Reaktionen aus dem Saarland auf die Landtagswahlen im Osten
In Thüringen und Sachsen sind am Sonntag neue Landtage gewählt worden. In Thüringen ist die AfD unter Björn Höcke erstmals stärkste Kraft geworden - in Sachsen liegt die CDU knapp vor der AfD. Im Saarland wurden die Ergebnisse unterschiedlich aufgenommen.
Bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen hat die AfD starke Gewinne verzeichnet. In Thüringen ist sie mit ihrem Spitzenkandidaten Björn Höcke voraussichtlich erstmals stärkste Kraft.
Dort erreicht die AfD nach dem vorläufigen Ergebnis 32,8 Prozent, die CDU erhält 23,6 Prozent. Auf Platz drei liegt das Bündnis Sahra Wagenknecht, das auf Anhieb 15,8 Prozent der Stimmen erhält. Der bisherige Ministerpräsident Bodo Ramelow kommt mit seiner Partei, der Linken, nur noch auf 13,1 Prozent.
In Sachsen liegt die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer mit 31,9 Prozent vorn - allerdings recht knapp vor der AfD, die auf 30,6 Prozent kommt. Auf Platz drei auch hier das BSW mit 11,8 Prozent.
Die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP müssen in beiden Bundesländern starke Verluste hinnehmen. Die SPD fährt einstellige Ergebnisse ein. In beiden Ländern war die Wahlbeteiligung mit über 70 Prozent deutlich höher als bei der Wahl vor fünf Jahren.
Kommentar
Reaktionen aus dem Saarland
Der saarländische Landesvorsitzende der AfD, Carsten Becker würde seine Partei gerne mit der CDU in einer möglichen Regierung sehen. Er sagte im SR, es komme jetzt darauf an, dass die anderen Parteien mit der AfD Gespräche führten, um eine Regierung bilden zu können.
"Die CDU steht jetzt vor dem Scheideweg, will man mit der Linken und BSW die Politik fortsetzen, die man in Sachsen z. B. mit SPD und Grünen gemacht hat oder man will konservative, patriotische Politik machen. Da ist nur die AfD als Partner zur Verfügung."
Christoph Schaufert, stellvertretender Vorsitzender der saarländischen AfD-Landtagsfraktion, sprach davon, dass sich die CDU in einen Abgrund stürzen würde, wenn sie Bündnisse mit Parteien aus dem linken Spektrum eingehen würde, nur um die AfD zu verhindern.
Schaufert bestritt, dass die AfD "extrem rechts" sei. Dass ihr Thüringer Spitzenkandidat Björn Höcke laut einem Gerichtsurteil als "Faschist" bezeichnet werden darf, beziehe sich nur auf eine Meinungsäußerung. Darüber hinaus seien die Positionen der thüringischen AfD-Fraktion "genau dieselben" wie die der saarländischen, so Schaufert.
CDU will beide Ministerpräsidenten stellen
Der Generalsekretär der Saar-CDU, Frank Wagner, wertet die Ergebnisse der Landtagswahlen als "Klatsche für die Ampel". Mit den Ergebnissen der CDU sei er zufrieden. Vor allem in Thüringen rechne er mit schwierigen Verhandlungen. Aber es gebe Signale, dass auch dort der Ministerpräsident von der CDU gestellt werden würde.
Dass dafür gemäß dem vorläufigen Ergebnis auch Stimmen des BSW und der Linkspartei nötig sind, stelle die Landespolitik in Thüringen wie auch in Sachsen vor eine komplexe Aufgabe, sagte der stellvertretende Vorsitzende der saarländischen CDU-Landtagsfraktion, Roland Theis.
Klar sei für ihn, dass eine Zusammenarbeit mit dem BSW auf Bundesebene wegen dessen Positionen zum Verhältnis zu Russland, zur außen- und sicherheitspolitischen Ausrichtung und zur europäischen Integration für die CDU "undenkbar" sei. Wie sich das BSW auf Landesebene entwickele, wisse hingegen niemand. Deshalb sei es Aufgabe der Landesverbände, das bei Verhandlungen vor Ort herauszufinden.
Zum Umgang mit der Linkspartei, für die in der CDU ebenso wie für die AfD ein Unvereinbarkeitsbeschluss gilt, der eine Koalition oder eine ähnliche Zusammenarbeit ausschließt, habe er als saarländischer, westdeutscher Landespolitiker den ostdeutschen Kollegen keine "klugen Tipps" zu geben.
Eine klare Ansage richtete Theis hingegen an die Ampelkoalition in Berlin. Wenn alle drei Regierungsparteien nur gerade so zweistellig würden, müsse der Kanzler Konsequenzen ziehen: den Weg frei machen für Neuwahlen.
SPD will alles auf den Tisch bringen
Diese Forderung hält SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon nicht für konstruktiv: Zum einen würde die FDP da nicht mitmachen, zum anderen würde es keinen großen Unterschied zum regulären Wahltermin machen.
Einen Neustart müsse es vor allem in der Kommunikation der Ampel geben. Deren inhaltliche Leistungsbilanz sei gut, es sei viel erreicht worden, so Commerçon. Doch die Beteiligte müssten aufhören zu versuchen, sich zulasten ihrer Koalitionspartner profilieren zu wollen.
Zuvor hatte Josephine Ortleb, stellvertretende Landesvorsitzende der Saar-SPD, dem SR gesagt: "Das sind keine Zahlen zum Jubeln, der Abend frustriert mich natürlich. Zum einen als Sozialdemokratin, aber auch wenn ich auf die Ergebnisse der AfD schaue, ist das wirklich ein besorgniserregender Abend."
Es gelinge ihrer Partei nicht, den Menschen Zuversicht zu vermitteln. "Wir müssen uns ganz viele Fragen stellen nach diesem Abend, was wir falsch machen. Für uns muss es jetzt heißen: Alles muss auf den Tisch."
Es sei wichtig, den Leuten die Zukunftsängste zu nehmen und man müsse in der Ampel aufhören zu streiten.
BSW punktet mit Thema Frieden
Ralf Georgi vom Bündnis Sahra Wagenknecht im Saarland (BSW) freute sich im SR über den Erfolg seiner noch jungen Partei: "Das ist der dritte Erfolg in kurzer Zeit. Es ist eine Erfolgsgeschichte." Das BSW hofft, weiterhin mit dem Thema Frieden punkten zu können.
"Ganz wichtig ist für mich das Friedensthema. Wir müssen schauen, dass wir die Kriegsparteien an den Verhandlungstisch bekommen."
Politikwissenschaftler: "Brandmauer wird wohl halten"
Politikwissenschaftler Dirk van den Boom hat im SR die Wahlergebnisse der Wahlen in Thüringen und Sachsen eingeordnet. Er sagte, er gehe davon aus, dass trotz der guten AfD-Ergebnisse die „Brandmauer“ der anderen Parteien halten werde, es also keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde.
Ob CDU und BSW zusammenarbeiten würden, sei aber fraglich, möglicherweise gebe es nur eine Tolerierung und keine Koalition.
Die Tatsache, dass die AfD in Thüringen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde, habe für viele Wähler "keine Rolle gespielt". "Ich glaube nicht, dass für viele Wählerinnen und Wähler das Label 'rechtsextrem' irgendeine ernsthafte Bedeutung hat. Viele Wählerinnen und Wähler benutzen die AfD als Verstärker für ihre eigene Unzufriedenheit", so van den Boom.
Über dieses Thema berichten auch die SR info-Nachrichten im Radio am 01.09.2024.