Ein Jugendlicher lehnt in einem Tunnel an der Wand. Er sieht niedergeschlagen aus. (Foto: dpa/ Roland Mühlanger / picturedesk.com | Roland Mühlanger)

Seit 2012 fünf Lehrkräfte wegen sexualisierten Fehlverhaltens entlassen

  13.01.2023 | 13:02 Uhr

In Hunderten Fällen soll es bundesweit seit 2012 zu sexuellen Übergriffen von Lehrkräften an Schülerinnen und Schülern gekommen sein. Darüber berichtete der "Stern" in der vergangenen Woche. Im Saarland gab es laut Bildungsministerium in diesem Zeitraum zehn Verdachtsfälle. Fünf Lehrkräfte wurden suspendiert.

Sexuelle Übergriffe und Missbrauch an Schulen sind ein hochsensibles Thema. Wenn Lehrkräfte ihre Position gegenüber Schülerinnen und Schülern ausnutzen, stellt das einen schwerwiegenden Verstoß dar. „Sexualisiertes Verhalten von Lehrkräften gegenüber Schülern/Schülerinnen duldet keine Toleranz“, stellt denn auch das saarländische Bildungsministerium klar.

Vage Definition

Anlass ist ein Bericht des Magazins Stern, in dem Betroffene aus ganz Deutschland ihre Erlebnisse schildern. Von insgesamt 200 sexuellen Übergriffen bundesweit ist darin die Rede, wobei der Begriff unscharf bleibt – und etwa von nächtlichen Chats bis zu sexualisierter, körperlicher Gewalt reicht. Laut Experten dürfte die Dunkelziffer in jedem Fall höher liegen. Nicht alle Bundesländer führen Statistiken.

Zehn Verdachtsfälle

Das Ministerium widerspricht jedoch in einem Punkt der Darstellung des Magazins. Bei den zehn für das Saarland angegebenen Fällen handele es sich nicht zwangsläufig um tatsächliche Missbrauchsfälle, sondern um Verdachtsfälle.

Diese sagten nichts über den Ausgang der Verfahren aus, also ob die Meldungen zu einer Verurteilung oder zu disziplinarischen Konsequenzen geführt haben, oder ob sie sich als falsch herausstellten.

Insgesamt seien zehn Lehrkräfte des sexualisierten Fehlverhaltens beschuldigt worden.

  • Fünf Lehrkräfte wurden suspendiert. Ihre Beamten- bzw. Arbeitsverhältnisse wurden aufgelöst. Zu den weitergehenden Ermittlungen in diesen Fällen liegen keine Informationen vor.
  • Zwei seien Opfer einer falschen Verdächtigung geworden, weshalb die Staatsanwaltschaft beide Verfahren eingestellt habe. In einem Fall verblieb die betreffende Lehrkraft trotz Versetzungsangebot an der bisherigen Schule, in dem anderen wurde sie auf eigenen Wunsch versetzt.
  • In zwei weiteren Fällen sei kein sexualisiertes Fehlverhalten festgestellt worden. Man habe die Lehrkräfte trotzdem versetzt.
  • Eine Lehrkraft sei wegen eines sexualisierten, körperlichen Übergriffs „unter Ausschöpfung der Möglichkeiten des Disziplinargesetztes sanktioniert“ und versetzt worden.

Festes Verfahren

Das Ministerium verwies auf SR-Anfrage auf ein standardisiertes Verfahren zum Umgang mit Verdachtsfällen, das es seit 1995 gibt. Danach müssen Schulleitungen alle Meldungen solcher Verdachtsfälle der für sie zuständigen Aufsicht im Ministerium mitteilen.

Dabei spielt es keine Rolle, von wem die Informationen kommen, wie sie geäußert wurden und ob die Vorwürfe strafrechtlich relevant sein könnten oder nicht. Im Klartext: Egal ob sich eine Schülerin an den Vertrauenslehrer wendet, ob Eltern die Schulleitung informieren oder die Polizei die Aufsicht einschaltet – in jedem Fall wird eine Untersuchung eingeleitet. Die Schulaufsicht nimmt umgehend Ermittlungen auf, befragt die betroffene Lehrkraft, nimmt Kontakt zu Erziehungsberechtigen auf und leitet entsprechende disziplinarische Maßnahmen ein.

Was tun bei Übergriffen?

Für mögliche Opfer sexualisierter Übergriffe stehen nach Angaben des Ministeriums zahlreiche Ansprechpartner zur Verfügung. Neben der Schulleitung oder einer Lehrkraft des persönlichen Vertrauens können sie sich auch an Schulsozialarbeiter, den schulpsychologischen Dienst, die Schulaufsicht oder das Justitiariat des Ministeriums wenden, ebenso an Polizei und Staatsanwaltschaft, einen Arzt oder eine sonstige Vertrauensperson.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 13.01.2023 berichtet.

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