Ein Luftbild der Altstadt Ottweiler (Foto: IMAGO / Hans Blossey)

Wie prüfe ich meinen Grundsteuerwert-Bescheid im Saarland?

Thomas Braun   23.12.2022 | 18:32 Uhr

Viele Saarländerinnen und Saarländer haben bereits vom Finanzamt ihren Grundsteuerwertbescheid bekommen. Doch was besagen die ganzen komplizierten Berechnungen darauf eigentlich - und wie kann man überprüfen, ob alle Angaben korrekt sind?

"Kapitalisierter Reinertrag", "Ertragswertverfahren", "Liegenschaftszins" – und dazu noch fiktive Werte für die Nettokaltmiete, ein Vervielfältiger und ein Abzinsungsfaktor: Der Grundsteuerwertbescheid, den derzeit viele Saarländerinnen und Saarländer von ihrem Finanzamt erhalten, ist voll von Begriffen und Zahlen, mit denen Hauseigentümer im Saarland üblicherweise wenig bis gar nichts zu tun haben.

Was bedeuten diese Begriffe? Und woher kommen die Werte etwa wie für die Nettokaltmiete oder den Liegenschaftszins, die man bei der Abgabe seiner Grundsteuererklärung nirgends selbst eingetragen hatte? Und wie lässt sich das alles überprüfen? Denn nur in Fällen, dass hier tatsächlich was falsch ist, rät Michael Leistenschneider, Präsident der Saarländischen Steuerberaterkammer, zum Einspruch. Für einen solchen Einspruch hat man insgesamt einen Monat Zeit.


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Wurden eigene Angaben korrekt übernommen?

Das Wichtigste zuerst: Überprüfen sollte man vor allem, ob die Werte, die man selbst bei seiner Grundsteuererklärung eingetragen hat, korrekt übernommen wurden – also:

  • den Bodenrichtwert
  • das Baujahr des Hauses oder der Wohnung
  • die Garagenanzahl
  • die Wohnfläche
  • die Grundstücksfläche

Angaben zum Bodenrichtwert hatte die Landesverwaltung zuvor allen Haus- und Wohnungseigentümern per Post zugesandt, sie lassen sich aber auch noch einmal über den eigens eingerichteten "Grundsteuerviewer Saarland" im Geoportal des Landes überprüfen. Die restlichen Werte mussten die Eigentümer individuell eingeben. All die anderen Zahlen basieren auf dem sogenannten Bewertungsgesetz.

Was ist das "Ertragswertverfahren"?

Der Bescheid über den Grundsteuerwert, den die Eigentümer erhalten, startet mit der Berechnung des Grundsteuerwertes nach dem sogenannten "Ertragswertverfahren". Hierbei wird - vereinfacht gesagt – der Wert eines Grundstücks und einer Immobilie anhand der möglichen Mieteinnahmen berechnet, die theoretisch mit dem Grundstück zu erzielen wären – auch wenn es gar nicht vermietet, sondern selbst bewohnt wird.

Mindestnutzungsdauer: 24 Jahre

Basis bildet dabei unter anderem die Restnutzungsdauer eines Gebäudes. Als Gesamtnutzungsdauer werden laut Anlage 38 des Bewertungsgesetzes (BewG) für Ein- und Zweifamilienhäuser oder auch Eigentumswohnungen 80 Jahre angenommen. Davon wird das Alter des Gebäudes abgezogen – mindestens werden bei typischen Wohngebäuden aber 24 Jahre angesetzt.

Heißt: Bei allen Häusern, die vor 1966 erbaut wurden, gelten diese 24 Jahre, bei jüngeren Gebäuden die tatsächliche Restnutzungsdauer. Wurde ein Haus also zum Beispiel 1985 fertiggestellt und ist damit 37 Jahre alt, beträgt die Restnutzungsdauer noch 43 Jahre.

Wie hoch ist die statistische Nettokaltmiete?

Anhand dieser Restnutzungsdauer wird nun der Rohertrag ermittelt. Dafür wird eine fiktive, statistisch ermittelte Nettokaltmiete angesetzt, die sich zudem an verschiedenen Mietniveaustufen orientiert. Grundsätzlich werden im Saarland je nach Größe und Baujahr der Immobilie Mieteinnahmen zwischen 4,22 Euro pro Quadratmeter (bei großen, sehr alten Zweifamilienhäusern) und 12,62 Euro (bei kleinen, relativ neu gebauten Mietwohnungen) angesetzt – nachzulesen in der Anlage 39 des Bewertungsgesetzes.

Je nach Wohnort gelten im Saarland verschiedene Mietniveaustufen, die diese Kaltmieten entweder um bis zu 20 Prozent verringern (bei Stufe 1) – oder um zehn Prozent anheben (bei Stufe 4). Die einzelnen Mietniveaustufen sind aus dieser Tabelle ersichtlich.

Mietniveaustufen im Saarland zwischen 1 und 4

Für die meisten Orte im Saarland gilt die Mietniveaustufe 1 – heißt: die landesweite Kaltmiete wird noch einmal um 20 Prozent reduziert. In den Städten gilt tendenziell die Stufe 2 (also -10 Prozent); in Saarbrücken, Homburg und Püttlingen die Stufe 3 (keine Anpassung) und in Kirkel die Stufe 4 (+ 10 Prozent).

