Arbeitskräftemangel – Wer macht unsere Arbeit noch?
Ein SR Thementag am 7.10.2021
'Eingeschränkte Öffnungszeiten – wegen Personalmangel.' Solche Aushänge sieht man derzeit öfter im Einzelhandel und in der Gastronomie. Oder: „Das kann aber dauern.“ Wer einen Handwerker braucht, wartet mitunter lange auf einen Termin. Arbeit gibt es genug, aber niemanden mehr, der sie macht? Im Rahmen eines SR-Thementages sind wir dieser Frage nachgegangen, haben Ursachen und Auswirkungen beleuchtet. Auch auf SR 1.
Die Lage im Saarland
Die Zahlen sind alarmierend: Schon jetzt hat das Saarland einen hohen Anteil an älteren Beschäftigten. Das Erwerbspotential wird in den kommenden Jahren zurückgehen - stärker als in anderen Bundesländern. Die Folgen sind bereits zu spüren: Für die Kundinnen und Kunden, aber auch für die Unternehmen. Sie haben zunehmend Schwierigkeiten, Stellen neu zu besetzen, Azubis zu finden oder Nachfolgen zu regeln.
Der Fach- und Arbeitskräftemangel ist ein seit Langem bekanntes Problem. Die Corona-Pandemie hat es allerdings noch verschärft, vor allem in der Gastronomie. Nach monatelangem Lockdown sind viele Stellen unbesetzt und Bewerber Mangelware.
Was heißt das für die Zukunft des Saarlandes? Wie können Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf das Problem reagieren? Liegen auch Chancen darin? Antworten auf diese und weitere Fragen gab der SR am 7. Oktober 2021 in all seinen Programmen im Rahmen des Thementages „Arbeitskräftemangel – Wer macht unsere Arbeit noch?“
Der SR Thementag auf SR 1
Das Saarland vor großen Herausforderungen
Im Saarland gibt es derzeit 10.300 offene Stellen in der Gastronomie, im Handel, in der IT-Wirtschaft, in der Bauwirtschaft, in den Pflegeberufen usw. Dem stehen momentan mehr als 33.000 Arbeitslose gegenüber. Allerdings passen Stellenangebote und Bewerber nicht unbedingt zusammen.
Der Fachkräftemangel im Saarland ist einmal ein Problem der Altersstruktur, erklärt Carsten Meier, bei der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes zuständig für Wirtschaftspolitik und Unternehmensförderung. Im Saarland ist die Bevölkerung im Schnitt etwas älter als in anderen Bundesländern, und viele Babyboomer gehen hier jetzt in Rente. Demgegenüber kommen weniger junge Arbeitskräfte nach.
Darüber hinaus liegt das Problem in der Wirtschaftsstruktur, die gerade vor einem großen Umbruch steht. Künftig werden Spezialisten gesucht, andere Arbeitskräfte dafür nicht mehr gebraucht.
Politik und Wirtschaft arbeiten daher daran, mehr Frauen in den Arbeitsmarkt zu bringen, Ältere länger in Beschäftigung zu halten, die duale Ausbildung zu fördern und auch für mehr qualifizierte Zuwanderung zu sorgen.
Fachkräfte dringend gesucht
Es wird immer schwerer und dauert immer länger, offene Stellen zu besetzen. Ein Beispiel aus der Elektro-Branche: Auch hier bemühen sich die Unternehmen, die Jobangebote attraktiv zu machen. Dennoch sind Fachkräfte Mangelware.
Beispiel Elektro Bartruff in Saarlouis: Der Betrieb von Günter Bartruff hat 35 Mitarbeiter. Doch es könnten noch mehr sein, um die vielen Aufträge abzuarbeiten. Die Kunden müssen teils wochenlang warten, bis man sich um ihr Problem kümmern kann. Wenn überhaupt.
Eine Ursache des Problems sieht Bartruff im deutschen Schulsystem. Bewerber aus verschiedenen Regionen bringen auch ganz unterschiedliche Qualifikationen mit. Außerdem mangele es den Azubis an Durchhaltevermögen, so Bartruff. Die Branche setzt daher auch auf Fachkräfte aus dem Ausland; doch hier ist oft die Sprachbarriere das Problem.
Um Fachkräfte zu gewinnen setzt Günter Bartruff auch auf ein gutes Betriebsklima, also etwa Betriebsausflüge und Firmenfeiern. Und er hofft darauf, dass sich künftig auch mehr Frauen für einen Job in der Elektro-Branche begeistern können.
Arbeitskräftemangel im Saarland stärker als in anderen Regionen
Alle Branchen betroffen
Viele Bars, Cafés und Restaurants haben wieder einen Ruhetag eingeführt oder ihre Öffnungszeiten reduziert. Allerdings nicht, weil zu wenig los wäre, sondern, weil sie zu wenig Personal haben. Denn im Verlauf der Corona-Krise haben sich viele einen anderen Job gesucht.
Doch nicht nur in der Gastronomie herrscht Personalmangel. Auch im Handwerk, in der Sanitärbranche, in der Pflege, im IT-Bereich werden Mitarbeiter gesucht - eigentlich in allen Branchen, sagt Michael Buchna, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga im Saarland. Fachkräfte wie auch Auszubildende.
Keine Besserung in Sicht
Im Saarland ist der Arbeitkräftemangel sogar deutlicher zu spüren als in anderen Bundesländern. Und die Lage wird sich noch verschlimmern, da in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen werden. Bei der IHK geht man davon aus, dass sich die Zahl derer, die arbeiten könnten, bis zum Jahr 2060 um ein Drittel verringern wird. Ob der Strukturwandel diesen Knick wird auffangen können, lässt sich jetzt noch schwer beurteilen.
Was tun?
Das Handwerk versucht bereits seit langem, junge Leute als Nachwuchskräfte zu gewinnen, auch im Hinblick darauf, dass es ebenfalls an Kräften fehlt, die später einmal Unternehmen übernehmen können. Initiativen von Wirtschaftsministerium und Wirtschaftsverbänden versuchen zudem, mögliche Potentiale auszuschöpfen zum Beipiel die relativ niedrige Frauenerwerbsquote zu erhöhen oder auch Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen.