Symbolbild zum Diversity Day (Foto: pixabay/thrutheeker08)

Diversity – Was ist das?

Marie Kotzian   26.05.2020 | 06:30 Uhr

Heute ist der deutsche „Diversity-Tag“. Ein Tag für mehr Vielfalt, mehr Teilhabe und mehr Chancengleichheit. Was Diversity eigentlich bedeutet, welche Herausforderungen dadurch entstehen und was das mit Antidiskriminierung zu tun hat, erklärt Nils Bortloff von der Fachstelle für Antidiskriminierung und Diversity Saar (FADS).

„Diversity bedeutet Vielfalt, Heterogenität oder auch Verschiedenartigkeit in den Dimensionen Alter, Geschlecht und geschlechtliche Identität, Religion und Weltanschauung, Herkunft und Nationalität, sexuelle Orientierung und Identität. Ziel ist die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen“ – so definiert Nils Bortloff den Begriff Diversity. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachstelle für Antidiskriminierung und Diversity Saar (FADS) und berät unter anderem Unternehmen zum Thema Diversity.

Grundsätzlich gilt für die Gesellschaft laut Bortloff: „Wir haben Diversity. Im Privaten gibt es Vielfalt und in einer Firma gibt es Vielfalt.“ Das liege daran, dass Menschen unterschiedliche Lebensstile, unterschiedliche Arbeitsformen, unterschiedliche Identitätsmerkmale und unterschiedliche Biografien haben.

Für ihn lautet die Frage nicht: „Warum brauchen wir Diversity?“ Sondern eher: „Wie kann diese Vielfalt organisiert werden? Diversity ist eine Management-Aufgabe“.

Was kann jeder Einzelne für Diversity tun?

Jeder kann zur Förderung von Diversität beitragen, sagt Bortloff. Jeder Einzelne könne „seine Denkweisen hinterfragen“. Er nennt das Vorurteilsbewusstsein. Ein Beispiel für ein Vorurteil wäre: „Jeder männliche Friseur ist schwul.“ Man muss sich laut Bortloff fragen: „Woher weiß ich das denn?“ Und daran anschließend: „Welche Relevanz hat das Merkmal der sexuellen Orientierung für seine Arbeit als Friseur?“ Bortloffs Antwort darauf: „Keine.“

Es komme außerdem auf die Courage an: „Jeder Einzelne kann auch wachsam sein und Einfluss auf Andere nehmen. Man muss sich z.B. dagegenstellen, wenn jemand homophobe Sprüche äußert.“

Welche Vorteile hat Diversity, vor allem im Arbeitsleben?

Für Unternehmen nennt Bortloff vor allem drei Vorteile: Zum einen die Mitarbeiterbindung. „Wenn ich ein Gefühl der Offenheit oder Wertschätzung habe, fühle ich mich auch an meinem Arbeitsplatz wohler.“ Allgemein verbessere Diversity das Betriebsklima: „Wir fangen wegen der Bezahlung an, in einem Unternehmen zu arbeiten, wir bleiben aber wegen dem Betriebsklima.“

Innovation ist das zweite Schlagwort: „Divers besetzte Teams können innovativer Produkte entwickeln.“ Sie bringen neue Perspektiven in die Planung und man gewinne eine Vielzahl an Lösungsansätzen, erklärt Bortloff.

Diversity öffnet außerdem neue Märkte. Wenn Mitarbeiter beispielweise neben Deutsch auch noch andere Sprachen sprechen, könne auch mit Menschen gearbeitet werden, die kein Deutsch sprechen. Dadurch könne man neue Kunden gewinnen.

Welche Herausforderungen entstehen durch Diversity?

Natürlich entstehen durch Vielfalt auch Schwierigkeiten. In einem einheitlichen Team seien Entscheidungsprozesse meist einfacher und produktiver, anders als in divers besetzten Teams: „Diversität führt häufig zu kontroversen Diskussionen – und das erzeugt Reibung“, so Bortloff.

Diese Reibung könne wie oben beschrieben zu Innovation führen, aber im Gegensatz dazu auch Arbeitsprozesse verlangsamen. „Man muss mehr managen“, erklärt Bortloff. Schlechtes Management könne sich besonders negativ auswirken.

Wie gut funktioniert Diversity in Deutschland bzw. im Saarland?

Um die Vielfalt in Deutschland zu fördern, wurde 2006 die „Charta der Vielfalt“ ins Leben gerufen. Das ist eine Arbeitgeberinitiative, die die Anerkennung, Wertschätzung und Einbeziehung von Vielfalt in der Arbeitswelt voranbringen will.

Die Charta bietet Handlungsanweisungen für die Unternehmen. Beispielsweise Punkt 2: „Im Rahmen der Charta werden wir unsere Personalprozesse überprüfen und sicherstellen, dass diese den vielfältigen Fähigkeiten und Talenten aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sowie unserem Leistungsanspruch gerecht werden“.

Über 3.400 Unternehmen mit insgesamt 13,3 Millionen Beschäftigen haben die „Charta der Vielfalt“ bereits unterschrieben. Im Saarland sind es allerdings erst 25. „Das zeigt, dass das bei den Leuten kein präsentes Thema ist“, sagt Bortloff.

Gleichzeitig glaubt er, dass viele Arbeitgeber den Diversity-Gedanken unbewusst in ihrem Unternehmen haben, ohne dass sie die „Charta der Vielfalt“ unterschrieben haben. Andererseits stelle sich bei den Unternehmen, die unterschrieben haben, die Frage, ob sie die Verpflichtungen auch wirklich umsetzen.

Was hat Diversity mit Antidiskriminierung zu tun?

„Diversity bedeutet: Vielfalt wertschätzen. Wenn Leute das nicht machen, dann ist das Diskriminierung“, so Bortloff. Man könne deshalb Diversity schlecht ohne Antidiskriminierung sehen.

Ein Grundsatz: „Ich darf Menschen nicht aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren.“ Deshalb brauche jedes Unternehmen, das einen Diversity-Prozess machen möchte, eine Allgemeine Gleichbehandlungsbeschwerdestelle. „Es gibt einen Rechtsschutz gegen Diskriminierung und der muss gewährleistet sein“, sagt Bortloff. Dann sei auch Antidiskriminierung ein Teil von Diversity-Management.

Hilfe dabei leisten Organisationen wie die Fachstelle für Antidiskriminierung und Diversity Saar oder Initiativen wie die Charta der Vielfalt.

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