CDU will zurück zu G9 an Gymnasien
Die CDU will im Saarland zurück zum Abitur nach neun Jahren. Der Vorsitzende und Spitzenkandidat für die Landtagswahl Tobias Hans kann sich sogar noch weitere Änderungen im Schulsystem vorstellen. Die SPD sieht ein Wahlkampfmanöver.
Es könnte eines der Kernthemen des Wahlkampfs im Saarland werden: An den Gymnasien soll wieder flächendeckend G9 eingeführt werden, fordert CDU-Spitzenkandidat Tobias Hans.
Möglicher Start 2023
"Jugendliche brauchen mehr Zeit, um den wirklich immer wachsenden Anforderungen gerecht zu werden", sagte Hans. Daher wolle man den Schülern wieder ein Jahr mehr geben, "zum Lernen, zum Arbeiten, zum Forschen".
Eine Einführung könnte schon 2023 folgen. An den Gemeinschaftsschulen soll das Abitur weiterhin nach neun Jahren möglich sein.
Immer wieder Diskussionen um G8
Damit rückt die CDU nach 20 Jahren von G8 ab. 2001 hatte die damalige CDU-Regierung das Abitur nach acht Jahren Gymnasialzeit eingeführt.
Seitdem hatte das Modell immer wieder für Diskussionen gesorgt. 2018 war ein Volksbegehren dazu gescheitert. Man habe Verbände und Experten angehört, die jetzige Entscheidung sei das Ergebnis, so Hans. Der Zeitpunkt für Reformen sei jetzt da.
Um die Pläne umzusetzen, werden langfristig rund 100 Gymnasiallehrer zusätzlich gebraucht. Die Kosten würden sich auf rund sechs Millionen Euro belaufen.
SPD wirft CDU Wahlkampfmanöver vor
Die SPD im Saarland sieht in den Plänen der CDU ein Wahlkampfmanöver. Man hätte die Wiedereinführung von G9 auch in dieser Legislatur bereits durchführen können, da sei eine Debatte aber weder möglich noch gewünscht gewesen, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD).
Auch die SPD sei dafür, G9 an Gymnasien wieder einzuführen. Dafür seien jedoch große Investitionen in Räume und deutlich mehr Lehrerstellen notwendig. Dagegen habe sich die CDU stets gestemmt.
Gleiche Bedingungen gefordert
Der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Ulrich Commerçon wirft der CDU zudem einen einseitigen Fokus auf Gymnasien vor. Gemeinschaftsschulen und berufliche Schulen hätten echte Gleichwertigkeit verdient, mit qualitativ gleichen Bedingungen für Schülerinnen und Schüler und einer entsprechenden Bezahlung der Lehrkräfte.
100 zusätzliche Gymnasiallehrerinnen und -lehrer seien nicht ausreichend. Es brauche auch mehr Klassenräume, höherwertige Funktionsräume, kleinere Klassen und mehr Doppelbesetzungen.
Die Landesregierung müsse nun ein klares Gesamtkonzept zur Umsetzung von G9 vorlegen, fordert die bildungspolitische Sprecherin und Fraktionsvorsitzende der Fraktion Saar-LINKE, Barbara Spaniol. Insbesondere die Gemeinschaftsschulen bräuchten kleinere Klassen und mehr Personal, da sie zu einem großen Teil die Aufgaben der Inklusion stemmen müssten.
Profile der Schulen schärfen
Die von der CDU vorgeschlagene Rückkehr zu G9 ist Teil einer sogenannten Qualitätsoffensive. Darin ist unter anderem geplant, die Inhalte an den weiterführenden Schulen zu überprüfen und zu überarbeiten.
Das Konzept sieht außerdem vor, die Unterscheidbarkeit von Gymnasium, Gemeinschaftsschule und Berufsschulen zu schärfen. Man müsse den Eltern auch klar machen, wo die Unterschiede liegen, sagte Hans.
Unterschiedlicher Fokus
Die Gemeinschaftsschule soll den Fokus auf die Vorbereitung zur Ausbildung legen. Zum Ausgleich will Hans dort ein sogenanntes Förderband zur Abitur-Vorbereitung einführen. Ab der siebten Klasse sollen die Schülerinnen und Schüler insbesondere in den Kernfächern in unterschiedlichen Lernniveaustufen unterrichtet werden.
Die Gymnasien sollen hingegen zur Vorbereitung auf ein Studium dienen. Dort soll unter anderem das Fach Informatik verbindlich ab der fünften Klasse eingeführt werden. Geplant ist zudem, das Niveau der Prüfungsleistungen anzuheben. Insgesamt soll an den Gymnasien der Wissenschaftsbezug gestärkt werden.
Verbindliche Empfehlung von Grundschulen
Gefordert wird zudem, dass die verbindliche Grundschulempfehlung wieder eingeführt wird. Damit sollen Losverfahren und Fehlwahlen verhindert werden.
Für die Schülerinnen und Schüler, die keine Empfehlung erhalten, soll eine Aufnahme neben einem erweiterten Zulassungsverfahren auch aufgrund einer pädagogischen Beratung durch die Schulleitung des Gymnasiums möglich sein.
GEW spricht von "Wahlkampfgetöse"
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sieht in dem Vorstoß der CDU zum jetzigen Zeitpunkt "reines Wahlkampfgetöse". Bevor die knappen Haushaltsmittel für ein derart umstrittenes Vorhaben veranschlagt würden, müssten zunächst die Hausaufgaben der abgelaufenen Legislatur erledigt werden, so die GEW-Landesvorsitzende Birgit Jenni. Dazu gehörten unter anderem deutlich mehr Planstellen und der weitere Ausbau der multiprofessionellen Teams.
SLLV: Alle Schulformen brauchen Unterstützung
Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV) sieht in den Plänen eine Herabstufung der Gemeinschaftsschulen. "Eine Qualitätsoffensive darf nicht nur an den Gymnasien zum Tragen kommen", sagte die stellvertretende Landesvorsitzende Elke Boudier. Besonders nach der Corona-Krise benötigten alle Schulformen Unterstützung.
FDP fordert neue Fächer
Der stellvertretende FDP-Landesvorsitzende Marcel Mucker forderte noch weitreichendere Änderungen in der Bildung, vor allem an Lehrplan und Fächern.
"Mit der flächendeckenden Einführung der Schulfächer Wirtschaft und Informatik würde mehr Raum für die Herausbildung von Alltagskompetenzen gegeben werden", sagte Mucker.
Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 12.01.2022 berichtet.