Wechselstimmung im Saarland
Der Kommentar von SR-Landespolitikchef Michael Thieser zu den wichtigsten Ergebnissen des Saarlandtrends
"Im Saarland macht sich zwar Wechselstimmung breit, aber noch ist nicht klar erkennbar, in welche Richtung das Pendel am Ende ausschlagen wird". Der Kommentar von SR-Landespolitikchef Michael Thieser zu den Erkenntnissen des aktuellen Saarlandtrends.
Noch ist nichts entschieden, aber so wie auf Bundesebene dreht sich auch im Saarland der Wind. Nach 22 Jahren an der Regierung droht den Christdemokraten der Machtverlust. Die Sozialdemokraten können hingegen mit Zuversicht auf die Landtagswahl im kommenden März blicken.
CDU verliert an Vertrauen
Anke Rehlinger hat Tobias Hans im direkten Vergleich überholt und fast die Hälfte der Saarländer ist der Meinung, dass die nächste Landesregierung von der SPD angeführt werden sollte. Für den amtierenden Regierungschef Tobias Hans, der noch nie aus eigener Kraft eine Wahl gewonnen hat, ein bittere Botschaft. Seine Corona-Politik, geschlossene Impfzentren und die vorschnelle Missachtung aller Warnungen vor der vierten Welle sorgen für reichlich Verdruss. Hinzu kommt: In fast allen anderen Politikfeldern verliert die CDU ebenfalls deutlich an Vertrauen. Und so könnte Anke Rehlinger im zweiten Anlauf das gelingen, was Heiko Maas versagt blieb: der Einzug in die Staatskanzlei. Nach Oskar Lafontaine und Reinhard Klimmt wäre sie die dritte sozialdemokratische Ministerpräsidentin in der Geschichte des Saarlandes.
Demnächst Ampel oder GroKo?
Die CDU wiederum befindet sich bundesweit in der Defensive. Von einem Amtsbonus für Tobias Hans kann aktuell kaum noch die Rede sein. Eine Online-Plattform zum Bürgerdialog und täglich neue Fotos in den sozialen Netzwerken reichen jedenfalls nicht aus, um die Wähler bei der Stange zu halten. Stattdessen spricht einiges dafür, dass die Saarländer – Stand heute - bereit sind, sich einzureihen, sprich: Eine Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen rückt auch im Saarland in Reichweite. Die Frage ist nur, ob der derzeit desaströse Zustand der Saar-Grünen dies zulässt, angesichts der großen Herausforderungen, vor denen das Land steht. Die Alternative wäre die Fortsetzung der bisherigen Großen Koalition, nur unter anderen Vorzeichen.
Kleinere Parteien
Ansonsten sind die Freien Demokraten, so wie's aussieht, auch im Saarland definitiv zurück auf der politischen Bühne und die Linke kann sich trotz des Abgangs ihres einstigen Idols Oskar Lafontaine Hoffnung auf einen Wiedereinzug in den Landtag machen. Die AfD bleibt demgegenüber der Ansprechpartner für alle diejenigen, denen es weniger um Inhalte geht, sondern ausschließlich darum, der etablierten Politik einen Denkzettel zu verpassen.
Saarländer sorgen sich um Arbeitsplätze
Dessen ungeachtet verspricht die kommende Landtagswahl für alle Politik-Interessierte Hochspannung. Sie ist die erste nach der Bundestagswahl und somit die erste Bewährungsprobe auch für die neue Bundesregierung. Ob darüber hinaus eine weitere Gruppierung wie die angekündigte sozial-ökologische Liste Bunt.Saar bei der Wahl im März eine Chance haben wird, muss sich erst noch herausstellen. Noch gibt es kein Programm und keine offiziellen Kandidatinnen und Kandidaten. Viel Zeit bleibt nicht mehr und Fakt scheint, dass Themen wie "neue Arbeitsplätze schaffen und vorhandene sichern" für die die Saarländerinnen und Saarländer einen eindeutig höheren Stellenwert haben als etwa der Klima- und Umweltschutz.
Warten auf das Frühjahr
Zusammengefasst: Im Saarland macht sich zwar Wechselstimmung breit, aber noch ist nicht klar erkennbar, in welche Richtung das Pendel am Ende ausschlagen wird. Im Übrigen sehnen vermutlich viele schon jetzt den nächsten Frühling herbei, allerdings weniger wegen der politischen Aussichten für das Saarland, sondern eher in der Hoffnung, dass dann endlich wieder ein normaler Alltag einkehrt und die Corona-Pandemie endgültig ihren Schrecken verloren hat.
Ein Kommentar von Michael Thieser
Hintergrund:
Ein Thema u. a. in der Sendung "Bilanz am Mittag" am 24.11.2021 auf SR 2 KulturRadio. Das Bild ganz oben zeigt SR-Landespolitik-Chef Michael Thieser.