Die um die jeweilige Niveaustufe angepasste Nettokaltmiete wird nun mit der Wohnfläche und anschließend mit zwölf multipliziert – daraus ergibt sich der jährliche Rohertrag für das Gebäude. Hinzu kommen die Garagenstellplätze – pro Platz und Monat werden hier pauschal 35 Euro angesetzt.

Alles zusammengerechnet erhält man den jährlichen Rohertrag des Grundstücks. Hiervon werden die Kosten zur Bewirtschaftung laut Anlage 40 des BewG abgezogen, die je nach Alter und Art der Immobilie zwischen 18 und 31 Prozent des Rohertrags betragen. Das ergibt den jährlichen Reinertrag des Grundstücks.

Welche Rolle spielen "Liegenschaftszins" und "Vervielfältiger"?

In einer weiteren komplizierten Rechnung wird nun der "kapitalisierte Reinertrag des Grundstücks" – also der Geldwert des Grundstücks berechnet. Hier spielt der Liegenschaftszins eine Rolle – eine Kennzahl aus der Immobilienwirtschaft, die sich auf das zu erwartende Verhältnis zwischen Kaufpreis und möglichen Einnahmen in der Zukunft bezieht. Für Ein- oder Zweifamilienhäuser wird hier laut §256 BewG zum Beispiel pauschal 2,5 Prozent angesetzt – bei größeren Mietobjekten sind es bis zu 4,5 Prozent.

Aus diesem Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer der Immobilie ergibt sich laut Anlage 37 des BewG der sogenannte Vervielfältiger, mit dem der jährliche Reinertrag multipliziert wird. Je höher die Restnutzungsdauer, desto höher auch dieser Vervielfältiger. Bei einem vor 1966 erbauten Ein- oder Zweifamilienhaus liegt er beispielsweise bei 17,88.

Große Unterschiede beim Bodenrichtwert

Bei der Berechnung dieses kapitalisierten Reinertrages spielte bislang noch keine Rolle, in welcher Lage eines Ortes eine Immobilie liegt. Ähnliche alte und große Gebäude innerhalb Saarbrückens kommen zum Beispiel auf den gleichen Betrag – egal, ob sie mitten in der Innenstadt oder in einem der Randbezirke liegen.

Um diese unterschiedlich teuren Lagen zu erfassen, kommt der Bodenrichtwert ins Spiel. Am St. Johanner Markt etwa liegt er bei 945 Euro pro Quadratmeter, im Bezirk Herrensohr hingegen teils nur bei 55 Euro.

Abzinzungsfaktor und Umrechnungskoeffizient

In die Berechnung fließt allerdings nicht der reine Bodenrichtwert ein, sondern er wird abhängig von Liegenschaftszins und Restnutzungsdauer abgezinst, also heruntergerechnet. Je geringer die Restnutzungsdauer, umso stärker wird der Bodenwert dadurch abgesenkt – der genaue Faktor ist in Anlage 41 BewG nachzulesen.

Bei Ein- und Zweifamilienhäusern kommt zudem noch der sogenannte Umrechnungskoeffizient ins Spiel, mit dem unterschiedliche Grundstücksgrößen ausgeglichen werden sollen. Bei Grundstücken unter 500 Quadratmetern liegt der Koeffizient leicht über 1 – der Bodenwert wird also im Vergleich zum Richtwert etwas gesteigert. Bei größeren Grundstücken hingegen wird der Wert nach unten angepasst – der jeweilige Koeffizient ergibt sich aus Anlage 36 des BewG.

Abgleich zwischen Ertragswert und Bodenwert

Der zuvor errechnete "kapitalisierte Reinertrag des Grundstücks" und der auf die Restnutzungsdauer heruntergerechnete Bodenwert ergeben den Grundsteuerwert. In einem letzten Schritt wird nun noch verglichen, ob 75 Prozent des reinen Bodenwertes nicht höher sind als der Ertrag, der mit dem Grundstück theoretisch erwirtschaftet werden könnte.

Letztlich als Grundsteuerwert angesetzt wird der höhere der beiden Beträge.

Vorletzter Schritt: Grundsteuermessbetrag berechnen

Damit ist die Rechnung aber noch nicht beendet: Denn auf Basis dieses ermittelnden Grundsteuerwertes muss nun noch der Grundsteuermessbetrag errechnet werden. Dafür wird der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl multipliziert.

Diese weicht im Saarland von den bundesweiten Werten ab. Im Saarland beträgt die Steuermesszahl für bebaute Grundstücke 0,34 Promille, für unbebaute Grundstücke 0,64 Promille.

Eigentliche Grundsteuer wird durch Gemeinde festgesetzt

Dieser Steuermessbetrag ist allerdings noch nicht der finale Betrag, den Grundstückseigentümer künftig zahlen müssen. Er bildet nur die Grundlage für die Grundsteuer, die letztlich von den Kommunen mit einem Hebesatz festgesetzt werden, und dann ab 2025 fällig ist.


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