Ford, SVolt, Stahlindustrie – Was 2023 auf die Saar-Wirtschaft zukommt
Die saarländische Wirtschaft nimmt einige ungelöste Probleme mit ins neue Jahr: Nicht nur bei Ford in Saarlouis ist offen, wie es weitergehen könnte. Auch die Stahlindustrie wartet auf Förderzusagen. Und die IHK rechnet für 2023 kaum mit Wachstumschancen.
Der Jahreswechsel wird gerne als Zäsur gesehen, als neuer Startpunkt. Doch auch wenn das Jahr nun 2023 heißt, die vielen offenen Fragen und Probleme aus 2022 bleiben. Dazu gehören auch die Rahmenbedingungen: Die Energiekrise ist das bestimmende Thema, nach wie vor laufen die Lieferketten nicht reibungslos.
Und dann ist da noch die Transformation, der grundlegende Struktur- und Technologiewandel, in dem sich die saarländische Wirtschaft befindet und von der nicht nur die Stahl- und die Autoindustrie betroffen sind.
Richtungsentscheidung bei Ford im Frühjahr?
Aber natürlich gibt es auch die ganz konkreten Baustellen. Dazu gehört in vorderster Reihe die Zukunft von Ford in Saarlouis. Das Aus für das Werk nach über 50 Jahren kam nicht vollkommen unerwartet, und doch ist der 22. Juni 2022 eine Zäsur in der saarländischen Geschichte.
Eine schnelle Lösung für die Zukunft des Standortes hatten Ford und die Landesregierung verkündet, doch bisher gibt es nur kleine Zwischenschritte. Die Landesregierung spricht von einem großen Interesse von Investoren – im Frühjahr soll eine Richtungsentscheidung stehen, was in Saarlouis kommen könnte.
Ein Autobauer, der das komplette Werk übernimmt oder eine stärkere Diversifizierung des Standortes – vieles scheint denkbar. Der Druck auf die Verantwortlichen dürfte in den kommenden Wochen wachsen. „Wenn kein Investor im ersten Quartal hier durchs Tor geht, dann werden wir in eine ganz harte betriebliche Auseinandersetzung gehen“, so Ford-Betriebsrat Markus Thal Mitte Dezember.
Kommt SVolt nun nach Überherrn oder nicht?
Anders als mit Ford waren Anfang des vergangenen Jahres noch viele Hoffnungen mit der möglichen Ansiedlung des Batterieherstellers SVolt im Saarland verbunden. Doch seit September ist die Ernüchterung groß: Das Unternehmen baut in Lauchhammer in Brandenburg eine Batteriezellfabrik auf. Damit könnte der Standort dort auch zum europäischen Leitwerk werden, heißt es.
Diese Funktion war ursprünglich für Überherrn angedacht. Doch hier geht es nicht voran: Erst ab Ende 2027 könne eine Vorserienproduktion starten und damit vier Jahre später als geplant, heißt es. Doch ob und wie es mit der möglichen Ansiedlung von SVolt in Überherrn weitergehen könnte, ist vollkommen offen. Auch hier muss 2023 Klarheit her.
Natürlich kann man die SVolt-Ansiedlung als Lackmustest dafür sehen, ob der Strukturwandel im Saarland gelingen kann. Weitere Ansiedlungen sind aber auch nötig. Seit Monaten halten sich hartnäckig Gerüchte, dass eine Neuansiedlung kurz vor dem Abschluss steht. Vielleicht bringt das neue Jahr hier neue Erkenntnisse?
Warten auf die Förderung – Stahl und Wasserstoff
Auch in der saarländischen Stahlindustrie erwartet man in den ersten Monaten des Jahres Klarheit. Anfang Dezember hatte die saarländische Stahlindustrie ihren Investitionsplan für die Umstellung auf CO2-armen Stahl vorgestellt. 3,5 Milliarden Euro sollen in Dillingen und Völklingen investiert werden.
Die Investitionen stehen allerdings unter Vorbehalt öffentlicher Förderungen von Bund, Land und EU. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der SHS, Karl-Ulrich Köhler, sprach zuletzt davon, dass man mindestens eine Förderung in Höhe von 60 Prozent der Gesamtsumme benötige.
Bis zum Ende des ersten Quartals 2023 hofft man auf die Förderzusagen. Dann soll der Bau der neuen Anlagen und Öfen zeitnah beginnen.
Gleiches gilt auch für die Steag. Hier liegen die Pläne für den Bau des Elektrolyseurs in Fenne bereits länger vor. Mittels des sogenannten Elektrolyse-Verfahrens soll möglichst grüner Wasserstoff hergestellt werden – auch für die Stahlindustrie.
Für die Realisierung des Projektes bedarf es allerdings einer Förderung etwa der EU, so Steag. Eine Zusage erwarte der Konzern Anfang 2023. Danach soll die finale Entscheidung für den Bau der Anlage getroffen werden. Vielleicht ist auch schon ein Baubeginn in diesem Jahr möglich.
Weichenstellungen in Krisenzeiten
Für die saarländische Wirtschaft, insbesondere für die Industrie, werden nicht nur diese Vorhaben 2023 wichtige Weichenstellungen sein – die Zukunft des Ford-Geländes ist dabei wohl die größte Herausforderung. Und natürlich könnten daraus auch neue Chancen entstehen. Allerdings in einem wirtschaftlichen Umfeld, das derzeit wenig optimistisch in die Zukunft schaut.
2023 ist kein Wachstum in Sicht, heißt es demnach bei der Industrie- und Handelskammer. Die Saarwirtschaft befinde sich im Krisenmodus. Wenn das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nicht schrumpft, sieht man dies als „Erfolg“ an.