Bitte an die Regeln halten!
Die Meinung von SR-Landespolitikredakteur Peter Weitzmann zum Lockdown
Alle Geschäfte in Deutschland bleiben ab sofort geschlossen, bis auf jene, die den täglichen Bedarf decken. Zum zweiten Mal macht Deutschland dicht, weil die Corona-Zahlen viel zu hoch sind. Jetzt ist vor allem Selbstdisziplin gefragt, meint SR-Politikredakteur Peter Weitzmann.
Nun ist es also wieder so weit. Wieder machen die meisten Geschäfte zu. Es gibt keine neuen Tattoos, die Haare dürfen wochenlang ungehindert sprießen und mancher Gabentisch wird zu Weihnachten vielleicht ein wenig leerer sein. Lässliche Probleme, wenn man an die Millionen Selbständigen und Beschäftigten denkt, deren Betrieb ab heute oder schon seit Wochen zugemacht hat.
Da wächst zum Fest der Besinnlichkeit sicher beim ein oder anderen die Zukunftsangst. Und Schuldige sind schnell ausgemacht: natürlich immer gerne die Politik. Wurden uns nicht Weihnachten im Familienkreis versprochen? Wurde nicht über Wochen davor zurückgeschreckt früher oder sagen wir "rechtzeitig" schärfere Maßnahmen zu ergreifen? Hat man sich stattdessen nicht in endlosen Diskussionen darüber verstrickt, wie viele Menschen aus welchen Haushalten wo zusammenkommen dürfen?
Ja, hat man. Vieles in meinen Augen keine Meisterleistung, aber meistens im erkennbaren Bemühen das Richtige zu tun und Einschränkungen mit Perspektiven zu verbinden.
Wenn es ein großes Versagen gibt, dann ist das unser kollektives Versagen. Zu oft werden Schlupflöcher gesucht. Die Schlangen vor manchen Geschäften in den letzten beiden Tagen waren der sichtbare Beleg. Ist noch nicht verboten, also noch schnell in die Schlange gestellt. Und wenn sich ein Haushalt nur mit vier weiteren Menschen an Heilig Abend unterm Tannenbaum versammeln soll, dann wird diese Regelung genau ziseliert, interpretiert und dann vielleicht noch mit der Frage versehen, wer das denn kontrollieren soll? Als sei damit alles hinfällig.
Auch wenn am Ausgang des Supermarktes kein Polizist steht, zahlen die allermeisten Menschen ja trotzdem. Wenn nicht hinter jeder Kurve und vor jedem Kindergarten ein Blitzer steht, heißt das nicht, dass Rasen dem eigenen oder dem Leben anderer Menschen zuträglich ist. So wenig wie Treffen mit mehreren Haushalten in Corona-Zeiten. Egal welche Personenzahl da nun genau vorgeschrieben ist.
Unser ganzes Gemeinwesen funktioniert nur deshalb, weil Menschen sich an Regeln halten. Regeln die nicht ständig kontrolliert werden. Regeln, die man vielleicht im Einzelfall auch gar nicht genau kennt, aber trotzdem adäquat handelt. Aus einer moralischen Haltung, der reinen Vernunft oder dem angeblich gesunden Menschenverstand heraus.
Nur auf diesem Weg kann es auch gelingen, die Corona-Zahlen wieder zu drücken und zu verhindern, dass weiterhin jeden Tag hunderte Menschen in Deutschland vor ihrer Zeit sterben. Mit staatlich vorgegebenen Regeln als Orientierung. Und bei den paar Corona-Ignoranten eben auch mit Zwangsmaßnahmen.
Aber die Mehrheit muss noch mehr als bisher die Vernunft und die Selbstdisziplin aufbringen, das Richtige zu tun. Nicht weil es in irgendeiner Verordnung steht, sondern weil es offensichtlich ist.
Mehr zum Thema Corona:
Ein Thema in der Sendung "Der Morgen" vom 16.12.2020 auf SR 2 KulturRadio. Das Bild ganz oben zeigt eEine Warteschlange am letzten Tag vor dem deutschlandweiten Lockdown (Foto: picture alliance/dpa | Christoph Schmidt).