Auf einem Tisch stehen Fieber- und Schmerzmittelsaft für Kinder.  (Foto: picture-alliance/ dpa | Bernd Thissen)

Mögliche Lösung für Lieferengpässe bei Kindermedikamenten

  10.01.2023 | 18:46 Uhr

Ab 1. Februar sollen die Festbeträge für 180 Medikamente ausgesetzt werden. Das Ziel: Vor allem Kinderarzneimittel sollen damit wieder deutlich besser verfügbar sein. Der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte im Saarland befürwortet die Pläne - mit einer Einschränkung.

Seit Monaten sind verschiedene Medikamente im Saarland immer wieder knapp – vor allem auch für Kinder. Im Dezember hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgeschlagen, die Preisregeln zu lockern, sodass für Kinderarzneimittel 50 Prozent mehr als der aktuelle Festbetrag gezahlt werden kann. Diese Pläne waren jedoch auf rechtliche Hürden gestoßen.

Video [aktueller bericht, 10.01.2023, Länge: 2:11 Min.]
Mögliche Lösung für Lieferengpässe bei Medikamenten

Festbetrag soll ausgesetzt werden

Nun scheint sich aber eine andere Lösung abzuzeichnen. Wie das ARD-Hauptstadtstudio berichtete, sollen die Festbeträge für bestimmte Medikamente ab dem 1. Februar für drei Monate ausgesetzt werden. Das soll für insgesamt 180 Medikamente wie Antibiotika oder auch Säfte und Zäpfchen mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Paracetamol gelten.

"Damit schaffen wir die Voraussetzungen, dass einer weiteren Verschärfung der angespannten Versorgungslage mit Kinder-Arzneimitteln kurzfristig entgegengewirkt werden kann", teilte die zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, der GKV-Spitzenverband, auf ihrer Website mit.

Die bestehenden Lieferprobleme müssten jedoch grundlegend angegangen werden, fordert der GKV-Spitzenverband. Dafür müssten die gesetzlichen Vorgaben geschaffen werden. "Kurzfristig der Pharmaindustrie höhere Preise zu ermöglichen, stellt keine nachhaltige Lösung dar."

"Die Situation in den Apotheken ist etwas prekär"
Audio [SR 3, Moderation: Nadine Thielen, 16.12.2022, Länge: 04:03 Min.]
"Die Situation in den Apotheken ist etwas prekär"

Wieder mehr vor Ort produzieren

Die Vorsitzende des Saarländischen Apothekervereins, Susanne Koch, sieht in dieser Lösung einen Schritt in die richtige Richtung - aber auch nur einen Anfang. Um die Versorgung langfristig sicherzustellen, sei es zum Beispiel wichtig, Medikamente wieder vor Ort zu produzieren.

Auch die IKK Südwest betont, dass man sich mit dem jetzigen Schritt zunächst einmal nur Zeit erkauft habe. Aus Sicht des IKK-Vorstandsvorsitzenden Jörg Loth müsse nun zudem mehr Transparenz geschaffen werden. Insbesondere müssten zum Beispiel die Ärzte wissen, ob das Medikament, das sie verschreiben, dann auch tatsächlich in der Apotheke vorrätig ist.

Mehr Planbarkeit und Entlastung für Eltern

Die Kinder- und Jugendärzte begrüßen die neuen Pläne grundsätzlich. "Wenn die Festbeträge rausgenommen werden, ist die Planbarkeit für die Pharmaindustrie und die Apotheken besser", sagte der Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte im Saarland, Dr. Benedikt Brixius dem SR.

Zudem könne es auch ein Anreiz sein, dass auch in Deutschland wieder mehr Medikamente produziert werden. Denn in der Produktion seien Medikamente für Kinder für die Firmen teurer als Medikamente für Erwachsene. Das liege daran, dass sie anders dosiert werden müssten und eine geringere Stückzahl hätten.

Ein weiterer Vorteil sei, dass die Eltern durch die Aussetzung der Festbeträge entlastet würden. Denn diese hätten bisher teilweise die Differenz für die teureren Medikamente bezahlt.

Budget muss mitbedacht werden

Zu Bedenken gibt Brixius aber, dass diese Lösung nur dann hilfreich ist, wenn auch die Medikamentenbudgets der Ärztinnen und Ärzte mitbedacht werden. Denn die könnten nicht ohne Weiteres Medikamente verschreiben.

Die Krankenkassen würden ein Medikamentenbudget vorgeben, dass die Ärzte einhalten müssen. Wird dieses Budget nicht eingehalten, könnten Regressforderungen an die Mediziner gestellt werden. "Die Aussetzung der Festbeträge macht deshalb nur Sinn, wenn diese Medikamente auch aus den Budgets der Ärzte rausgenommen werden," erklärt Brixius.

Was ist der Festbetrag?

Als Festbetrag wird laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte der maximale Betrag bezeichnet, den die gesetzlichen Krankenkassen für dieses Arzneimittel zahlen. Liegt der Verkaufspreis höher, müssen die Patienten die Differenz selbst zahlen oder erhalten ein gleichwertiges Arzneimittel ohne Aufzahlung.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 10.01.2023 berichtet.


Weitere Themen im Saarland

Trotz Inflation und Energiekrise
Dehoga Saarland gibt sich optimistisch für 2023
Nach drei von Corona gebeutelten Jahren kann die Gastronomiebranche im Saarland wieder aufatmen. Laut dem Präsidenten des saarländischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga ist bereits 2022 vieles besser gelaufen – trotz anderer Krisen.

Revision zurückgenommen
Urteil wegen Mordes an Tankstelle ist rechtskräftig
Das Urteil im Prozess um den Tankstellenmord von Idar-Oberstein ist rechtskräftig. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Verurteilte haben ihre jeweiligen Anträge auf Revision zurückgenommen.

So klappt's auch ohne "grünen Daumen"
Diese fünf Pflanzen brauchen wenig Pflege
Ob mit bunten Blüten oder einfach nur grün: Mit Pflanzen lässt sich jeder Raum verschönern. Doch nicht jeder hat den sogenannten "grünen Daumen". Zum "Ehrentag der Zimmerpflanze" stellen wir fünf pflegeleichte Exemplare vor.

Artikel mit anderen teilen


Push-Nachrichten von SR.de
Benachrichtungen können jederzeit in den Browser Einstellungen deaktiviert werden.

Datenschutz Nein Ja