Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa)

Warum AKK gescheitert ist

Janek Böffel   15.01.2021 | 19:44 Uhr

Am Freitag hat Annegret Kramp-Karrenbauer ihre letzte Rede als CDU-Vorsitzende gehalten. Am Samstag wird ein Nachfolger gewählt. Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen stehen zur Wahl. Doch wie kam es dazu, dass die ehemalige saarländische Ministerpräsidentin ihren Hut nahm?

„Ich kandidiere nicht als Kanzlerin“ - es waren Worte, die das politische Deutschland erschütterten. Annegret Kramp-Karrenbauer, an diesem Tag im Februar 2020 gerade einmal 14 Monate CDU-Bundesvorsitzende, erklärte damit ihren Rückzug von der Parteispitze. Also von dem Posten, für den sie das Saarland aufgegeben hatte.

Am Ende zählt doch die Partei

Um zu erklären, woran sie am Ende gescheitert ist, muss man vielleicht genau da anfangen - in der Provinz. Kramp-Karrenbauer wird als Ministerpräsidentin bundesweit bekannt. Immer wieder fällt ihr Name, wenn es um höhere Weihen geht. Doch sie bleibt immer im Saarland und festigt damit ihren Ruf als die Bodenständige vom Rand der Republik. „Erst das Land, dann die Partei“, sagt sie lange. Bis Anfang 2018 der Ruf erfolgt, Generalsekretärin der Bundespartei zu werden. Jetzt kommt plötzlich die Partei zuerst.

Murren über die Kronprinzessin

Vielen ist da schon klar: Die Merkel-Nachfolge ist das eigentliche Ziel. Auch wenn anfangs niemand damit rechnet, dass es so schnell geht und die Kanzlerin schon im Oktober als Parteivorsitzende zurücktritt. Dass die Kanzlerin danach so deutlich Stellung für ihre Kronprinzessin bezieht, stört viele.

Das Gemurre ist groß und überraschend laut für eine Partei, die Entscheidungen gerne in Hinterzimmern trifft und im Nachhinein von Parteitagen absegnen lässt. Am Ende setzt sich Kramp-Karrenbauer zwar gegen Friedrich Merz durch, aber nur knapp mit 35 Stimmen Vorsprung. Eine geschlossene Partei wählt anders. Und das vielleicht größte Problem: Auch Merz weiß das.

Erste Fehler beim Personal

Noch am selben Tag folgt der zweite Fehler, wie sich später herausstellt: Kramp-Karrenbauer macht Paul Ziemiak zum Generalsekretär. Einer der lauten Kritiker Merkels und Chef der ohnehin immer etwas konservativeren Jungen Union. Doch der kann gerade anfangs wenig glänzen. Ziemiak lernt zwar im Laufe der Zeit, aber für Kramp-Karrenbauer ist das zu spät. Und ihr eigentlicher Plan, den Parteinachwuchs auf ihre Seite zu ziehen, geht auch nicht auf. Ziemiaks Nachfolger wird Tilmann Kuban, schwer konservativ und – noch schlimmer für sie – ein glühender Merz-Fan.

Höhenflug in der Berliner Luft

Abgesehen davon läuft es anfangs gut. Kramp-Karrenbauer versöhnt CDU und CSU nach langem Streit, bereitet das Grundsatzprogramm vor und positioniert die Partei wie von vielen gefordert in der Flüchtlingspolitik weiter rechts. Im Februar 2019 ist sie hinter Merkel die beliebteste Politikerin laut ARD-Deutschlandtrend. Egal, wozu sie sich noch so knapp äußert, die Republik spricht darüber. Doch genau das entwickelt sich zum Problem. Spätestens als sie Angriffsfläche bietet. Die Fehler häufen sich. Auch Fehler, die angesichts ihrer politischen Instinkte überraschen.

Von Karnevalspatzer bis zum Rezo-Video

Erst ein Karnevalsauftritt, als sie, die erfahrene Karnevalistin, quasi wörtlich ins Klo greift. Dann blamiert sich die CDU im Umgang mit dem vielbeschworenen Rezo-Video. Und Kramp-Karrenbauer lässt sich mindestens missverständlich über mögliche Einschränkungen der Pressefreiheit aus. Der Wind dreht sich gegen sie.

Kramp-Karrenbauer bietet Angriffsfläche. Entgegen aller Beteuerungen, kein Ministeramt anzustreben, wird sie doch Verteidigungsministerin. Auch wenn sie dort in den kommenden Monaten keinen schlechten Job macht, sackt sie in den Umfragen ab.

Gescheitert in der Provinz

Doch trotz dieser langen Liste an Punkten, den Stolperern bis hin zu ausgewachsenen Fehlern, wird es am Ende nicht das Berliner Parkett sein, auf dem Kramp-Karrenbauer stürzt, sondern ein Landesverband, mit gerade einmal 10.000 Mitgliedern kleiner als die Saar-CDU. Denn als die Thüringische CDU im Februar 2020 gemeinsam mit der AfD plötzlich den FDP-Mann Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten wählt, kommt die entscheidende Probe dafür, wie viel Macht Kramp-Karrenbauer tatsächlich in der CDU hat.

Sie reist öffentlichkeitswirksam nach Erfurt und doch scheitert sie, die Bundesvorsitzende, vor den Augen Deutschlands und der Partei daran, einen einzelnen Landesverband zur Räson zu bringen. Dass am Ende auch der dortige Vorsitzende Mike Mohring seinen Hut nehmen muss, hilft ihr nicht mehr. Kramp-Karrenbauers Macht hat Grenzen. Und für das, was sie vorhat mit der Partei, sind die zu eng. Sie fällt eine Entscheidung.

Rücktritt ohne Reue

Nur 14 Monate nach ihrer Wahl zur Parteivorsitzenden tritt Kramp-Karrenbauer zurück. Gescheitert an den Schwierigkeiten der Berliner Blase, einer bis heute hochkomplexen Gemengelage in der CDU angesichts des Endes der Ära Merkel, aber auch ganz einfach an eigenen Fehlern. Dass sie womöglich angesichts der Corona-Krise ihre eigene Krise nur hätte aussitzen und gar nicht hätte zurücktreten müssen, ist müßig zu spekulieren. Sie selbst sagt im SR-Interview: "Diese Entscheidung war im Februar richtig und ist heute noch richtig".

Politische Zukunft noch offen

Dass Kramp-Karrenbauer der Politik den Rücken kehrt, scheint mehr als unwahrscheinlich. Seit langem gibt es Gerüchte, sie würde für den Bundestag kandidieren. Auch eine gewichtige Rolle unter dem neuen Parteivorsitzenden ist nicht ausgeschlossen. Die größte Rolle aber, die als Bundeskanzler, die wird ein anderer spielen.

Über dieses Thema hat auch die SR 3-Rundschau am 15.01.2021 berichtet.

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