Sendung: Samstag 23.01.2021 9.05 bis 9.30 Uhr
Niemand hat ihre Zahl genau erfasst, aber nach Schätzung von Experten fielen dem so genannten "Euthanasie-Programm" in Nazi-Deutschland zwischen 1939 und 1945 rund 200.000 Menschen zum Opfer.
Hinter dem "guten Tod" - so die wörtliche Übersetzung - steckte ein perfides System, das von den Propagandisten und Ideologen des "Dritten Reiches" langfristig vorbereitet wurde. Völlig unabhängig von ihrem Lebensalter und dem Grad oder den Ursachen ihrer Handicaps wurden zehntausende Menschen wahlweise als "Krüppel", "Idioten", "Schwachsinnige", "Irre" oder "Erbkranke“ eingestuft und ausgesondert.
Für die meisten Betroffenen ein sicheres Todesurteil. In zentralen Einrichtungen wurden sie entweder vergast oder zu Tode gespritzt. Oder man ließ sie einfach verhungern.
Im Saarland gab es keine spezielle Tötungseinrichtung. Aber das bewahrte die behinderten Menschen in der Region nicht davor, ebenfalls fast flächendeckend ermordet zu werden. Historiker gehen davon aus, dass in der Region mehrere Tausend Kranke und Behinderte - oft auch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen - von ihren Familien getrennt und schließlich getötet wurden. Manchmal schrieben die Opfer Briefe nach Hause oder erklärten bei einem Besuch der Familienangehörigen in der Anstalt, dass sie lieber heimgehen wollen.
Einzelne Angehörige haben versucht, ihre Kinder, Geschwister, Onkel, Tanten oder Eltern aus der Todesmaschinerie zu befreien - oft unter eigener Gefahr, aber manchmal sogar mit Erfolg.
Und was geschah mit den Ärzten, die solche "Sonderbehandlungen" mit getragen oder sogar organisiert hatten? Nach heute vorliegenden Erkenntnissen wurden sie nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" kaum juristisch belangt. Vielen gelang nach dem Krieg sogar eine bemerkenswerte Karriere; z. B. auch an der Homburger Uni-Klinik.
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