Eine Lehrerin verteilt Zeugnisse an Grundschüler (Foto: picture alliance / dpa | Michael Löwa)

771 Grundschüler haben das letzte Schuljahr wiederholt

Sandra Schick   03.02.2023 | 06:28 Uhr

Wer in der Schule "eine Ehrenrunde drehen" muss, war früher häufig Stigmatisierung und Spott ausgesetzt. Nach Jahren mit Corona steigt jetzt auch im Saarland wieder der Anteil der Kinder, die eine Klassenstufe wiederholen müssen. Auch an Grundschulen gibt es viele, die ein zusätzliches Jahr brauchen.

Sitzenbleiben oder "eine Ehrenrunde drehen" – das war immer mit einem gewissen Makel behaftet. Hieß es doch, ein Kind hat etwas nicht geschafft, was die anderen in seiner Klasse hinbekommen haben.

Dann kam die Corona-Pandemie und mit ihr geschlossene Schulen, Homeschooling und Hybridunterricht. Maßnahmen, die auf Schülerinnen und Schüler gewaltige Auswirkungen hatten und noch immer haben.

Mehr Schüler wiederholen

Zu Beginn der Pandemie waren die Versetzungsregelungen zeitweise ausgesetzt worden – ein Sitzenbleiben gab es also nicht. Diese Zeit ist nun vorbei. Doch die Lernrückstände könnten sich jetzt zeitverzögert zeigen.

Im Schuljahr 2021/2022 haben nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Deutschland wieder deutlich mehr Kinder und Jugendliche an allgemeinbildenden Schulen eine Klassenstufe wiederholt. Insgesamt betraf dies 155.800 Schülerinnen und Schüler, die entweder freiwillig wiederholten oder im Schuljahr zuvor nicht versetzt worden waren. Das waren 12.200 (acht Prozent) mehr als im Schuljahr 2019/2020.

Auch im Saarland stiegen die Zahlen: Die Wiederholerquote, also der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die eine Klassenstufe noch einmal durchlaufen, lag im Schuljahr 2021/2022 bei 2,1 Prozent. Zwei Jahre zuvor hatte sie im Schuljahr 2019/2020 bei 1,7 Prozent gelegen.

Wie betroffene Kinder und Eltern Rückstufungen erleben - zwei Fallbeispiele
Audio [SR 3, Lena Schmidtke, 03.02.2023, Länge: 03:12 Min.]
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Viele Wiederholer an Grundschulen

Hohe Wiederholerquoten gibt es auch im Bereich der Grundschulen. Wie das Bildungsministerium auf SR-Anfrage mitteilt, haben im Schuljahr 2021/2022 insgesamt 771 Grundschüler eine Klassenstufe wiederholt. Im noch laufenden Schuljahr 2022/2023 sind es bis jetzt 790 Kinder.

Die allermeisten Wiederholungen betreffen Erst- und Zweitklässler: 640 Kinder haben im vergangenen Schuljahr die 1. oder 2. Klasse wiederholt. Im derzeit laufenden Schuljahr sind es bis jetzt 696.

Das Besondere: Das klassische Sitzenbleiben gibt es in der 1. und 2. Klasse im Saarland gar nicht. Vor acht Jahren hat man hier die sogenannte "flexible Schuleingangsphase" eingeführt. Kinder haben seitdem drei Jahre Zeit für die ersten beiden Klassenstufen.

Mehr saarländische Schüler wiederholen ein Schuljahr
Audio [SR.de, Sandra Schick, 03.02.2023, Länge: 00:29 Min.]
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"Rückstufungen immer schwierig"

Trotz dieser Flexibilisierung der ersten beiden Jahre bleiben Wiederholungen eine Belastung für Kinder und Eltern. Das berichtet auch Petra Meyer-Ziemiak, selbst Schulleiterin einer Grundschule und Pressereferentin beim Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV).

"Wir versuchen Rückstufungen zu vermeiden, wo es geht", sagt sie. "Aber manche Kinder brauchen mehr Zeit." Bevor die Entscheidung für ein Verweilen oder Rückstufen erfolge, gebe es immer intensive Absprachen mit den beteiligten Lehrern, den Förderschulkräften, den Eltern und den Schülern. "Man versucht immer erst alle Möglichkeiten auszuschöpfen."

Förderunterricht fällt häufig aus

Zu diesen Gegenmaßnahmen gehört auch gezielter Förderunterricht. "Wenn sich andeutet, dass ein Kind Schwächen hat, versucht man mit Förderunterricht gegenzusteuern", berichtet Meyer-Ziemiak. "Das Kind wird zum Beispiel stundenweise aus der Klasse herausgenommen und bekommt speziellen Unterricht oder hat nach dem normalen Unterricht noch Förderstunden."

Problematisch ist aber: Förderstunden fallen an sehr vielen Schulen häufig aus. Der Grund: Lehrermangel. "Fallen mehrere Lehrkräfte wegen Krankheit aus, springen häufig die Förderlehrkräfte im normalen Unterricht ein, damit dieser gewährleistet bleibt", berichtet Meyer-Ziemiak. Zum Nachteil für die schwachen Kinder.

Rückstufung häufig für Eltern ein Problem

Ist dann irgendwann die Entscheidung gefallen und ein Wiederholungsjahr entschieden, sei das meist eher für die Eltern ein Problem, als für die Kinder, berichtet die Schulleiterin. "Die Kinder finden sich meist schnell zurecht. Für viele ist es am Ende eine Erleichterung", berichtet sie.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 03.02.2023 berichtet.


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