Im Musée Tudor (Foto: Musée Tudor)

Elektrizität als Leidenschaft

Tour de Kultur 2021: Das interaktive Tudor Museum in Rosport, Luxemburg

Isabel Schäfer   19.07.2021 | 06:00 Uhr

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Gleich zu Anfang bekomme ich einen kleinen Akku, mit dem ich die Exponate starten kann. Ich stecke den Akku in einen kleinen Kasten. Drei Glühbirnen mit glühenden Drähten leuchten auf. Wenig später wird auch der Hintergrund durch viele kleine Birnen erleuchtet. Ich befinde mich auf der Weltausstellung 1881 in Paris. Im 19. Jahrhundert waren die Menschen fasziniert von elektrischem Licht. Das, was für uns heute normal ist – helle Wohnungen, helle Straßen – konnten viele dort, auf der Weltausstellung, zum allerersten Mal erleben.

Tour de Kultur 2021: Das interaktive Tudor Museum in Rosport, Luxemburg
Audio [SR 3, Isabel Schäfer, 04.08.2021, Länge: 03:11 Min.]
Tour de Kultur 2021: Das interaktive Tudor Museum in Rosport, Luxemburg

Einen Raum weiter bin ich in dem dunklen Vor-Elektrizitätszeitalter. Zu Hause war es abends düster. Ich sehe Figuren von Menschen, die beim schummrigen Licht der Petroleumlampe beieinander sitzen. Tagsüber musste die Feld- und Hausarbeit meist per Hand verrichtet werden. Elektrizität gab es zwar schon, aber man konnte sie noch nicht über längere Zeit speichern.

Alles begann im Elternhaus

Henri Tudor (Foto: Musée Tudor)

Henri Tudor hat das geändert. Als junger Mann experimentierte er nämlich mit Strom leitenden Bleiplatten und entwickelte den ersten wirklich einsatzfähigen Blei-Akkumulator. Ich sehe ein kleines Holz-Modell der Wassermühle seines Elternhauses, an die Henri Tudor einst einen Generator anschloss. Ich kann auch selber Hand anlegen: Genau wie Tudor schließe ich seinen selbst kreierten Blei-Akku an den Generator an und verbinde ihn dann mit seinem Elternhaus, dem Irminenhof. Et voilà: Das Holzhaus leuchtet auf und aus kleinen Lautsprechern hallt tosender Applaus. 1882 war Tudors Elternhaus eines der ersten in Europa, das mit Strom versorgt war – und zwar konstant und dauerhaft.

Aber wie genau hat er das gemacht? Henri Tudor hat auf den Erkenntnissen vieler Forscher und Forscherinnen aufgebaut. Galvani, Volta, Ritter – im Museum kann ich durch eigene Versuche ihre Erfindungen verstehen und so die Entwicklung von Strom- und Speicherquellen beobachten.

Auch Tudors Experiment kann ich an seinem Versuchstisch symbolisch nachbauen. Genau wie er muss ich gerillte Blei-Platten in den Akku-Kasten stellen, Schwefelsäure als Elektrolyt hinzufügen, den Akku aufladen und im Anschluss mit Blei-Paste bestreichen. Das Geniale an seiner Erfindung: Während die Modelle seiner Vorgänger dazu noch ein Jahr brauchten, war Tudors Blei-Akku schon nach drei Monaten einsatzbereit. Sein Akku konnte außerdem über Nacht wieder aufgeladen werden und hatte eine Lebensdauer von bis zu 19 Jahren.

Der Durchbruch gelang mit Echternach

Modell der Stadt Echternach im Musée Tudor (Foto: Musée Tudor)

Den ersten wirtschaftlichen Durchbruch und Erfolg hatte Henri Tudor, als er 1886 der Stadt Echternach sein System verkaufte, um eine Straßenbeleuchtung anzubringen. In der berühmten Abtei von Echternach wurde ein Kraftwerk eingerichtet, mit dem Tudor nicht nur Straßen, sondern bald auch private Häuser und Fabriken versorgen konnte. Echternach wurde zum Lichtermeer, was besonders das Ausland überraschte und inspirierte. Die Tudorschen Akkumulatoren fanden danach ihren Weg über die BeNeLux-Länder nach Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien.

Wieviel Muskelkraft es braucht, um allein sieben Glühlampen zum Leuchten zu bringen, kann ich im Sattel eines Fahrrads erleben, das an einigen  Lampen angeschlossen ist. Während ich nach kurzer Zeit schon außer Puste bin, empfinde ich sehr viel Dankbarkeit für die Leistungen früherer Forscherinnen und Forscher, ohne die wir jetzt nicht wie selbstverständlich ganze Städte zum Leuchten bringen könnten.


Auf einen Blick


Das Musée Tudor (Foto: Musée Tudor)

Musée Tudor
9, Rue Henri Tudor
L-6582 Rosport
Tel.: (00352) 73 00 66-206
www.musee-tudor.lu

Öffnungszeiten
Januar, Februar, März: Mi. - So. 14.00 - 17.00 Uhr
April, Mai, Juni: Mi. - So. 14.00 - 18.00 Uhr
Juli, August: Mo. - So. 10.00 - 18.00 Uhr
September, Oktober: Mi. - So. 14.00 - 18.00 Uhr
November, Dezember: Mi. - So. 14.00 - 17.00 Uhr

Eintritt (aktuell während der Corona-Pandemie)
Erwachsene und Kinder: gratis,
Gruppenführungen auf Anmeldung (die Anzahl der Plätze ist abhängig von den zum Zeitpunkt geltenden Hygienebestimmungen maximal 9 Personen pro Gruppe): 70,- €.

Anfahrt
Aus dem Saarland kommend kann man entweder die A1 Richtung Trier nehmen und bei der Ausfahrt 132-Reinsfeld abfahren. Dann B52 bis E44 in Kenn. E44 und A64 bis B51 in Trier fahren. Dann auf der A64 die Ausfahrt 3-Trier nehmen. B51 folgen, L42 bis Rue Henri Tudor/CR372 in Rosport-Mompach nehmen.

Oder aber man nimmt die A620 und A8 bis Perl. Ausfahrt Perl nehmen, dann B419 folgen bis Grevenmacher. Dort auf die andere Moselseite auf die N1/N10 und in Mertert kurz nach dem Bahnhof auf die Rue de Mompach fahren. Rechts auf die CR370 bis Rosport-Mompach fahren. Museum kommt auf der rechten Seite, kurz bevor man in den Ort reinfährt.


Die Tour de Kultur 2021


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