Jonas Hector (1. FC Köln) applaudiert nach einem Spiel in Richtung der kölner Fans. (Foto: IMAGO / Beautiful Sports)

Jonas Hector letztes Bundesligaspiel - gegen die Bayern

Thomas Wollscheid   27.05.2023 | 17:39 Uhr

Eigentlich wollte der 1. FC Köln keine Spieler mehr offiziell im Stadion verabschieden. Aber das gilt nicht für Timo Horn nach 21 Jahren FC-Angehörigkeit und schon gar nicht für Jonas Hector. Nach dem Spiel am Samstag, ausgerechnet gegen die Bayern, gab es eine große Verabschiedung.

Irgendwie schließt sich der Kreis. Der Auersmacher Jonas Hector tritt in seinem letzten Bundesligaspiel gegen den FC Bayern an. Gegen jenen Club, der ihn vor Jahren hat abblitzen lassen. Bei einem Probetraining für den FC Bayern II ist sein Talent dem damaligen Trainer Mehmet Scholl offenbar nicht aufgefallen. Zum Glück für Jonas!

Über Köln II zum Nationalspieler

Denn über den Weg 1. FC Köln II hat er es immerhin bis zum Nationalspieler geschafft und wurde nun nach der Partie gegen den FC Bayern verabschiedet. Beim letzten öffentlichen Training des 1. FC Köln vor der Partie konnte Hector schon mal feststellen, welche Wertschätzung ihm beim 1. FC Köln entgegenschlägt.

Dutzende von Selfies mussten er und der ebenfalls scheidende Torhüter Timo Horn mit den Fans machen. Die Fans zeigten nach dem Spiel eine große Choreographie im RheinEnergieStadion.

Saarländischer Fußballprofi Jonas Hector im Portrait
Audio [SR 3, Nesrin Elnabolsy, 26.05.2023, Länge: 02:57 Min.]
Saarländischer Fußballprofi Jonas Hector im Portrait

Vereinstreue vor dem Titelgewinn

Jonas Hector ist - beziehungsweise war - ein Profi, den es so eigentlich nicht mehr gibt. Für ihn standen Vereinstreue und Verantwortung vor dem Titelgewinn. Vielleicht sind ihm deshalb die ganz großen Trophäen verwehrt geblieben. Aber das ist einem wie ihm egal.

Hector weiß, was er will, und er weiß auch, was er nicht will. Er lebte und lebt seine eigenen Werte. Das hat nicht immer jedem gefallen. Auch nicht den Medien.

Während andere Profis nach einer Niederlage auf die Frage „Wie bitter war das heute?“ ausschweifend antworten, lässt Jonas nur einen Satz raus: „Sehr bitter“. Oder auf die Frage nach einer Niederlage, was denn heute gefehlt habe, antwortete Jonas nur: „Die Tore“.

Kultcharakter beim 1. FC Köln

Jonas Hector hat sich nie vereinnahmen lassen. Das war sicher keine Arroganz, die ihm ab und an mal vorgeworfen wurde, sondern ausschließlich Selbstschutz. Für ihn ist Privatleben wichtig.

Beim 1. FC Köln lieben sie ihn auch, weil er 2018 als Nationalspieler den Gang in die Zweite Liga mitmachte – und das, obwohl er von Clubs wie dem FC Barcelona umworben wurde.

Sein jetziger Trainer Steffen Baumgart formulierte es so: „Jonas ist der Kölner Spieler. Der, der vorne weg geht, der voran geht, der sich auch in schwierigen Situationen stellt.“ Sowas lieben sie in Köln und sowas lieben sie auch im Saarland. Zu seiner Auersmacher Heimat hält er engen Kontakt, ist oft „dahemm“!

Auch Schicksalsschläge muss er verkraften

Als kurz nacheinander zunächst sein Berater und Freund im Alter von 48 Jahren stirbt und dann sein Bruder im Alter von nur 31 Jahren, durchlebt Hector eine schwere Zeit.

Es ist Steffen Baumgart, der ihm zumindest sportlich das Glück zurückbringt. Und trotzdem gibt er vor rund vier Wochen nach dem Sieg seiner Kölner in Hoffenheim bekannt, dass er Abschied nehmen wird vom professionellen Fußball. Just nach dem Sieg, den Köln zum Klassenerhalt noch gebraucht hat. Es war eine sehr emotionale Rede, die der Saarländer vor seinen Mannschaftskameraden hielt.

Die EM 2016 als Höhepunkt der Karriere

2010 ging Jonas Hector von Auersmacher, wo er mit seinem Bruder zusammen in der Oberliga spielte, den Weg zum 1. FC Köln. Dort wurde er über die Einsätze in der zweiten Mannschaft schnell Stammspieler im Bundesligateam.

2014, kurz nach dem WM-Titel, berief ihn Bundestrainer Joachim Löw ins Nationalteam. 43 Länderspiele hat er bestritten und dabei drei Tore erzielt - das wichtigste sicher im EM-Viertelfinale gegen Italien, als er den letzten und entscheidenden Elfmeter gegen die Torwartlegende Gigi Buffon erzielte.

Jonas Hector jubelt nach seinem verwandelten Elfmeter gegen Italien  (Foto: picture alliance/dpa | Christian Charisius)
Jonas Hector jubelt nach seinem verwandelten Elfmeter gegen Italien

Es war übrigens mit insgesamt 18 geschossenen Elfmetern das längste Elfmeterschießen bei einer Fußball-Europameisterschaft. Hector wurde nach dieser Begegnung als „Man oft the Match“ geehrt und 2016 aus Saarsportler des Jahres. 2020 trat Jonas Hector aus der Nationalmannschaft zurück.

Was macht Jonas Hector nach der Karriere?

Wie es für Jonas nach seiner Profikarriere weitergeht, ist nicht bekannt. Es kann vermutet werden, dass er zumindest in naher Zukunft in Köln bleiben wird, denn dort fühlt er sich wohl. Hector hat während seiner aktiven Zeit im Fernstudium Betriebswirtschaftslehre studiert.

In seiner Rede vor der Mannschaft hat er angekündigt, dass er sich um seine Familie kümmern wird und dann auch gemütlich ins Stadion geht. Er hat aber auch gesagt, dass er nicht mehr professionell spielen will. Offen blieb, ob er sich einem Amateurteam anschließt. Ob das dann vielleicht sogar sein Heimatverein SV Auersmacher ist? 

Für einen wie ihn wird Auersmacher immer Heimat und Herzensangelegenheit sein. Und die Tür für ihn wird dort auch immer offen sein. Alles andere ist Spekulation – oder wie der Bayern-Kaiser Franz Beckenbauer zu sagen pflegte: „Schau mer mal!“

Über dieses Thema berichtete die Region am Nachmittag am 25.05.2023.

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