"Das Saarland ist 'ne sehr, sehr attraktive Region"
Ein Interview mit Prof. Dr. Felix Rösel, Experte für Stadt- und Regionalökonomie an der TU Braunschweig, zur ARD Themenwoche 2021: "Stadt. Land. Wandel. Wo ist die Zukunft zu Hause?"
Prof. Dr. Felix Rösel, Experte für Stadt- und Regionalökonomie an der TU Braunschweig, sieht gerade im Saarland große Chancen, den Ausgleich zwischen städtischem und ländlichen Leben gut zu meistern. Die größten Sorgen bereite ihm die Zukunft der Mittelstädte, so Rösel im SR-Interview.
Zur ARD Themenwoche "Stadt. Land. Wandel - Wo ist die Zukunft zuhause?" zeigt das Erste am Montag, 8. November, ab 20.15 Uhr die Dokumentation "Sind unsere Dörfer noch zu retten?". Prof. Felix Rösel, Experte für Stadt- und Regionalökonomie an der TU Braunschweig, sieht die Situation gar nicht so schlecht bestellt wie der Titel andeutet: "Der ländliche Raum ist eben auch mehr als nur Dörfer", erklärte Rösel im Gespräch mit SR-Moderator Jochen Erdmenger.
Mittelstädte machen Sorgen
Immerhin gehörten auch etwas größere Orte, "die vielleicht keine Hochschule haben, aber trotzdem sehr wichtige Industriestandorte" seien, hierzulande zum Wohn- und Lebensraum.
"Die Dörfer sind recht stabil, die Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner sind eigentlich sehr stark in ihrer Identität, wohnen auch gerne auf dem Dorf", sagte Rösel. Das sei bei den Menschen in den Großstädten nicht viel anders. "Worüber ich mir Sorgen mache, sind ein bisschen die Mittelstädte", räumte Rösel ein. Denn deren Bewohnerinnen und Bewohner würden zwischen den Dörfern und den großen Städten "ein bisschen zerrieben", wüssten "gar nicht so richtig, wie ihre Zukunft gestaltet werden" könne.
Hochschulstädte erzeugen Druck
Es existierten zwar in vielen Mittelstädten infrstrukturelle Angebote wie ein eigenes Orchester oder ein kleines Theater, der "Druck in Richtung Hochschulstädte" aber sei "ganz, ganz stark". Gleichwertige Lebensverhältnissen in Großstadt, Mittelstand oder auf dem Dorf, wie sie im Grundgesetz gefordert würden, erwarte zwar niemand - in manchen Regionen Deutschlands aber bestehe die Gefahr, dass eine Region "unter die Mindeststandards" rutsche. Gerade die Pflege sei im ländlichen Raum immer schwieriger zu organisieren. "Die Demographie, die Alterung, das wird der große Unterschied künftig zwischen Stadt und Land werden", sagte Rösel voraus. Denn die jungen Leute ziehe es in die großen Städte, während die Älteren auf dem Land zurück blieben.
Hohe Wohnkosten und Lärm
Der große Vorteil des ländlichen Raums - nämlich günstiger Wohnraum - spiele aber zunehmend wieder eine Rolle. Auch der städtische Lärm frustriere manche Stadtbewohnerinnen oder Stadtbewohner. Momentan könne man nicht mit Bestimmtheit sagen, ob der jahrelange Umzugstrend in Richtung Großstädte nicht "in die andere Richtung pendeln" könnte. Das stehe "momentan auf der Kippe", stellte Rösel fest.
Bundesländer in der Verantwortung
Ein Problem in eher ländlich geprägten Räumen sei der politische Wille der vergangenen Jahrzehnte, einwohnerstärkeren Städten immer mehr Steuergelder zuzuweisen. "Da muss man auch politisch überlegen, ob man das in Zukunft möchte", mahnte Rösel. Viel Verantwortung liege dabei auch bei den Bundesländern, innerhalb ihres Territoriums für einen "fairen Austausch" zu sorgen.
Große Chancen im Saarland
Gerade im relativ dicht besiedelten Saarland mit seinen kurzen Wegen gebe es im Übrigen große Chancen, die Stärken von städtischen und ländlichen Räumen besonders gut zu kombinieren. "Das Saarland ist 'ne sehr, sehr attraktive Region", ist Rösel überzeugt.
Der SR 2-FernsehTipp:
Montag, 8. November 2021, 20.15 Uhr, Das Erste
Sind unsere Dörfer noch zu retten?
Ein Dokumentarfilm von David Holland
(Nach der Ausstrahlung auch in der ARD Mediathek)
Dossier:
Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 08.11.2021 auf SR 2 KulturRadio. Das Bild ganz oben zeigt das saarländische St. Ingbert aus der Vogelperspektive (Archivfoto: SR Fernsehen).