Historische Kostümführung über den Neunkircher Hüttenweg (Foto: Peter Weitzmann)

Mit Alfred und Bertha „iwwer die Hitt“

Historische Kostümführung über den Neunkircher Hüttenweg

Peter Weitzmann   25.07.2022 | 06:00 Uhr

Carl Ferdinand Freiherr von Stumm-Halberg musste schon früh unternehmerische Verantwortung übernehmen. Sein Vater Carl Friedrich war schon 1848 aus dem Leben geschieden, zwischenzeitlich leitete daraufhin der Onkel das Unternehmen. Hier wird das Jahr 1899 erzählt.

Näher kann man eigentlich gar nicht mehr dran sein am legendären Stahlmagnaten Carl Ferdinand Stumm, als am Stumm-Denkmal, mitten in Neunkirchen auf dem Stummplatz, mit niemand Geringerem als seiner Tochter Bertha Hedwig Freiin von Stumm-Halberg.

Führung durch Tochter und Arbeiter

Bertha weiß liebevoll und informativ vom Vater zu berichten, der für sie und ihre Geschwister eine eigene kleine Reithalle zwischen Villa und Hütte bauen ließ, damit sich die Mädchen nicht langweilen.

Etwas differenzierter ist die Sicht des Stummschen Hüttenarbeiters Alfred auf die Leistungen von Berthas Vater Carl Ferdinand Stumm. Für ihn war er der große Boss. Ein Mann, der absoluten Gehorsam und Unterordnung verlangte und „sozialistische Umtriebe“ im Werk unbedingt verhindert wollte.

Soziale Absicherung, aber ...

Um möglichen Versuchen, Gewerkschaften zu gründen, gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, führte er aber – durchaus innovativ für seine Zeit – einige soziale Absicherungen für seine Arbeiter ein, vorneweg die Krankenversorgung. Im Gegenzug regierte er aber auch ins Privatleben seiner Arbeiter hinein, die ihn etwa vor Eheschließungen um Erlaubnis fragen mussten.

Historische Kostümführung über den Neunkircher Hüttenweg (Foto: Peter Weitzmann)

Noch auf dem Sterbebett soll er sich – so berichtet es hier Tochter Bertha – gegenüber seiner Frau verbeten haben, dass bei seiner Beerdigung irgendwelche Sozialisten oder Kommunisten anwesend sind.

Die Hochöfen mussten laufen

Das Ziel seiner Politik den Arbeitern gegenüber war dabei klar: die Hochöfen mussten laufen – reibungslos. Darauf beruhte nicht nur der Stummsche Wohlstand, sondern auch das Ansehen der Familie.

Historische Kostümführung über den Neunkircher Hüttenweg (Foto: Peter Weitzmann)

Carl Ferdinand Stumm war ja nicht von Geburt an Freiherr von Stumm-Halberg, sondern wurde vom Kaiser geadelt. Nicht als einziger „Stahlbaron“ für seine Verdienste um die existenziell wichtige Erzverhüttung.

Gefahren für die Arbeiter

Nur wenige Gedanken an den Kaiser konnten sich die Männer leisten, die am Hochofen schufteten. Ihren Arbeitsplatz am erhaltenen Hochofen besuchen wir mit Alfred, der über die Produktionsprozesse, die Bedeutung des Werks für Stadt Neunkirchen, aber auch die Gefahren für die Arbeiter berichtet.

Historische Kostümführung über den Neunkircher Hüttenweg (Foto: Peter Weitzmann)

Etwa beim Abstich des flüssigen Stahls, wo die über 1.200 Grad heiße Masse von Arbeitern in Asbest-Schutzanzügen erwartet wurde. Oder wenn – ausschließlich unverheiratete – Männer in den Hochofen klettern mussten, um ihn von anhaftenden Resten zu befreien.

Spektakuläre Aus- und Einblicke

Harter Alltag und industrieller Glanz der Hüttenarbeit kurz vor dem Jahr 1900: Alfred und Bertha zeigen beide Seiten beim Gang über Teile des Hüttenwegs. Und auf dem Weg von der Stummschen Reithalle über das alte Hüttengelände – mit Hochofen und den beeindruckenden Winderhitzern – und den Unteren Markt bis zum Stummplatz gibt es nicht nur viel zu erfahren, sondern auch einiges zu sehen.

Etwa den spektakulären Ausblick von der 23 Meter hohen Gichtbühne des Hochofens über Neunkirchen und speziell das alte Hüttenareal oder auch die Gebläsehalle, in der neben der riesigen Maschine noch die original Mettlacher Fliesen zu bewundern sind. Und auf einer Stele am Rande des alten Hüttenareals sind die Namen der Stummschen Werke zu Carl Ferdinands Vaters Zeiten verewigt.


Audio

Tour de Kultur: Historische Kostümführung über den Neunkircher Hüttenweg
Audio [SR 3, Peter Weitzmann, 01.08.2022, Länge: 03:09 Min.]
Tour de Kultur: Historische Kostümführung über den Neunkircher Hüttenweg


Auf einen Blick


Kontakt
Kreisstadt Neunkirchen Rathaus
Oberer Markt 16
66538 Neunkirchen
Tel.: (06821) 202-0
E-Mail: kontakt@neunkirchen.de
www.neunkirchen.de

Öffnungszeiten
21. Aug., 18. Sept. und 16. Okt., jeweils um 15.00 Uhr
Dauer circa 1,5 – 2 Stunden
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Es wird festes Schuhwerk empfohlen.

Treffpunkt:
Vorplatz der Stummschen Reithalle im Alten Hüttenareal
Saarbrücker Str. 21
66538 Neunkirchen

Preise
Die Führung kostet 4 Euro für Erwachsene
Jugendliche ab 12 Jahren zahlen 2 Euro
Kinder haben freien Eintritt.


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Ein Thema in der "Region am Mittag" am 01.08.2022 auf SR 3 Saarlandwelle

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