Risiko Amputation und Sepsis – So gefährlich sind Katzenbisse
So niedlich sie auch dreinblicken können, Katzen sind nicht immer zum Schmusen aufgelegt. Fühlen sich die Tiere bedrängt, können sie auch zubeißen. Und das kann für ihre Besitzer schwerwiegende Folgen haben. Bewusst ist das der Mehrheit von ihnen aber offenbar nicht.
Mehr als 16 Millionen Katzen leben in Deutschland. Das macht sie zu den mit Abstand beliebtesten Haustieren der Republik. In den allermeisten Fällen gestaltet sich das Zusammenleben zwischen Mensch und Stubentiger auch friedlich. Kommt es dann aber doch mal zu einem Biss, sei es versehentlich oder absichtlich, ist schnelles Handeln geboten: Infiziert sich die Wunde, können die Folgen gravierend sein.
"Viele Katzenbesitzer neigen dazu, Bisswunden zu unterschätzen", sagt Christof Meyer, Chefarzt der Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Saarbrücker Klinikum am Winterberg. Umso größer sei der Schock, wenn sie von den möglichen Komplikationen hörten. Zwei bis drei Mal in der Woche stellten sich bei Meyer Patientinnen und Patienten mit Tierbissverletzungen vor, überwiegend von Katzen. "Ein bis zwei Mal im Monat haben wir es dabei mit schweren Verläufen zu tun."
Katzenbisse sehen harmlos aus, sind es aber nicht
Was Katzenbisse laut Meyer so tückisch macht: Anders als Hundebisse sehen sie von außen meist harmlos aus und bieten so zunächst kaum Grund zur Beunruhigung. In den tieferen Hautschichten, in die Katzen mit ihren langen, spitzen Zähnen problemlos eindringen können, sieht es dagegen ganz anders aus. "An den Zähnen der Katze haften gefährliche Bakterien, die sich, einmal eingedrungen, ungehindert im Gewebe ausbreiten können."
Riskant seien vor allem Bisse in den Finger oder die Hand. "Der Bereich ist bei Verletzungen immer ungünstig, weil der Abstand zwischen der Hautoberfäche und allen relevanten Stukturen wie Sehnen und Sehnenscheiden sehr kurz ist." Es bestehe die Gefahr, dass sich schnell eine Entzündung entlang der Sehnen entwickelt, die dann in andere Körperregionen wandert.
Unbehandelt kann es zu einer Sepsis kommen
Heißt: Nach einer Katzenbissverletzung sollten Betroffene zur Abklärung immer direkt einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen. Machen sich bereits erste Entzündungsanzeichen wie Rötungen, Eiterbildung und ein zunehmender pochender Schmerz bemerkbar, sei der Besuch in einem Krankenhaus angezeigt, so Meyer. "In der Regel wird die Bissstelle dann in Lokalanästhesie ausgeschnitten und das bereits mit Bakterien besiedelte Gewebe chirurgisch gesäubert". Zusätzlich bekommen die Patientinnen und Patienten Antibiotika. Damit soll die Entzündung zurückgedrängt werden.
Ist die Entzündung allerdings schon fortgeschritten, ist es laut Meyer mit einer einmaligen Behandlung nicht getan. Der Grund: Durch die Bakterien kommt es zu einem Gewebeschaden, das Gewebe stirbt in der Folge ab, in abgestorbenes Gewebe kann Antibiotika nicht eindringen, die Bakterien haben also weiter freies Spiel. "Das kann unbehandelt verheerende Ausmaße annehmen", so Meyer. Im schlimmsten Fall sei eine Amputation der betroffenen Gliedmaße zur Vermeidung einer lebensbedrohlichen Sepsis die Folge.
Um das zu verhindern, müssen Betroffene oftmals mehrfach operiert werden. Dabei wird ihnen in Vollnarkose das abgestorbene Gewebe entnommen und anschließend Antibiotika intravenös verabreicht. "Ein stationärer Krankenhausaufenthalt von etwa zwei Wochen ist in diesen Fällen keine Seltenheit." Das Risiko für einen solchen Verlauf liege bei etwa 20 bis 30 Prozent, sagt Meyer. "Gar nicht so selten sind dabei auch verbleibende erhebliche Funktionsstörungen."
Wie kann man sich schützen?
Während Hundebisse größere Schäden anrichten können, ist die Infektionsgefahr bei Katzen mit bis zu 50 Prozent um ein Vielfaches höher – das macht sie insofern nicht weniger gefährlich. In der Regel beißen Katzen aber nicht einfach grundlos zu. Die meisten Bissunfälle entstehen, weil sich die Tiere bedrängt oder in Not fühlen. Macht die Katze also einen verärgerten bis aggressiven oder einen panischen Eindruck, sollte man besser die Finger von ihr lassen. Oder sich zumindest mit bissfester Kleidung schützen, wenn das Tier etwa unbedingt für einen Tierarztbesuch eingefangen werden muss.
Außerdem – und nicht nur für Haustierbesitzerinnen und -besitzer – wichtig: "Alle zehn Jahre sollten Erwachsene ihre Tetanus-Impfung auffrischen lassen." Das Risiko nur zu impfen, wenn der Unfall bereits geschehen ist, sollte man nicht eingehen.