Innenminister Jost weist Kritik an Containerdorf zurück
Auf dem ehemaligen Bergwerk-Gelände in Ensdorf wird an einem Containerdorf gearbeitet, in dem 300 Geflüchtete ab Januar übergangsweise unterkommen sollen. An diesem Vorhaben von SPD-Innenminister Jost gibt es allerdings viel Kritik. Die Rede ist unter anderem von menschenunwürdigen Zuständen.
Der Bau für eine zusätzliche Flüchtlingsunterkunft am ehemaligen Bergwerk Ensdorf läuft auf Hochtouren. Auf einer Grundstücksfläche von 10.000 Quadratmetern entsteht dort derzeit ein Containerdorf, das für 300 Personen ausgelegt ist und im Januar bezugsfertig sein soll. Die Gesamtkosten inklusive des Betriebs für ein Jahr belaufen sich auf etwa 9,7 Millionen Euro.
Derweil ist Kritik an der Unterkunft laut geworden. Demnach seien die Bedingungen dort mehr als fragwürdig; drei Geflüchtete sollen sich beispielsweise ein rund 14,5 Quadratmeter großes Zimmer teilen – laut einem Meinungsbericht der Saarbrücker Zeitung hat das „mit Menschenwürde nur noch wenig zu tun“.
Flüchtlingsrat kritisiert "Abschreckungspolitik"
Auch der Saarländische Flüchtlingsrat kritisiert das Containerdorf. "Für uns ist diese Unterbringung eine Fortsetzung der Bouillonschen Abschreckungspolitik", so Tobias Schunk, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates. Das sei das Gegenteil von Willkommenskultur. "Das ist ein Lager Lebach 2.0 - nur unter noch schlechteren Bedingungen."
Ahrtal-Opfer hätten Container auch genutzt
Innenminister Reinhold Jost (SPD) weist die Kritik im SR-Gespräch zurück: „Diese Container dienen für einen Übergang von einigen wenigen Wochen für bis zu drei Personen.“ Letztlich könnten dort auch weniger untergebracht sein. Zudem sei der Begriff „Wohncontainer“ tatsächlich nicht der richtige, Schlaf- oder Ruheraum treffe es eher. Gemeinschaftseinrichtungen, Küche und andere Aufenthaltsräume befänden sich in anderen Containern und Großzelten.
Von menschenunwürdigen Zuständen könne insofern keine Rede sein – zumal die Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal genau diese Container über viele Monate in Anspruch genommen hätten und sich über die Zustände nicht beklagt hätten, so Jost. Im Gegenteil, sie seien „sehr dankbar“ gewesen.
Kommunen Luft verschaffen
Mit dem Bau des Containerdorfes habe man „geschafft, das zu erfüllen, was von den Kommunen gefordert wurde, nämlich ihnen Luft zu verschaffen“. Vordergründiges Ziel sei nach wie vor, langfristigen Wohnraum für Geflüchtete sicherzustellen. „Ich bin jeden Tag in Gesprächen mit Investoren und entsprechenden Organisationen, ebenso mit den Kirchen, um Wohnungen zu aktivieren.“
Eine andere Alternative für die vorübergehende Unterbringung der vielen Geflüchteten hätte es laut Jost nicht gegeben. „Hätten wir sie in Schulturnhallen oder Mehrzweckhallen untergebracht, wäre die Folge gewesen, dass Vereine diese nicht hätten nutzen können.“ Darüber hinaus wäre der Standard deutlich schlechter gewesen, Privatsphäre hätten die Bewohnerinnen und Bewohner dort noch weniger gehabt.
In spätestens einem Jahr sollen demnach genügend andere Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen – das Containerdorf hätte dann ausgedient. „Das geht durch Umbauten, Sanierungen und Inwertsetzungen. Das geht aber auch durch modulares Bauen, also durch neue zusätzliche Wohnungen.“
Aufenthalt maximal acht Wochen
Dass das Containerdorf nicht für Geflüchtete aus der Ukraine gedacht sei, hatte ebenso Fragen aufgeworfen – werden im Saarland bewusst Unterschiede zwischen Geflüchteten gemacht? Jost ärgert sich über diese Unterstellung. „Es geht um zwei unterschiedliche Rechtskreise.“ Die Menschen aus der Ukraine hätten freie Wohnwahl, sie könnten nicht zugewiesen werden.
„Mit Blick auf diejenigen, die nach Ensdorf kommen sollen, ist ausdrücklich deren Bleibeperspektive die Begründung – weil sie dort nach einer Übergangszeit von vier bis acht Wochen eben in andere Liegenschaften, in die jeweilige zugewiesene Kommune kommen sollen“, bekräftigt Jost. Daran könne er nichts Schlimmes erkennen.
"Brauchen mehr Zeit und Geld"
Der Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetages, Jörg Aumann (SPD), pflichtet Jost bei. „Der Aufbau einer Dependance zur Landesaufnahmestelle bleibt angesichts der aktuellen, dynamischen Lage richtig und wichtig“. Sie werde dazu beitragen, dass die Geflüchteten nicht noch schneller als ohnehin schon auf die Kommunen verteilt werden, wo kaum noch privater Wohnraum zur Verfügung steht. „Wir brauchen Zeit und Geld zur Herrichtung von Wohnraum.“
Es sei dabei klar, dass ein Containerdorf nur eine vorübergehende Unterbringung sicherstellen könne. Bei derart hohen Zugangszahlen wie seit vielen Wochen und Monaten brauche es aber Zwischenlösungen. „Dabei ist ein Containerdorf eine sinnvolle Möglichkeit, wobei auch jeder weiß, dass eine solche Unterbringung nicht von Dauer sein kann.“
Über dieses Thema hat auch die SR 3 Region am Nachmittag am 30.12.2022 berichtet.