Klimpern, Klemmen, Entdecken (Foto: Patrick Wiermer)

Klimpern, Klemmen, Entdecken

Das Spielzeug- und Ikonenmuseum im Kloster Machern

Patrick Wiermer   25.07.2022 | 06:00 Uhr

Ein Besuch an der Mosel führt auch immer in die Vergangenheit. Römer bauten hier Wein an, das Mittelalter prägte die Dörfer, und noch heute wirkt die Region Mosel manchmal etwas aus der Zeit gefallen. Das gilt auch für das urige Spielzeug- und Ikonenmuseum im Kloster Machern.

Zumindest auf den ersten Blick: Warum sollten sich digitalverwöhnte Kinder mit altem Blechspielzeug auseinandersetzen? Die Antwort: Was Kinder damals faszinierte, fasziniert sie noch heute. „Wir sind das Museum der Träume“, sagt Alexa Fischer, die Museumsleiterin. Und fügt hinzu: „Ich heiße zwar Alexa, weiß aber auch nicht alles.“

Flugzeuge und Steinmeisterwerke

Aber sie weiß eine ganze Menge – zum Beispiel über Lego. Weswegen sie einige Menschen auch „Lego-Lisa“ nennen. In einer großen Vitrine direkt am Eingangsbereich stehen die aus Klemmbausteinen gemauerten Träume. Im Fachjargon: MOC – My own creation. Es sind selbst entworfene Steinmeisterwerke, etwa der Nachbau des dänischen Schlösschens Rosenfeldt.

Darüber schweben Flugzeuge aus verschiedenen Epochen, unten tobt das Leben mit zahlreichen Minifiguren. „Hier stecken mehr als neun Jahre Bauzeit drin“, sagt Alexa Fischer. Wer mehr sehen will: Einmal pro Jahr gibt es im Kloster eine große Sonderausstellung von Lego-Fans der Region.

Puppe Babette konnte schon laufen

In der Vitrine nebenan ein weiterer zeitloser Klassiker. Eine Märklin-Eisenbahn, die unter wohligem Tschtschtsch durch die Landschaft zieht. Ein paar Meter weiter eine alte Puppenstube mit dem heimlichen Star der Ausstellung: „Wir haben hier die Babette, mit fürchterlichen O-Beinen.“

Klimpern, Klemmen, Entdecken (Foto: Patrick Wiermer)

Alexa Fischer nimmt die 120 Jahre alte Puppe behutsam aus dem Schrank, zieht sie mit einem Schlüssel auf. Babette läuft wackelnd etwa einen Meter. „Die Technik fasziniert Groß und Klein immer noch.“ Dass Großeltern, Eltern und Kinder über das Spielzeug ins Gespräch kommen, am besten gemeinsam träumen, das ist das Ziel eines Museumsbesuchs, sagt Alexa Fischer. 

Puppenküchen und Blechautos

Zu sehen gibt es im Spielzeugmuseum rund 2.000 Ausstellungsstücke. Schwerpunkt der über 40 Jahre lang privat aufgebauten Sammlung sind die Jahre 1860 bis 1930. Eine Zeit ohne Zeit zum Spielen eigentlich. Denn die meisten Kinder mussten in diesen Jahren mitschuften. Geld war oft knapp. Spielzeug, das gab es nur für Kinder aus reichen Haushalten.

Klimpern, Klemmen, Entdecken (Foto: Patrick Wiermer)

Für die Jungs war vor allem technisches Spielzeug angesagt, etwa Blech-Autos der Firma Schuco oder eine Dampfmaschine. An der konnte man sich übrigens genauso verbrennen wie an den tatsächlich funktionierenden Miniaturküchen, mit denen die Mädchen spielten.

Lächeln galt als unfein

Zumindest im Schmerz gab es Geschlechtergerechtigkeit. Ansonsten sollte das Spielzeug auf die künftigen Rollen in der Gesellschaft vorbereiten. Übung als Hausfrau und Mutter sammelten die Mädchen im Spiel mit den Puppen. Das Museum zeigt einige seltene, mittlerweile auch wertvolle Stücke.

Klimpern, Klemmen, Entdecken (Foto: Patrick Wiermer)

Hinter den Puppen steckt aber viel Technik und Tüftelei, Handwerk und Detailverliebtheit, wie man hier erfährt. Ebenso, warum viele frühe Puppen mit ihren starren Blicken, der blassen Haut und dem Lächel-Verbot aussehen, als entstammten sie einem Alptraum. Denn im 19. Jahrhundert galt Lächeln als unfein. Erst nach der Jahrhundertwende lockerten sich die Gesichtszüge. Das zeigen die sogenannten Charakterpuppen, die ab 1908 in Mode kamen.

Militarismus im Kinderzimmer

Die Jungs vergnügten sich damals wie heute mit Feuerwehr- oder Polizeiautos, in der Nachkriegszeit auch mit ferngesteuerten Flitzern. Modelle von Sportbooten ersetzten zeitgemäß die Marineschiffe. Campingwagen statt Panzer im Kinderzimmer. Hedonismus statt Militarismus. Auch ein Zeichen der Wirtschaftswunderzeit – mit ihren ganz eigenen Träumen.

Ikonen aus Osteuropa und Südafrika

Klimpern, Klemmen, Entdecken (Foto: Patrick Wiermer)

Die Sammlung des Museums umfasst auch rund 200 Ikonen aus Osteuropa und Ostafrika. Sie zeigen verschiedene Formen der Heiligenverehrung – von prächtig-bunten Ikonen bis hin zu Gebetsutensilien. Auch das ehemalige Zisterzienserkloster, das eine wechselvolle Geschichte seit dem 11. Jahrhundert hat, kann besichtigt werden.

Klimpern, Klemmen, Entdecken (Foto: Patrick Wiermer)


Audio

Tour de Kultur: Das Spielzeug- und Ikonenmuseum im Kloster Machern
Audio [SR 3, Patrick Wiermer, 25.07.2022, Länge: 03:09 Min.]
Tour de Kultur: Das Spielzeug- und Ikonenmuseum im Kloster Machern


Auf einen Blick


Kontakt
Historisches Spielzeug und Ikonenmuseum im Kloster Machern
Zeltinger Brücke
54470 Bernkastel-Kues
E-Mail: info@klostermachern.de
www.klostermachern.de/spielzeug-und-ikonenmuseum

Öffnungszeiten
Di. – So., 10.00 – 18.00 Uhr.

Preise
Einzelgäste:
3,50 Euro Erwachsene
1,50 Euro Kinder ab 8 Jahren
9,50 Euro Familienkarte – Eltern mit bis zu 3 Kindern
Gruppen ab 15 Erwachsenen
3,00 Euro Erwachsene
1,00Euro€ Kinder ab 8 Jahren

Tipp:
Einkehrmöglichkeiten gibt es direkt im Klosterbrauhaus samt Terrasse im historischen Innenhof.


Zurück zur Übersicht

Ein Thema in der "Region am Mittag" am 25.07.2022 auf SR 3 Saarlandwelle

Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja