Saarländische Klima-Aktivisten demonstrieren bei Lützerath
Lützerath in Nordrhein-Westfalen soll dem Kohlebagger weichen – seit Tagen ist der Ort abgeriegelt. Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag vor Ort gegen den Kohleabbau demonstriert, darunter auch rund 130 Klima-Aktivisten aus dem Saarland. Am Rande der Proteste ist es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen.
Rund 130 Anhänger der Klimabewegung Fridays for Future Saarland hatten sich am Samstagmorgen mit drei Reisebussen auf den Weg nach Lützerath ins nordrhein-westfälische Braunkohlerevier gemacht. Sie haben dort an einer Großdemonstration teilgenommen, zu der nach Polizeiangaben insgesamt rund 10.000 Menschen gekommen sind. Die Veranstalter der Demo selbst sprechen von 35.000 Teilnehmern.
Sie wollen verhindern, dass der Ort geräumt und die darunter befindliche Braunkohle abgebaut wird. "Wenn Lützerath nicht erhalten bleibt, ist das ein Symbol für die gescheiterte Klimapolitik Deutschlands", hieß es vorab in einer Mitteilung von Fridays for Future Saarland. Mit dem Abbau und Verbrennen der 280 Millionen Tonnen Braunkohle unter dem Dorf im rheinischen Braunkohlerevier werde Deutschland die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Klimaabkommens überschreiten.
Auseinandersetzungen mit der Polizei
Am Rande der Demonstration ist es am Samstag zu Zusammenstößen zwischen Klima-Aktivisten und der Polizei gekommen. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Ein Polizeisprecher sagte, man müsse "unmittelbaren Zwang" anwenden, um die Demonstranten daran zu hindern, nach Lützerath oder in das Tagebaugebiet vorzudringen. Nach Angaben der Polizei wurden dabei auf beiden Seiten Menschen verletzt.
Hauptrednerin bei der Kundgebung war die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg. "Lützerath ist noch da, und solange die Kohle noch in der Erde ist, ist dieser Kampf nicht zu Ende", sagte die 20-Jährige. Es sei ihr unbegreiflich, dass im Jahr 2023 noch immer Kohle abgebaggert und verfeuert werde, obwohl zur Genüge bekannt sei, dass der dadurch ausgelöste Klimawandel in vielen Teilen der Welt Menschenleben koste.
In der Nacht zum Sonntag soll sich die Lage wieder entspannt haben. Die Polizei will die Räumung von Lützerath am Sonntag fortsetzen.
Lützerath laut Habeck nicht mehr zu retten gewesen
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen hatte mehrfach den Kompromiss verteidigt, der zur Abbaggerung des Ortes führt. "Lützerath ist nicht das Weiter-So der Energiepolitik der Vergangenheit", sagte Habeck am Mittwochabend im "heute journal" des ZDF. Es sei ein Schlussstrich und das Ende der Braunkohleverstromung in Nordrhein-Westfalen.
Er betonte, dass der Kohleausstieg um acht Jahre vorgezogen worden sei, Lützerath aber nicht mehr zu retten gewesen sei. "Mit großem Respekt vor der Klimabewegung ist meiner Ansicht nach der Ort das falsche Symbol", fügte Habeck hinzu.
Welcher Kompromiss wurde getroffen?
Habeck und die grüne nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur hatten sich im Oktober 2022 mit dem Unternehmen RWE auf den vorgezogenen Braunkohleausstieg 2030 verständigt. Die Vereinbarung sieht außerdem vor, die noch zur Verstromung verfügbare Braunkohlemenge im Tagebau Garzweiler II auf rund 280 Millionen Tonnen zu halbieren.
Fünf bislang von Umsiedlung bedrohte Dörfer im rheinischen Revier – Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Berverath – sollen erhalten bleiben.
Mehr zu den Hintergründen hat die Tagesschau in diesem Beitrag zusammengefasst: Lützerath und der Kampf um die Kohle.
Über dieses Thema berichteten die SR-Hörfunknachrichten am 14.01.2023.