Geplante Ansiedelung von Wolfspeed "ist ein großer Wurf" fürs Saarland
Noch ist der Deal nicht endgültig durch. Aber es gibt sehr konkrete Hoffnungen auf eine neue Großansiedelung im Saarland. Der US-Konzern Wolfspeed plant den Bau einer Halbleiterfabrik in Ensdorf, es geht um eine Milliardeninvestition und bis zu 1000 neue Arbeitsplätze. Ein denkbar großer Wurf im Strukturwandel, findet Janek Böffel in seinem Kommentar.
Es war lange das bestgehütete Geheimnis der Landesregierung. Verstohlene Andeutungen über eine neue Ansiedelung hörte man immer wieder. Ein Halbleiterhersteller aus den USA, was großes ganz sicher, aber mehr sagen oder gar zitiert werden, das wollte niemand.
Seit über einem Jahr laufen die Gespräche, und nein, noch ist die Tinte nicht trocken unter den Verträgen. Ansiedelungspolitik ist immer auch Stillschweigen und Geheimniskrämerei. Die Konkurrenz ist groß, strukturschwache und starke Regionen, die sich nach einem solchen Projekt die Finger lecken und bereit sind sich gegenseitig zu überbieten, gibt es viele.
Wandel hin zur E-Mobilität wird auch im Saarland greifbar
Und gerade deshalb ist diese Ansiedelung ein großer Wurf. Ja, weil sich das Saarland gegen große Konkurrenz durchgesetzt hat. Gegen andere Standorte mit am Ende vielleicht sogar größeren Geldbeuteln. Denn ohne Subventionen nur der schönen Landschaft wegen kommt heute längst niemand mehr.
Aber diese Ansiedelung ist vor allem deshalb ein großer Wurf, weil sie so perfekt ins Portfolio dieses Landes passt, weil sie sinnbildlich dafür stehen könnte, dass auch im Verbrennerland Saarland der Wechsel hin zur E-Mobilität greifbar wird.
Ja, es sieht nach dem Weggang von Ford tatsächlich so aus, als würden hier im Autoland möglicherweise keine Autos mehr gebaut. Aber SVolt und vielleicht noch mehr Wolfspeed können zeigen, dass es das gar nicht braucht um Autoland zu sein. Das gilt für neue Fabriken, aber auch die bestehenden. Aus dem schönen, aber in vielen Punkten vagen Versprechen von ZF, Saarbrücken zum Leitstandort für E-Mobilität zu machen, wird nun eine echte Perspektive.
Das Wachstumspotenzial ist groß
Halbleiter aus Siliziumkarbid mögen noch eine untergeordnete Rolle spielen. Doch das Wachstumspotenzial ist groß. Die Kunden von Wolfspeed sind nicht irgendwer, sondern Hersteller aus dem obersten Regal. Für sie rückt das Saarland damit nicht nur als kriselnde verlängerte Werkbank in den Fokus, sondern als ein Ort, an dem Zukunftstechnologie produziert wird. Das kann auch den Zulieferern im Land Hoffnung machen, deren Sorgen nach der Ford-Entscheidung erdrückend groß waren.
Ja, es gehört zur Wahrheit dazu, diese Ansiedelung spielt nicht in derselben Liga wie die 17-Milliarden-Euro schwere Intel-Ansiedelung in Magdeburg. Und ja, bis zu 1000 Arbeitsplätze werden längst nicht den Jobabbau bei Ford kompensieren. Aber sie ist trotzdem mehr als ein Lebenszeichen dieses Landes.
Neuer Schwung im Aufholrennen
So wichtig der Umbau der Stahlindustrie für die Arbeitsplätze und die Identität dieses Landes sein mag, so könnte diese Halbleiterfabrik noch mehr ein Wink sein, dass dieses Land auch Zukunft kann. Dass es nicht nur bestehendes am Leben zu erhalten versucht, sondern auch attraktiv für Neues ist. Mit einer Halbleiterfabrik ist der Strukturwandel noch längst nicht gelungen, der Rückstand zum Rest der Republik längst nicht aufgeholt. Aber sie gibt im Aufholrennen wieder neuen Schwung.
Und dass diese Halbleiterfabrik für E-Autos nun genau dort entsteht, wo noch vor kurzem schwarze Kohle zur Stromerzeugung verbrannt wurde, ist eine schöne Pointe der Geschichte und der Ansiedelungspolitik. Zumindest dann, wenn die Tinte endlich trocken ist.