Vorerst kein Tempolimit auf unseren Autobahnen
Auf deutschen Autobahnen wird es weiter kein generelles Tempolimit geben. Ein Vorstoß für eine Begrenzung auf 130 Stundenkilometern ist heute im Bundesrat gescheitert. Gegner wie Befürworter haben ihre Argumente. Und was sagen Experten dazu?
Vergangenen Herbst wurde der Antrag der Grünen für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen vom Bundestag abgelehnt. Dieser sah die Einführung eines Tempolimits von 130 Stundenkilometern vor. Auch der Versuch mehrerer Bundesländer, eine Begrenzung über den Bundesrat zu erreichen, ist gescheitert. Erneut angestoßen wurde die Debatte unter anderem vom ADAC. Dieser hatte ein Tempolimit bislang kategorisch abgelehnt, ist von dieser Position jedoch Anfang des Jahres abgerückt.
Was spricht für ein Tempolimit?
Befürworter der Geschwindigkeitsbegrenzung berufen sich vor allem auf Umwelt- und Sicherheitsaspekte. Laut Bundesumweltministerin Svenja Schulze spricht der "gute Menschenverstand" für ein Tempolimit. Es verringere die Unfälle mit Todesfolge und spare jährlich ein bis zwei Millionen Tonnen Kohlendioxid. Zudem wird oft argumentiert, dass es in sämtlichen Nachbarländern Deutschlands bereits entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt.
Was sagen Gegner?
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gehört von Beginn an zu den Gegnern eines Tempolimits. Die CSU startete sogar eine Internetkampagne mit dem Titel "Tempolimit? NEIN Danke". Nach Ansicht der CSU ist der Vorstoß ein "ideologisch motiviertes Vorhaben von Grünen, SPD und Linke". Praktischen Nutzen gäbe es nach Meinung der CSU keinen, denn ein Tempolimit verbessere weder die Verkehrssicherheit noch die Klimabilanz.
Was sagen Experten?
Michael Schreckberg ist theoretischer Physiker an der Universität Duisburg-Essen und auf dem Gebiet der Physik von Transport und Verkehr tätig. Nach Schreckenberg bezieht sich die Debatte auf drei Aspekte: den Schadstoffausstoß, die Verkehrssicherheit und die Verkehrslage.
Verkehrsfluss
Dass eine hohe Geschwindigkeit zu mehr Staus führe, sei ein Irrglaube. Laut Schreckenberg würde ein Tempolimit demnach nicht zu einer besseren Verkehrslage führen.
Dem widerspricht Michael Müller-Görnert vom ökologischen Verkehrsclub VCD: Durch niedrigere Geschwindigkeiten vergrößere sich das Volumen und mehr Fahrzeuge können von den Autobahnen aufgenommen werden.
Sicherheit
Je schneller man fährt, desto länger ist der Weg, den man innerhalb der Reaktionszeit zurücklegt und auch der Bremsweg. Das kann entscheidend sein. Mehr als die Häfte aller Unfälle auf Autobahnen sind, laut Müller-Görnert auf unangepasste und zu hohe Geschwindigkeit zurückzuführen. Umfassende Studien zur Effektivität einer Geschwindigkeitsbegrenzung fehlen zwar, doch für Müller-Görnert reichen die bisherigen Erkenntnisse aus, um ein Tempolimit einzuführen. Das ist für ihn absolut notwendig, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und die Zahl der Unfälle zu verringern.
In Sachen Sicherheit sieht Schreckenberg bei einer niedrigen Geschwindigkeit die Gefahr, dass der Fahrer ermüdet und leichter abgelenkt wird. "Höhere Geschwindigkeiten erfordern mehr Aufmerksamkeit", so der Verkehrsexperte. Auf freier Strecke sollte es deshalb möglich sein, schneller zu fahren. Michael Schreckenberg spricht sich daher für ein verkehrs- und situationsabhängiges Tempolimit aus.
Umweltschutz
Michael Müller-Görnert geht davon aus, dass der Schadsstoffaustoß durch ein Tempolimit um bis zu drei Millionen Tonnen CO2 reduziert werden könnte, was zwei Prozent der durch Verkehr verursachten Emissionen ausmache. Nach Michael Schreckenberg sei der Unterschied im Schadstoffausstoß jedoch "mikroskopisch" klein.
Weitere Informationen
Auch Thema auf SR 1 am 14.02.2020 in der Sendung 'Balser & Mark. Dein Morgen'.