Schlafen wie Dionysos
Im Weinfass am Weinstrand in Weiskirchen
Zelten? - Haben wir als Jugendliche gemacht. Hotel? Laaaangweilig! Schlafen im Stroh? - Zu kratzig! - Wer weder kratzig, noch langweilig, noch unbequem übernachten möchte, aber definitiv nicht zu Hause im eigenen Bett, für den haben wir eine ganz besondere Idee: Übernachten im Weinfass! - Möglich ist das an den Schwarzrinder Seen bei Weiskirchen.
„So, das ist Ihr Fass“ – mit diesen Worten schließt Petra Paul Fass Nummer 14 namens „Schwarzriesling“ auf. Das ist für eine Nacht unsere Schlafstatt. Etwa drei Meter tief, mit einem Doppelbett quer durchs Fass und einem kleinen Teil davor mit Sitzbänkchen, Tischchen und zwei Stoff-Kisten für die Kleidung oder die Handtasche zum Unters-Bett-Schieben. Rote Vorhänge schützen vor neugierigen Blicken der Fass-Nachbarn, Licht, Heizung, eine kleine Flasche Weißwein und eine Flasche Sprudel zur Begrüßung. Und zwei flache Päckchen mit erst mal Undefinierbarem aus Gummi.
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Hellblau für die Dame, dunkelblau für den Herrn
Fliegenklatschen? – Nein, es handelt sich um Badelatschen zum Selbstzusammenbauen! Die gibt’s praktischerweise, damit man nicht barfuß zwischen Schlaf- und Badezimmer-Fass hin und herlaufen muss. Das Badefass steht senkrecht und ist innen überraschend geräumig: Eine 90 mal 90 Dusche, ein kleines Handwaschbecken, eine Toilette und ein abklappbarer Spiegel. Dusch- und Badetücher, ein Fön, Flüssigseife und Shampoo sind alle schon da.
Vor den Fässern eine kleine Gartensitzgruppe mit Tischchen und zwei Stühlen. Warme Decken für den Aufenthalt auch an kühleren Abenden liegen bereit. Blau für den Herrn, rosa für die Damen. Sie ahnen es: Den Gastgebern kommt es aufs Detail an.
Blumenkästen mit roten Geranien an jedem Schlaf-Fass, große Windlichter mit dicken Kerzen und Weinflaschen, sorgsam beschriftet als Hausnummern vor dem Eingang. Die Liebe zum Detail setzt sich in der Gestaltung des gesamten Geländes fort: Weinreben trennen die einzelnen Wohneinheiten, die Beleuchtung der Wege ist dezent, und wenn es dunkel wird, verwandelt sich der dazu gehörige Weinstrand in einen Zauberwald.
Violette, grüne und rote Leuchten setzen einzelne Bäume in Szene, die Stimmung am Strand wird magisch. Dazu plätschert der Bach am Restaurant-Zelt entlang und mündet in einen der Rindersbacher Seen.
„Wir haben uns einfach in den Ort verliebt.“
So erzählt Petra Paul, die gebürtige Mainzerin. Ihr Vater hatte schon in den 1990ern das Gelände gekauft. Mit einem Flammkuchen-Ofen und Stehtischen begann die Umsetzung der verrückten Idee, in einer Biergegend einen Weinstrand anzubieten, an dem man außer Wein nur warme und kalte Getränke bekommt, die keinen Hopfen und kein Malz enthalten. Damit wollten die Pauls die rheinhessische Tradition, dass man abends gerne gesellig in die Weinstube geht, eine Kleinigkeit isst und einen guten Wein genießt, ins Saarland holen. Und als 2010 die Gemeinde auf die Betreiber zukam mit der Bitte, das Gelände doch irgendwie für Kurzzeit-Tourismus nutzbar zu machen, kam die Familie erst mal ins Grübeln: Was können wir anbieten, was es nicht schon überall gibt?
„In Berlin lassen sie die Leute jetzt schon in Abflussrohren schlafen,“ mokierte sich Vater Horst Krause. „Dann stecken wir sie ins Fass“, konterte Petras Mann Josef Paul. Und weil sie selbst gerade mit ein paar Weinflaschen aus dem Lager kam, lag die Idee nahe: Ja, warum eigentlich nicht? Etliche Monate und Aktenberge später war es dann so weit: Im Mai 2014 wurde das Weindorf eröffnet.
16 Wohneinheiten für insgesamt 36 Gäste
So viele Übernachtungsmöglichkeiten stehen zur Verfügung. Familien haben ein Bad für zwei Fässer. Am Kinder-Fass baumelt ein Stoffanhänger: Nur für Kinder. – Wieder so ein nettes Detail aus der Hand von Petra Paul.
Um uns die Zeit bis zum Abendessen zu verkürzen, gehen wir eine Runde in die Sauna. Abgetrennt durch einen hohen roten Sichtschutz empfängt uns das Plätschern eines kleinen künstlichen Wasserfalls, Trittsteine weisen den Weg zum Sauna-Fass. Ein- und Ausschalten durch den Gast, Aufguss auch. Und dann: Abkühlung unter der von Bambus umwachsenen Regenbrause. Ein richtig großer eiskalter Schwall kommt aus dem breiten Brausekopf in gut zwei Metern Höhe. Erfrischend!
Sauna macht hungrig. Und weil das Weindorf am Weinstrand liegt, gibt’s – genau – einen guten Wein und was zu essen im Restaurations-Zelt. Die Mannschaft um Petra Paul zündet Kerzen in großen Windlichtern an, die die sorgsam verteilten Blumen und Deko-Elemente in Szene setzen. Wenn’s richtig warm ist, kann man auch draußen essen. Tische, Stühle und Liegestühle sind auf dem täglich geharkten Strand verteilt. Wer’s besonders kühl mag, kann sich seinen Platz sogar auf dem Wasser suchen, auf einer von zwei Plattformen auf Stelzen.
Und wie schläft es sich nun in einem Fass?
Das im Übrigen natürlich nie wirklich Weinfass war, sondern extra gebaut wurde. Nach Plänen und Wünschen der Familie von einem Fassbauer in Lenne bei Bielefeld. – Na eben wie in einem Doppelbett unter einem rundem Dach. Irgendwie geborgen, ohne beengt zu sein. Ach ja, und noch ein wichtiger Tipp: Derjenige, der am wenigsten wahrscheinlich nachts raus muss, schläft hinten.
Steffanie Balle
Kontakt
Weindorf am Schwarzrindersee
Schwarzrindersee 1a
66701 Weiskirchen
Tel.: (06874) 65 16
E-Mail: info@dasweindorf.de
www.dasweindorf.de
Öffnungszeiten
April bis Oktober.
Preise
90,- €/Fass (für 2 Personen) unter der Woche,
119,- €/Fass (für 2 Personen) Fr./Sa. + Feiertage, 160,- bis 180,- €/Familien-Fass (4 Personen) inklusive Arrangements.
Anfahrt
B 268 Richtung Weiskirchen. In Schmelz auf L 152 in Weiskircher Straße. Nach circa 2 Kilometern rechts abbiegen. Weindorf ist ausgeschildert.
Tipps
- Weinstrand ist für Tagesgäste offen
- Wohnmobilstellplatz nebenan; gleiche Rezeption
- Konzerte und Events am Weinstrand. Immer mal wieder übers Jahr verteilt