Geplante Preisbremse belohnt extreme Einsparungen
Verbraucherinnen und Verbraucher können von der Teuerungswelle im Energiebereich finanziell profitieren. Der Mechanismus der geplanten Preisbremse sorgt dafür, dass die Endabrechnung sogar niedriger ausfallen könnte als vor der Preiserhöhung – sofern kräftig Energie gespart wird.
Zahlreiche Strom- und Gasanbieter haben bereits angekündigt, zum Jahreswechsel ihre Preise wegen der Energiekrise deutlich anzuheben. Das betrifft auch die Endverbraucher im Saarland. Durch eine kaum beachtete Klausel in der geplanten staatlichen Preisbremse ist es aber möglich, sogar Geld zu sparen. Ein Rechenbeispiel soll das verdeutlichen.
Preisdeckel gilt für 80 Prozent des Verbrauchs
Im Fokus der Medienberichterstattung stand bislang vor allem der 80-Prozent-Deckel beim Strom- bzw. Gaspreis: Für 80 Prozent des im September prognostizierten Verbrauchs für 2023 zahlen deutsche Haushalte zum Beispiel beim Strom maximal 40 Cent pro Kilowattstunde. Jede Kilowattstunde, die über diese 80 Prozent hinausgeht, wird mit dem vollen aktuellen Tarif des Stromanbieters berechnet – dann kann es also schnell teuer werden.
Diese Rechnung funktioniert auch in die andere Richtung. Wer seinen Verbrauch noch mehr als 20 Prozent einschränkt, kann richtig sparen. Jede weitere Kilowattstunde, die man weniger als die 80 Prozent verbraucht, wird ebenso mit dem vollen Tarif des Stromanbieters berechnet und abgezogen.
Rechenbeispiel Strompreisbremse
An einem konkreten Beispiel lässt sich dieser Mechanismus leichter nachvollziehen: Der Strompreis einer durchschnittlichen saarländischen Familie mit vier Personen wird zum Jahreswechsel auf 51 Cent pro Kilowattstunde erhöht. 2022 hat die Familie insgesamt 5000 Kilowattstunden Strom verbraucht. Der Arbeitspreis des Anbieters für eine Kilowattstunde Strom lag damals noch bei 29 Cent, das heißt, die Familie rechnet mit einer Stromrechnung von 1450 Euro für 2022.
Durch den neuen, erhöhten Strompreis pro Kilowattstunde steigen die Stromkosten bei gleichbleibendem Verbrauch auf 2550 Euro an. Der Staat übernimmt davon 440 Euro durch den geplanten Strompreisdeckel, sodass die Familie bei gleichem Verbrauch mit dem neuen Tarif auf eine Summe von 2110 Euro kommt. Diese Summe von 440 Euro ist fix und unabhängig vom Verbrauch der Familie. Sie beschreibt den Entlastungsbetrag für die ersten 4000 Kilowattstunden (80 Prozent des Verbrauchs), den der Staat an die Stadtwerke zahlt.
Der Entlastungsbetrag ist das Produkt aus 80 Prozent des prognostizierten Stromverbrauchs (4000 kWh) mal der Differenz aus neuem Strompreis (51 Cent) und Strompreisdeckel (40 Cent): 4000 x (0,51 Euro - 0,40 Euro) = 440 Euro.
Wenn die Familie im kommenden Jahr 20 Prozent ihres Stromverbrauchs einspart, kommt sie - ohne Preisdeckel - auf eine Summe von 2040 Euro. Auch hier übernimmt der Staat aber 440 Euro, wodurch die Familie nur noch 1600 Euro zahlen muss.
Trotz höherer Strompreise Geld sparen
Für den Fall, dass die Familie sogar ein Viertel ihres vorhergesagten Stromverbrauchs einsparen kann, beträgt die Stromrechnung theoretisch noch 1890 Euro. Auch von diesen Gesamtkosten entfallen 440 Euro auf den Staat, weshalb die Stromkosten für die Familie nur noch bei 1450 Euro liegen - also genauso hoch wie beim vorherigen Preis vor der Erhöhung. Und wird mehr als 25 Prozent eingespart, liegt die Endabrechung 2023 sogar niedriger als im Vorjahr - trotz deutlich höherer Tarife.
Je höher der neue Tarif, desto mehr kann man sparen
Dieser Mechanismus funktioniert bei den Gaspreisen genauso. Und vor allem: Je teurer der neue Arbeitspreis für Strom und Gas ist - und je höher damit die Differenz zwischen neuem Preis und Preisdeckel ist - umso höher fällt die staatliche Subvention aus.
Verbraucherzentrale warnt vor Anbieterwechsel
Die Verbraucherzentrale im Saarland warnt allerdings davor, jetzt zu einem möglichst teuren Anbieter zu wechseln, um von einer höheren staatlichen Subvention zu profitieren. "Tatsächlich gibt es diesen Effekt, dass sich ein teurerer Tarif für Verbraucher lohnen mag. Das gilt allerdings nur für diejenigen, die gegenüber dem Vorjahr mehr als 20 Prozent ihres Verbrauchs einsparen", sagt Esther Sabokat, Rechtsanwältin der Verbraucherzentrale Saarland.
Verbraucher müssten genau prüfen, ob sich ein teurerer Betrag für sie lohnt. So müssten sie mit Sicherheit wissen, dass sie mehr als 20 Prozent einsparen können, da sie sich sonst verspekulieren würden. "Bereits eine Einsparung von mehr als 20 Prozent dürfte für die meisten Verbraucher trotz aller Sparbemühungen nicht sicher vorherzusagen sein", sagt die Rechtsanwältin.
Zusätzlich müssten Verbraucher bedenken, dass dieser Effekt erst bei der Jahresendabrechnung spürbar ist: "Das Vorgehen eignet sich daher nur für Verbraucher, die es sich leisten können, mit höheren Abschlägen in Vorlage zu gehen", so Sabokat.
Zusätzlich müssten Verbraucher sicher sein, dass sie ihren Vertrag spätestens zum 30.04.24 auch kündigen können – andernfalls bleiben sie auf den höheren Preisen sitzen. Auch ein weiterer Punkt sollte bedacht werden: "Bislang ist die Gaspreisbremse lediglich ein Gesetzesentwurf und die Verabschiedung in der vorliegenden Form ist nicht sicher. Zum jetzigen Zeitpunkt würde ich daher niemandem raten, teure Verträge abzuschließen und auf Mitnahmeeffekte zu spekulieren, solange nicht sicher ist, dass die Regelung auch tatsächlich in Kraft tritt", rät die Rechtsanwältin der Verbraucherzentrale Saarland.
Tipps um Energiesparen
Im Saarland lag der Gasverbrauch im Oktober rund ein Drittel unter den Vergleichswerten aus den Vorjahren - es war allerdings auch ein ungewöhnlich milder Oktober. Helfen beim Sparen kann zum Beispiel der verpflichtende Heizungscheck im Saarland für Gasheizungen. Um den Stromverbrauch im Haushalt zu reduzieren, sollte man für Spülmaschine, Waschmaschine und Co. zum Beispiel die Ökoprogramme nutzen. Besonders in der Adventszeit lauern einige Stromfresser-Fallen, die man mit einfachen Tricks wie der Verwendung von LED-Lichterketten umgehen kann.