"Wenn Sie vorgesorgt haben, werden sie sogar noch bestraft"
Ein Gespräch mit Prof. Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft vor dem Corona-Wirtschaftsgipfel in Berlin
Prof. Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) hat den wirtschaftspolitischen Kurs der Bundesregierung im SR-Interview scharf kritisiert. Auch wegen der wenig sinnvoll ausgestalteten Bedingungen für "Überbrückungshilfen" liefen viele Unternehmen Gefahr, die Zeit "bis zum Wiederanlaufen" nicht überstehen zu können.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat für den 16. Februar zu einem Corona-Wirtschaftsgipfel geladen. Mehr als 40 Verbände aus der deutschen Wirtschaft werden dabei sein.
Altmeier wird sich wohl einige Kritik gefallen lassen müssen - zum Beispiel zur schleppenden Auszahlung von Corona-Hilfsgeldern.
"Kein guter erster Aufschlag"
Dass in Berlin mittlerweile die "Überbrückungshilfe III" angelaufen sei, deute bereits darauf hin, dass man "da keinen guten ersten Aufschlag hinbekommen hat", sagte Prof. Stefan Kooths vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) im Gespräch mit SR-Moderator Kai Schmieding. Aus seiner Sicht könne man eigentlich bereits über eine "Überbrückungshilfe IV, V, VI" sprechen.
Lasten Branchen übergreifend ausgleichen
Auch die starke Ausdifferenzierung der Bedingungen für die Gewährung der Hilfsgelder sei nicht sinnvoll. Denn nach der Gestaltung der bisherigen Corona-Wirtschaftspolitik hänge die Gewährung von öffentlichen Hilfsgeldern noch immer von der Größe, von "scharfen Umsatz-Ausfallgrenzen" und nicht zuletzt von der Finanzierungsstruktur eines Unternehmens ab.
"Wenn Sie also viel Eigenkapital hatten, können Sie keine Fremdkapitalzinsen dort geltend machen", erklärte Kooths, "wenn Sie also vorgesorgt haben, werden sie sogar noch bestraft." Er plädiere daher für "einen Branchen übergreifenden, einheitlichen Mechanismus, der dafür sorgt, dass die Lasten, die mit dieser Pandemie ja sehr ungleich auf die verschiedenen Branchen entfallen, ausgeglichen werden".
Pleitewelle und Schlusstriche drohen
Insgesamt blickt Kooths angesichts des bisherigen Kurses der Bundesregierung offenbar mit Sorge in die Zukunft: "Wir befürchten, dass, wenn die Pandemie dann endlich weitestgehend ausgestanden ist, wir nicht mehr die Unternehmen haben, die wir brauchen, um dann den Aufschwung tragen zu können", sagte Kooths.
Gerade Unternehmen mit wenig Eigenkapital liefen Gefahr, die Zeit "bis zum Wiederanlaufen" nicht überstehen zu können. Sie könnten dann pleite gehen oder einfach aufgegeben werden. Von daher werde sich zwar "nicht alles in den Insolvenzzahlen widerspiegeln" - aus gesamtwirtschaftlicher Sicht aber stehe am Ende dasselbe Ergebnis, so Kooths.
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Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" am 16.02.2021 auf SR 2 KulturRadio. Das Symbolbild ganz oben zeigt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU,l) spricht mit Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister (Foto: picture alliance/dpa/POOL AP | Michael Sohn).