Saar-Regierung droht Vertrauen zu verspielen
Ein Kommentar von SR-Landespolitikredakteur Florian Mayer
Die vergangenen Tage waren in der saarländischen Landespolitik vor allem von einem geprägt: jede Menge Ärger. Eine Gesundheitsministerin unter Beschuss und eine Bildungsministerin, die mit Hauruckaktionen im GroKo-Kabinett und den GroKo-Fraktionen für Aufregung sorgt. Alles ohne Not und alles wegen mangelhafter Kommunikation. Was darunter leidet: das Vertrauen in die Politik. Ein Kommentar von Florian Mayer.
Was Politiker sagen, hat Gewicht. Wie Politiker etwas sagen, gibt ihren Aussagen einen Wert. Einen Wert, der das Vertrauensreservoir innerhalb der Bevölkerung im besten Fall stetig füllt. Der Wert, der in der aktuellen Krise und - ja auch am Ende einer Legislatur von enormer Bedeutung ist. Teile der saarländischen Landesregierung und der Koalitionsfraktionen im saarländischen Parlament haben das entweder vergessen oder - viel schlimmer - ignorieren es momentan einfach. Anders ist das, was politische Player im Land in den vergangen Tagen ins Land "kommunizieren", nicht zu erklären.
Ärger um Impftermine
Eine schwarze Gesundheitsministerin, die sich in ihrer Wut, egal wie nachvollziehbar sie in bestimmten Punkten sein mag, vor dem Parlament fast um Kopf und Kragen redet. Und: Dieser Punkt steht nach wie vor, die in der Debatte um die verschiedenen Impfstoffe niemandem einen Dienst erwiesen hat. Was am Ende bleibt: Rücktrittsforderungen, verärgerte Mediziner und - ein Leck im Vertrauensreservoir.
Ärger um Schulöffnungen
Dann eine rote Bildungsministerin, die in Regierungserklärungen und auf Pressekonferenzen - nachvollziehbar - von vorsichtigen, überlegten Schritten zur Schulöffnung spricht. Konzepte vorstellt. Eltern, Lehrern und dem Koalitionspartner vorbetet, wie wichtig es ist, dass sie diesen Weg bis zum Ende koordiniert mitgehen müssen. Um dann in einer Hauruck-Aktion mit aller Gewalt alle Schulen innerhalb weniger Tage zu öffnen.
Was am Ende bleibt: Lehrer, die sich darum kümmern müssen, Ärzte für Schnelltestungen aus Listen 'rauszusuchen, eine um mehrere Seiten verlängerte Impfliste bei immer noch knapper Impfstoffversorgung und Eltern, die zu viele Versprechungen und Vertröstungen in den vergangen Monaten gehört haben, um allem noch ehrlichen Glauben zu schenken - die nächste Vertrauens-Leckage.
Ärger in den Koalitionsfraktionen
Gleichzeitig beharken sich die Koalitionsfraktionen in Landespressekonferenzen, als würden sie nicht regelmäßig miteinander im Austausch stehen. Und werfen sich in Pressemitteilungen gegenseitig vor, die Fakten zu verdrehen und schon auf dem Weg in die Opposition zu sein. Der Pegel im Vertrauensreservoir sinkt und sinkt.
Vertrauen in ein größeres Ziel
Die Saarländerinnen und Saarländer und die restliche Bevölkerung hängen nicht alle 14 Tage an den Lippen der Kanzlerin, des bayrischen und des saarländischen Ministerpräsidenten, weil sie politische Feinschmecker sind und gerne dutzenden Pressekonferenzen zuhören, sondern noch aus dem Vertrauen heraus, dass da ein gemeinsames Ziel verfolgt wird. Ein Ziel, das größer ist als Umfragebalken, Beliebtheitswerte und Wahlergebnisse. Ein Weg zurück in unser aller normales Leben. Die Rückgabe der uns zustehenden Grundrechte.
Es ist zu früh für ungeschickte Wahlkampf-Muskelspielchen. Es geht um wichtigeres. Und es geht auch am Ende darum, wenn der Wahlkampf-Modus unausweichlich sein wird, ob überhaupt noch jemand darauf vertraut, was da gesagt wird.
Ein Kommentar von Florian Mayer
Mehr zum Thema im Archiv:
Ein Thema in der Sendung "Bilanz am Abend" am 25.02.2021 auf SR 2 KulturRadio. Das Symbolbild ganz oben zeigt die Ministerrunde der saarländischen Landesregierung 2019: Christine Streichert-Clivot, Klaus Bouillon, Anke Rehlinger, Ministerpräsident Tobias Hans, Peter Strobel, Monika Bachmann und Reinhold Jost (Archivfoto: Pasquale d'Angiolillo).