Der angeklagte Pathologe berät sich mit seinem Anwalt (Foto: SR)

Gutachter bestätigt Falschdiagnosen von St. Ingberter Pathologen

Thomas Gerber   08.02.2023 | 14:12 Uhr

Der wegen falscher Krebsdiagnosen verurteilte Pathologe Thomas H. aus St. Ingbert muss sich seit dieser Woche erneut vor dem Landgericht Saarbrücken verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Totschlag wegen zwei Fehldiagnosen vor. Ein Gutachter hat diese am Mittwoch bestätigt.

Im Totschlagsprozess gegen den St. Ingberter Pathologen Thomas H. hat ein Sachverständiger die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weitgehend bestätigt.

Der Experte von der Universität Kiel erklärte am Mittwoch vor dem Landgericht, bei beiden von ihm untersuchten Gewebeproben habe es jeweils Hinweise für eine bösartige Erkrankung gegeben. In einem Fall sei die Diagnose "schwarzer Hautkrebs" eindeutig gewesen. Für die Falschdiagnose des Angeklagten, der von abgestorbener Haut nach einer Verletzung durch einen Holzsplitter ausgegangen war, gebe es keine Erklärung.

Die Staatsanwaltschaft wirft H. im aktuellen Verfahren Totschlag beziehungsweise versuchten Totschlag vor. Obwohl er selbst aufgrund einer Suchterkrankung und einer akuten Depression einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente gestellt habe, habe er weiter zahlreiche Gewebeproben untersucht. H. habe somit zumindest billigend in Kauf genommen, gravierende Fehldiagnosen zu stellen.

Ein Patient nach Falschdiagnose gestorben

Aktuell sind dabei zwei Fälle angeklagt, in denen jeweils eine Hautkrebserkrankung nicht erkannt worden war. In einem Fall wurde der Tumor erst eineinhalb Jahre später entfernt, so dass sich durch die verspätete Diagnose die Heilungschancen verringert haben. In dem zweiten Fall verstarb der Patient ein Jahr nach der fehlerhaften Diagnose. Der Krebs hatte inzwischen zahlreiche Organe befallen.

Der Pathologe H. war im Sommer vergangenen Jahres wegen ähnlich gelagerter Fälle und Bestechung bereits zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Nach dem Urteil war er vorübergehend auf freien Fuß gekommen. Inzwischen befindet er sich wieder in Haft.

Welche Rolle spielte Ärztekammerpräsident Mischo?

Ob sich im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen H. auch der Präsident der Ärztekammer Josef Mischo vor Gericht verantworten muss, ist noch offen. Das Landgericht hatte die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Mischo wegen Körperverletzung und versuchten Totschlags, wie es hieß, zunächst aus "rechtlichen Gründen" nicht zugelassen. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft umgehend Beschwerde eingelegt. Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über diese Beschwerde steht noch aus.

Mischo soll über die Suchtprobleme von H. informiert gewesen sein. Er soll dann aber die Approbationsbehörde nicht eingeschaltet haben, so dass H. sein Institut in St. Ingbert weiter betreiben konnte.


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