Brief an Grünen-Mitglieder sorgt für neuen Ärger
Knapp sechs Wochen nach dem Listendebakel der Saar-Grünen gibt es neue Irritationen zwischen dem Bundes- und dem saarländischen Landesvorstand. Grund ist ein Schreiben des Bundesvorstandes an alle Mitglieder der Saar-Grünen.
In einem auf den 30. August datierten Schreiben des Bundesvorstands werden alle rund 1900 Saar-Grünen aufgefordert, ihre Mitgliedschaft bei den Grünen schriftlich zu bestätigen. Andernfalls, so heißt es am Ende des zweiseitigen Anschreibens, behalte man sich eine Sperrung der Daten vor. Stichtag für die Rückmeldung war demnach der 15. September.
Als Begründung für die Abfrage führt der Bundesvorstand die Datenschutzgrundverordnung an. Der Landesvorstand reagierte darauf per Anwaltsschreiben. Der Anwalt äußert in dem Brief, der dem SR vorliegt, Zweifel an der rechtlichen Grundlage des Vorgehens. Die Datenschutzgrundverordnung rechtfertige die Abfrage seiner Auffassung nach jedenfalls nicht.
Bundesvorstand hat Landesvorstand übergangen
Irritiert zeigt sich der Landesvorstand zudem davon, dass er über die Abfrage nicht vorab informiert worden sei. Eine entsprechende E-Mail sei erst am 1. September eingegangen, zwei Tage nachdem die Briefe an die Mitglieder verschickt worden sind. Der Anwalt bezeichnet dies als „unfreundlichen Akt“.
Der Bundesvorstand spricht im Anschreiben an die Mitglieder davon, dass es Hinweise gebe, wonach nicht alle Mitgliedschaften ordnungsgemäß zustande gekommen seien. Das sei „nicht akzeptabel“. Zudem werden die Mitglieder explizit darauf hingewiesen, dass der Mitgliedsbeitrag ein Prozent ihres Nettoeinkommens betragen soll – und das mit dem Verweis auf den „geringen durchschnittlichen Mitgliedsbeitrag im Landesverband“.
Landesvorstand bezweifelt Prüfkompetenz
Nach Ansicht des Landesvorstandes hätte bei berechtigten Zweifeln an der Richtigkeit der Mitgliederzahl der Landesverband selbst prüfen müssen. Die Satzung der Grünen sehe schließlich einen dezentralen Aufbau der Partei vor.
Inzwischen versuchen beide Seiten, die Wogen zu glätten. Der Landesvorstand sagte am Mittwoch ein bereits zugesagtes Interview mit dem SR ab und verwies auf konstruktive Gespräche mit der Bundesspitze.
Die Aktion könnte die Saar-Grünen aber durchaus Mitglieder kosten – auch wenn ein Parteiausschluss allein aufgrund der Nicht-Beantwortung des Schreibens kaum denkbar ist. Die Hürden für einen Rauswurf liegen hoch, auch dann, wenn ein Mitglied seine Beiträge nicht zahlt.
Aktion könnte Mitglieder kosten
Dennoch könnte das Schreiben mit dem Hinweis auf die Höhe des Mitgliedsbeitrags dazu führen, dass einige freiwillig die Partei verlassen – etwa, wenn sie nach den Querelen der vergangenen Monate ohnehin schon mit dem Gedanken des Austritts spielen.
Die Anzahl der Mitglieder in den einzelnen Ortverbänden ist unter anderem ausschlaggebend für die Zusammensetzung der Delegierten bei Parteitagen. Mitgliederstärkster Ortsverband ist mit Abstand Saarlouis, der rund ein Drittel aller saarländischen Grünen beheimatet. Der nächste Parteitag soll am 21. November stattfinden. Dann wählen die Grünen einen neuen Landesvorstand.
Über dieses Thema berichten auch die SR-Hörfunknachrichten am 15.09.2021.