder warf sie gleich über die Wand des Sarkophages, wenn es denn einen gab. Manche Menschen wurden auch einfach nur so in der Erde verscharrt, andere in Ministeinsärgen, manche in Pracht-Sarkophagen. Die befinden sich vor allem oberhalb des Panoramaschildes. Wichtige Menschen müssen hier rund um die Ost-Apsis der Kirche herum beerdigt worden sein. Wie der Name schon sagt, zeigt die Apsis alter Kirchen traditionell nach Osten, also nach Jerusalem.

Insgesamt wurden mehr als 400 Grabstätten entdeckt. An ihnen wird ein altes Vorurteil widerlegt. Das besagt, dass die Menschen früher viel kleiner waren als heute und im Laufe der Jahrhunderte immer länger wurden. Die Merowinger waren bis zu 1,80 Meter groß. Das ist anhand der Überreste in ihren Gräbern zu beweisen. Die Merowinger waren das älteste bekannte Königsgeschlecht der Franken. Sie regierten vom frühen 5. Jahrhundert bis ins Jahr 751. Die Knochenfunde der Menschen aus dem Mittelalter belegen wiederum: Jahrhunderte später waren die Bewohner der Gegend um Metz sehr viel kleiner.

Für Wanderer ist die Bergnase ein Paradies (Foto: Lisa Huth)
Für Wanderer ist die Bergnase ein Paradies

Die Grundmauern der Kirche stehen noch und auch das westliche Eingangstor. Von der bischöflichen Festung aus dem 11., 12. Jahrhundert sind noch weitere zwei Mauerwälle und Türme zu sehen und hier oder da auch noch ein Mauerrest. Was hier alles in den vergangenen zweieinhalbtausend Jahren passiert ist, kann man also nur erahnen.

Für Wanderer dagegen ist die Bergnase ein regelrechtes Paradies. Über schmale Pfade sind die heutzutage von Bäumen und Pflan­zen bewachsenen Steilhänge leicht zu erklimmen, und oben auf dem Tafelberg bietet sich hinter jeder Kurve ein vollständig neues Bild – bis die Bäume schließlich dann das ganze Panorama frei geben.

Und ein laues Lüftchen, das weht hier zu jeder Zeit.

Lisa Huth


Kontakt


Service de l'animation du site du mont Saint-Germain
Mairie de Châtel-Saint-Germain
13, rue Jeanne d'Arc
F-57160 Châtel-Saint-Germain

Tel: (00333) 87 60 59 71

Internet:
für französisch Sprechende: www.ac-nancy-metz.fr
für Wanderer (auf Deutsch): www.ferienwohnung-nordfrankreich.de


Öffnungszeiten


Ganzjährig geöffnet.


Eintritt


Der Eintritt ist frei. Gruppenführungen sind nur auf französisch möglich: 5,- € pro Person; sind es weniger als 12 Teilnehmer, dann 60,- € für die ganze Gruppe. Darin enthalten ist auch eine Besichtigung des Museums.


Anfahrt


Von Saarlouis aus die 269/N 33 über Creutzwald auf die E 25. Von Saarbrücken und Homburg aus an der Goldenen Bremm auf die E 25, entweder durch Metz hindurch oder oberhalb von Metz auf die A 31 Richtung Nancy. Ausfahrt 31 Richtung Moulins-lès-Metz, am Kreisel Richtung Scy Chazelles, dort an der Ampel links, circa 2,5 Kilometer dem Straßenverlauf folgen, bis das Schild „Châtel-Saint-Germain“ kommt. Dort rechts abbiegen. Den Ort durchqueren, gleich nach der Kirche (links) zeigt das Schild „Mont Saint-Germain“ den Weg nach oben.

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