Tödlicher Käse
Kulinarisch-kuriose Stadtführung durch Blieskastel
Seit 1773 ist Kammerzofe Henrietta nun schon im Dienste der Gräfin Marianne von der Leyen. Das bedeutet nicht nur, dass sie seit fast 230 Jahren arbeitslos ist, denn die Gräfin musste 1793 vor französischen Revolutionstruppen fliehen. Es bedeutet auch, dass sie selbst nun schon an die 300 Jahre auf dem Buckel hat und man muss sagen: Dafür hat sie sich gut gehalten!
Die gräfliche Kammerzofe Henrietta führt uns durch die Hinterlassenschaften der von der Leyen‘schen Regentschaft. Das historische Schloss haben die französischen Truppen zwar zerstört, aber das barocke Altstadtensemble weiß noch heute zu verzaubern. Es lädt zum Schlendern über Paradeplatz und Alten Markt, vorbei an Herkules- und Schlangenbrunnen ein.
Heute vielleicht mehr als damals, als das mit der Hygiene so eine Sache war und die Nachttöpfe üblicherweise auf eben jene Gassen entleert wurden. Henrietta weiß so anschaulich davon zu berichten, dass man froh ist, wenn die Gassen wieder breiter werden.
Ein Blick in den Alltag gräflichen Prunks
Wie überhaupt diese Führung sich weniger auf die Geschichte Blieskastels im Allgemeinen oder die Herrschaft der von der Leyens im Besonderen fokussiert, sondern einen Blick in den Alltag dies- und jenseits des gräflichen Prunks wirft. Wir lernen wie man sich als Dame von Adel auf langweiligen Gesellschaften mit geschicktem Einsatz des Fächers einen Verehrer heranwinken konnte.
Leben voller Regeln für das Volk
Aber auch, dass es für das einfache Volk damals nicht immer einfach war, sich zurechtzufinden im Regelwerk, das ihm auferlegt wurde. Verboten war etwa das Aufsammeln von Pferdeäpfeln, die ein wertvoller Dünger waren. Darauf stand eine Geldstrafe. Verpflichtend war andererseits der Kirchenbesuch. Auch hier stand unter Strafe, zu spät zu kommen, und wenn man sich dann noch versehentlich auf dem leeren Sitzplatz neben dem Henker niederließ, war die eigene soziale Hinrichtung quasi perfekt.
Auch über das Tagwerk von jenem „Meister Hans“ weiß Henrietta einiges zu berichten, genauso wie über die am Ende nicht mehr kurierbaren „Halsschmerzen“ mancher Adliger, denen nicht – wie Gräfin Marianne – rechtzeitig die Flucht vor den französischen Revolutionären und ihren Guillotinen gelungen ist.
Giftige Käsehäppchen
Bevor man sich am Ende in den Gebäuden des Blieskasteler Wallfahrtsklosters mit einer Käseauswahl stärken darf, erinnert Henrietta allerdings daran, dass auch das zu ihren Zeiten nicht ungefährlich war.
Sie berichtet vom Giftmord an Abt Simon von der Leyen, der einem präparierten Käse, dem er offenbar auch noch reichlich zugesprochen hat, zum Opfer fiel. Vor einem gedeckten Tisch zeigt sie, wie seinerzeit eine geplante Vergiftung vorbereitet wurde. Sie erklärt insbesondere, warum man Messer und Gabel besser genauer auf seltsame Flecke oder kleine Löcher untersucht, bevor man sie benutzt und dass der angebliche Puderzucker auf manch süßem Törtchen tödlich sein konnte. Und zwar unmittelbar.
Alles ausdrücklich nicht zur Nachahmung empfohlen. Ganz anders als der Spaziergang mit Henrietta durch das barocke Blieskastel des ausgehenden 18. Jahrhunderts.
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Auf einen Blick
Kontakt
Tourist- und Bürgerinformation der Stadt Blieskastel
Luitpoldplatz 5
66440 Blieskastel
Tel.: (06842) 92 61 314 oder (06842) 926-0
E-Mail: info@blieskastel.de
Termine
Samstag, 6. August 2022,
Samstag, 20. August 2022
jeweils 18.00 Uhr
Dauer circa zwei Stunden
Anmeldung und Informationen bei der Tourist- und Bürgerinformation der Stadt Blieskastel
Treffpunkt
Paradeplatz in Blieskastel-Mitte
Eintritt
Die Teilnahme kostet 14,50 Euro pro Person.
Darin enthalten sind die Führung und ein Käseessen in der Pilgerrast Blieskastel.
Ein Thema in der "'Region am Mittag" am 28.07.2022 auf SR 3 Saarlandwelle