Laut Verfassungsschutz mehr als 100 Reichsbürger im Saarland
Der saarländische Verfassungsschutz hat am Freitag sein jährliches Lagebild vorgestellt. Während die Zahl der Links- und Rechtextremisten im Jahr 2021 stagnierte, rückten sogenannte Delegitimierer, zu denen auch Reichsbürger gehören, immer mehr in den Fokus. Sie erhielten vor allem durch die Corona-Proteste Zulauf.
Delegimitierer wollen den Staat verächtlich machen, während Reichsbürger noch einen Schritt weiter gehen: Sie wollen gleich einen neuen Staat aufbauen. „Dabei nutzen sie die momentan bestehenden Krisen um Untergangsfantasien, Angst und Verunsicherung zu verbreiten und so die Demokratie schließlich zu destabilisieren und angreifbar zu machen“, erklärt Ulrich Pohl, Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium.
Beide Gruppen – also sowohl die Delegitimierer, als auch die Reichsbürger – rücken im Lagebild 2021 zum ersten Mal in den Blick des Verfassungsschutzes. Dabei werden Delegitimierer immer aktiver. Zu sehen sei das etwa an der steigenden Zahl der Schreiben an Behörden, sagte der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD).
Die Zahl der Reichsbürger schätzt der Verfassungsschutz auf 140 – davon gelten 25 als potenziell gewaltbereit. Bewaffnet sollen sie nicht sein, zumindest nicht legal.
Rechtsextremisten vor allem im Internet aktiv
Die Zahl der Rechtsextremisten bleibt hingegen bei rund 330. Davon werden 20 Personen als gewaltorientiert eingestuft. Sie sind inzwischen zunehmend im Internet aktiv: Über soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste wie "Telegram" versuchen sie, die Verunsicherung von Teilen der Bevölkerung aufzugreifen, um das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Rechtsextreme Organisationen wie etwa die NPD verlieren derweil weiter an Bedeutung.
Rechtsextremisten, Reichsbürger, Delegimitierer: Von ihnen gehe die größte Gefahr für den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, so das Fazit des Lageberichts. „Insbesondere die am 7. Dezember bundesweit durchgeführte Razzia gegen die Reichsbürgerszene liefert dafür ein aussagekräftiges Beispiel. Die Pläne der verhafteten Personen veranschaulichen deutlich, von welcher immensen Bedeutung der Verfassungsschutz und seine Arbeit sind“, sagte Jost.
Deutlicher Anstieg von antisemitischen Straftaten
Im Zuge der Corona-Proteste ist aber auch die Zahl der antisemistischen Straftaten sprunghaft angestiegen: von 20 auf 38 innerhalb eines Jahres. Es handele sich mit Blick auf das Festjahr 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland um einen "ganz besonders beschämenden Anstieg der Fälle antisemitisch motivierter Straftaten", heißt es im Lagebild. Unter den 38 antisemitischen Straftaten seien 27 Volksverhetzungen; 17 Straftaten seien dabei im Internet verübt worden.
Die Zahl der Salafisten stieg durch neuen Moscheengemeinden um sechs Prozent auf mittlerweile 420 an. Zehn Prozent werden als gewaltbereit eingeschätzt.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 09.12.2022 berichtet.