Die Baustellen der SPD-Landesregierung
Wirtschaftspolitisch hat die SPD-Landesregierung im ersten Regierungsjahr bereits entscheidende Weichen gestellt. Das kommt bei Verbänden und Gewerkschaften gut an. Doch vor allem in Sachen Fachkräftemangel und Klimaschutz habe die Landesregierung noch viel Arbeit vor sich.
Die wohl wichtigste Entscheidung, die die SPD-Landesregierung in ihrem ersten Jahr im Amt getroffen hat, war die Einrichtung des sogenannten Transformationsfonds in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro, der hauptsächlich durch neue Schulden finanziert wird. Dafür erhält sie von Seiten der saarländischen Wirtschaft und des Deutschen Gewerkschaftsbundes Lob.
Mit dem Fonds habe man die Möglichkeit geschaffen, „auch große Investitionen im Land zu finanzieren“, sagt der Hauptgeschäftsführer der saarländischen Industrie- und Handelskammer IHK, Frank Thomé. Allerdings müsse bei der Umsetzung sichergestellt werden, dass dessen Mittel „effizient und ausschließlich investiv“ verwendet werden, so Thomé.
Auch die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände VSU betont, dass von dieser Linie nicht abgewichen werden dürfe. Außerdem müsse der überwiegende Teil der geförderten Projekte so „rentierlich“ sein, dass auch die Tilgung der Schulden gesichert sei.
Entlastungen und Fachkräftemangel
Damit die Transformation gelinge, erwartet die Wirtschaft neben finanzieller Unterstützung zudem den Abbau von Belastungen, die insbesondere durch zunehmende Bürokratie entstünden. Die IHK fordert darüber hinaus eine Absenkung der Gewerbesteuer. Und die VSU sieht Handlungsbedarf beim Thema Industriefläche.
Viel zu tun habe die Landesregierung auch noch beim Thema Fach- und Arbeitskräftemangel. Das sagen sowohl die IHK als auch der Deutsche Gewerkschaftsbund. Der DGB bringt dafür einen Ausbildungsfonds ins Spiel, wie ihn Bremen beschlossen habe. Dort hat die IHK allerdings rechtliche Schritte gegen das Mittel angekündigt, das aus Abgaben von Unternehmen finanziert werden soll.
Anstrengungen beim sozialen Strukturwandel gefordert
Den gleichen Ehrgeiz wie beim wirtschaftlichen Strukturwandel wünscht sich der Sozialverband VdK von der Landesregierung beim Umgang mit dem sozialen Strukturwandel, der sich aus der zunehmenden Alterung und verbreiteten Armut der saarländischen Bevölkerung ergebe.
Um Letztere zu vermeiden, brauche es Reformen etwa bei der Integration von Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt, sagt der VdK-Landesvorsitzende Armin Lang. Und weil das Saarland besonders stark altere, müsse mehr dafür getan werden, gut ausgebildete Menschen im Saarland zu halten und sie anzuwerben. Dafür müssten insbesondere im medizinischen Bereich die Arbeitsbedingungen verbessert werden.
Kritik am Klimaschutzgesetz und mangelnder Mobilitätswende
Weiter Kritik gibt es am saarländischen Klimaschutzgesetz. Bei diesem wichtigen Thema habe die Regierung nur Ziele vorgegeben, ohne den Weg zu skizzieren, bemängelt die VSU. Dadurch entstünden auch für die Industrie große Risiken. „Vor allem gibt es keinen Plan B, wenn der wahrscheinliche Fall eintritt, dass die sehr optimistisch gewählten Ziele nicht erreicht werden“, so VSU-Hauptgeschäftsführer Martin Schlechter.
Noch schärfere Kritik übt der Verkehrsclub Deutschland VCD an der Verkehrspolitik der Landesregierung. Dort gebe es noch nicht einmal Ziele. „Die saarländische Sondersituation und Schlusslichtrolle ist angesichts des Verkehrs als Sorgenkind der Klimaschutzpolitik besonders besorgniserregend“, sagt der stellvertretende VCD-Landesvorsitzende Werner Ried.
Fortschritte habe es immerhin bei Finanzierungsfragen und bei der Ausweitung des Busangebots gegeben. Beim Rad- und Schienenverkehr gebe es die hingegen nicht. Es müsse endlich eine Radverkehrsplanung vorgelegt werden. „Ein klares Ziel ist überfällig und spätestens im saarländischen Klimaschutzgesetz/-konzept zu verankern“, so Ried.
Personalbedarf bei der Polizei
Das größte Problem der saarländischen Polizei ist der Personalmangel, da sind sich die zuständigen Gewerkschaften einig. Während jedoch die Gewerkschaft der Polizei, deren Landesvorsitzender David Maaß auch für die SPD im Landtag sitzt, die 130 Anwärterinnen und Anwärter bei 70 Pensionierungen 2023 als „größtes Personalplus der letzten 20 Jahre bei der saarländischen Polizei“ lobt, ist die Landesregierung für die Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Die DPolG kritisiert die Personalberechnungen, die etwa ungeplante Abgänge und Ausfälle außer Acht ließen. Beide Gewerkschaften fordern neben mehr Personal auch finanzielle Zulagen für besondere Belastungen von Polizisten.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 25.04.2023 berichtet.