Amerikanische Gesellschaft "seit Jahrzehnten zutiefst gespalten"
Ein Interview mit Bruno von Lutz, dem Direktor des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Saarbrücken
Bruno von Lutz, der Direktor des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Saarbrücken, sieht die USA nach den Ausschreitungen in Washington womöglich vor einer "tiefgreifenden politischen Krise". Die Spaltung der US-Gesellschaft gehe bereits auf die frühen Sechziger Jahre zurück.
Vier Tote, mindestens 50 Festnahmen und stundenlanges Chaos im Herzen von Washington, D.C - das ist die vorläufige Bilanz der Nacht zum 7. Januar (MEZ). Sogar im Capitol, dem Sitz des US-Parlaments, war es zu Übergriffen gekommen. Anhänger von Noch-US-Präsident Donald Trump wollten die Wahlniederlage ihres Favoriten nicht anerkennen. Inzwischen sicherte Trump seinem Nachfolger Joe Biden für den 20. Januar eine ordentliche Amtsübergabe zu, die Lage ist wieder unter Kontrolle.
Vor "tiefgreifender politischer Krise"?
"Das es so schlimm kommt, hatte man natürlich nicht erwartet", sagte Bruno von Lutz, der Direktor des Deutsch-Amerikanischen Instituts in Saarbrücken, im Gespräch mit SR-Moderator Stephan Deppen. Nun könne es zu einer "tiefgreifenden politischen Krise" in den Vereinigten Staaten kommen. Sogar die Teilung der republikanischen Partei hält von Lutz für denkbar.
Unzufriedenheit seit der Ära Kennedy
Die amerikanische Gesellschaft als Ganzes sei bereits seit den Sechziger Jahren "zutiefst gespalten". Hintergrund sei die Frustration vieler weißer Amerikaner in den US-Südstaaten infolge der Präsidentschaft John F. Kennedys. Dies habe sich nun "so verhärtet, dass es jetzt zur Explosion kam". Ob Joe Biden in der Lage sein werde, die Gesellschaft wieder zu einen, werde sich zeigen, so von Lutz.
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Ein Thema in der Sendung "Bilanz am Mittag" vom 07.01.2021 auf SR 2 KulturRadio. Das Foto ganz oben zeigt Anhänger von US-Präsident Donald Trump vor dem US-Capitol (Foto: picture alliance/dpa/Zuma Press | Essdras M. Suarez).