Apotheker fordern Bürokratieabbau bei Arznei-Tausch
In den Apotheken sind Medikamente knapp. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will das ändern, indem die Hersteller für bestimmte Medikamente mehr Geld bekommen und Krankenkassen andere Verträge abschließen dürfen. Der Apothekerkammer des Saarlandes reicht das noch nicht aus.
Schon seit Wochen berichten Apotheken im Saarland ebenso wie bundesweit über massive Lieferengpässe bei zahlreichen Medikamenten – von Fiebersäften für Kinder über Schmerzmittel bis hin zu Antibiotika und Krebsmedikamenten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat deshalb Änderungen angekündigt.
Mehr Geld und neue Verträge
Hersteller sollen künftig für bestimmte Medikamente bis zu 50 Prozent mehr Geld bekommen. Das soll es attraktiver machen, die Arzneien in Deutschland zu verkaufen. Außerdem sollen Krankenkassen für patentfreie Medikamente in Zukunft andere Verträge abschließen dürfen – nicht mehr nur mit dem billigsten Anbieter. Der sitzt meist in China oder Indien.
Stattdessen soll nun auch ein Vertrag mit einem weiteren Anbieter in Europa abgeschlossen werden. Das soll die Produktion von Medikamenten in Europa stärken.
Saar: „Bringt kurzfristig keine Besserung“
Dem Präsidenten der Apothekerkammer des Saarlandes, Manfred Saar, geht das alles nicht weit genug. „Das Maßnahmenpaket, das jetzt hier genannt worden ist, ist völlig unzureichend und wird kurzfristig keine Besserung bringen, allenfalls mittelfristig“, sagte er dem SR. Außerdem sei es mit einem erheblichen Dokumentationsaufwand verbunden.
Kurzfristig würde es den Apotheken helfen, die bürokratischen Hürden beim Austauschen von Arzneimitteln abzubauen, ist sich Saar sicher. „Wir müssen jetzt Rücksprache mit dem Arzt halten, müssen nachforschen, müssen für die Krankenkassen Begründungen schreiben. Diesen ganz erheblichen Mehraufwand könnte man etwas mindern, indem man zumindest die formalen Vorschriften etwas lockern und uns hier mehr Spielraum geben würde.“
Preisbildung muss angepasst werden
Lauterbachs Vorschlag, Preisvorschriften für Kinderarzneien zu lockern, begrüßt der Präsident der Apothekerkammer. „Es ist der richtige Weg. Man müsste einmal über alle Festbeträge reden, die ja jetzt teilweise seit über einem Jahrzehnt nicht verändert worden sind.“ Die Preisbildung müsse gegebenenfalls angepasst werden, damit man nicht von einem Lieferengpass zum nächsten komme.
Auch die Idee, eine nachhaltige Produktion in Europa zu unterstützen, hält Saar für richtig – schränkt aber ein: „Wenn ein Hersteller seinen Firmensitz in Deutschland hat, dann bedeutet das ja noch lange nicht, dass die Rohstoffe, die er für seine Produktion bezieht, auch aus Deutschland kommen. Hier müsste man genau hinschauen, ob ein europäischer Hersteller tatsächlich von den Rohstoffen bis hin zur Auslieferung die ganze Lieferkette in Europa, aus meiner Sicht besser noch in Deutschland, durchziehen könnte.“
Mehrkosten erwartet
Dass das nicht umsonst zu erreichen ist, ist auch für Saar völlig klar. „Das wird natürlich Mehrkosten verursachen.“ Die Apothekerkammer fordere das aber schon seit Jahren. „Nur hat sich in der Politik bisher niemand so richtig darum bemüht.“
Über dieses Thema hat auch die SR 3 Region am Nachmittag vom 20.12.2022 berichtet.