Weihnachtsmarkt Straßburg 2022 (Foto: picture alliance / abaca | Roses Nicolas/ABACA)

Neue Produktliste sorgt für Unmut auf Straßburger Weihnachtsmarkt

  05.12.2022 | 17:19 Uhr

Der Christkindelmarkt in Straßburg ist der älteste Weihnachtsmarkt Frankreichs. Doch hinter der prächtigen Lichter-Kulisse rumort es. Denn das inzwischen grün geführte Rathaus hat strenge Leitlinien aufgestellt. So sollen nur Produkte verkauft werden, die aus der Region kommen und qualitativ hochwertig sind. Das sorgt für Unmut und Unklarheiten.

Ende Oktober hatten die Händlerinnen und Händler aus dem Straßburger Rathaus eine Liste erhalten, was auf dem Weihnachtsmarkt verkauft werden darf und was nicht. Erwünscht sind demnach Speisen und Artikel, die lokale Identität vermitteln sollen und einen gewissen Qualitätsanspruch erfüllen.

Nicht gerne gesehen sind zum Beispiel Raclette, Tartiflette -  ein französischer Kartoffelauflauf - und Regenschirme. Eine Auswahl, die erklärungsbedürftig ist.

Verantwortlich für die umstrittene Liste ist der Grünen-Politiker Guillaume Libsig. „Viele Menschen haben in der Vergangenheit kritisiert, dass der Straßburger Weihnachtsmarkt zu einem Supermarkt unter freiem Himmel verkommen ist, zu einer Kirmes, die keinen Bezug mehr hat zu den Traditionen der elsässischen Weihnacht“, so Libsig.

Kontrovers: Neue Regeln für Produkte auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt
Video [SR Fernsehen, (c) SR, 05.12.2022, Länge: 05:03 Min.]
Kontrovers: Neue Regeln für Produkte auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt

Regel oder Empfehlung?

Für die Standbetreiber kamen die Pläne für die Neuausrichtung des Weihnachtsmarkts überraschend. „Als die Mitteilung kam, dachten wir, wir könnten noch ein bisschen verhandeln. Das war aber nicht möglich, die neuen Regeln wurden uns aufgezwungen“, sagt die Händlerin Abigaël Bodein, die seit zwanzig Jahren auf dem Weihnachtsmarkt Leckereien verkauft.

Das Rathaus wiederum entgegnet, dass es sich um ein Missverständnis handele. Es gebe dieses Jahr keine Verbote, nur Empfehlungen und Ermahnungen. „Unser Ziel war, einen Dialog anzustoßen und über unsere Vorhaben zu informieren. Das war keinerlei Verbotsliste. Dafür wäre ein Erlass der Bürgermeisterin nötig. Aber die hat nichts verboten dieses Jahr“, betont der stellvertretende Bürgermeister Libsig.

Vieles muss weichen

Bei vielen Händlern kam das allerdings anders an. Auch bei Abigaël Bodein. Sie hat deshalb Produkte, die auf der besagten Liste aufgeführt sind, nicht mehr im Angebot. „Ich hatte früher Flammkuchen auf Baguette, mit Raclette. Das musste ich weglassen. Auch Raclette auf Sandwiches und Würstchen gibt es bei mir nicht mehr.“

Einige Händler, die noch nicht umgestellt haben, befürchten, dass sie nächstes Jahr nicht mehr dabei sein dürfen. Viele finden die neuen Regeln auch nicht nachvollziehbar.

„Bestimmte Waren sind weiterhin erlaubt, das ist unlogisch. Einige italienische Produkte zum Beispiel und türkischer Honig. Das sind doch auch keine elsässischen Spezialitäten“, wundert sich Abigaël Bodein.

Produkte aus China unerwünscht

Der Grünenpolitiker Guillaume Libsig dagegen findet die neuen Leitlinien gar nicht so schwer zu verstehen. "Es geht uns um Produkte, die weit weg von hier hergestellt werden, zum Beispiel in China. Massenware, die acht Monate lang in Containern unterwegs ist. Die hat keinen Bezug zum Kulturerbe unserer Region. Wenn aber ein Künstler von hier beispielsweise Regenschirme oder Hüte in Handarbeit herstellt, kann er die gerne hier verkaufen. Wir wollen nur keine Massenproduktion aus dem weit entfernten Ausland.“

Waren aus Frankreich sind allerdings in der Regel deutlich teurer, als die aus Fernost. Einige befürchten daher, dass die Produkte auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt demnächst nur noch für Besserverdienende erschwinglich sein könnten.

Andrang ist groß

Doch davon ist in diesem Jahr noch nichts zu spüren. Der Andrang auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt ist wieder groß. Die Hotels sind ausgebucht, die Bahn setzt Sonderzüge nach Straßburg ein.

Wie es dann im nächsten Jahr aussieht, wird sich zeigen. Die Stadt will die Erfahrungen aus diesem Jahr auswerten und dann entscheiden, inwieweit für den Weihnachtsmarkt 2023 verbindliche neue Regeln gelten sollen. Laut Guillaume Libsig soll eine Bürger-Jury im März ihr Urteil sprechen. Die Ergebnisse sollen dann die Grundlage und den Rahmen für das nächste Jahr bieten.

Auch ein Thema bei "Wir im Saarland - Grenzenlos" am 05.12.2022 im SR Fernsehen.


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