Der Streit um das Grubenwasser
Seit zehn Jahren ist der Bergbau im Saarland Geschichte, doch das Grubenwasser bleibt eine Ewigkeitsaufgabe. Noch immer steht eine gerichtliche Entscheidung aus, ob das Wasser zumindest teilweise ansteigen darf. Doch wann diese kommt ist offen.
30 Gemeinden im Saarland mit über 600.000 Bewohnern sind direkt von Grubenwasseranstieg betroffen. Formal ist der Teilanstieg auf minus 320 Meter unter Normal Null seit Ende August 2021 genehmigt. Doch vorerst muss das Grubenwasser weiter gepumpt werden, weil es dutzende Widersprüche gibt.
Grubenwasser als Kostenfaktor
Die Wassergärten am ehemaligen Bergwerk Reden sind der Ort, an dem man das Grubenwasser „erleben“ kann. Zwölf bis fünfzehn Millionen Kubikmeter Wasser aus der ehemaligen Grube werden allein hier pro Jahr hochgepumpt.
Grubenwasser entsteht, indem Regenwasser im Boden versickert und sich in den Schächten und Stollen der ehemaligen Bergwerke sammelt. Auf dem Weg durch die Erd- und Gesteinsschichten löst es Mineralien aus dem Gestein, besonders Salze.
RAG will Pumpen abstellen
Der Bergbaukonzern RAG will die Pumpen abstellen, vor allem, um Kosten zu sparen. Rund 18 Millionen Euro kostet das Pumpen unter Tage Jahr für Jahr. Man habe den Auftrag, die Wasserhaltung so kostengünstig wie möglich zu machen, heißt es bei der RAG bereits 2012.
Fünf Jahre später, im August 2017, schließlich stellt die RAG den Antrag, das Grubenwasser auf Minus 320 Meter ansteigen zu lassen. Häufig beschrieben als sogenannte Phase 1.
Widerstand gegen Grubenwasseranstieg
Doch von Beginn an formiert sich Widerstand: die Grünen, Umwelt- und Naturschutzverbände, der Verein der Bergbaubetroffenen, der neu gegründete Verein proH2O und einzelne Bürgermeister äußern sich kritisch, warnen vor Risiken, vor allem für das Trinkwasser.
Auch eine Umfrage aus dem vergangenen Herbst zeigt deutlich: die Saarländer sind gespalten, was den Grubenwasseranstieg angeht. 54 Prozent der Saarländer halten laut einer Umfrage von Infratest dimap eine Grubenflutung für falsch. Dafür sind lediglich 17 Prozent.
Sorge um Trinkwasser und Umweltschäden
Der Streit um das Grubenwasser zieht sich seit Jahren. Es geht vor allem um die Risiken für das Trinkwasser. Aber auch um mögliche Erschütterungen oder Ausgasungen. Es folgen Gutachten um Gutachten.
Von politischer Seite wird immer wieder betont: Es gelte bei der rechtlichen Bewertung, Schäden für Mensch und Umwelt und auch Gefährdungen des Trinkwassers auszuschließen. Das Problem: Im Grubenwasser befinden sich nicht nur Salze und Eisen, sondern auch das als krebserregend eingestufte PCB. Auch das sei eine Gefahr für das Trinkwasser, fürchten die Kritiker.
Wie gefährlich ist eine Grubenflutung?
In einem zentralen Gutachten des Grundwasserforschungszentrum Dresden aus dem Sommer 2021 heißt es schließlich: "Für die Flutungsphase 1 (bis -320 mNN) werden in den vorliegenden untersetzenden Gutachten die Risiken im Hinblick auf die Gefährdung von gegenwärtig genutzten Grundwasserleitern (sog. Hauptgrundwasserleiter) durch das Ansteigenlassen des Grubenwassers als gering eingeschätzt."
Das ist wichtig für eine mögliche Phase 2. Diese wurde aber bisher nicht beantragt. Denn: Für das komplette Ansteigen des Grubenwassers sieht das Gutachten durchaus Gefahren für das Trinkwasser.
Entscheidung frühestens 2023
Bisher ist aber nur Phase 1 beantragt: Kurz danach, im August 2021, trifft das Oberbergamt schließlich die Entscheidung. Der Grubenwasseranstieg bis auf minus 320 Meter wird genehmigt, wenn auch unter Auflagen, betont damals der zuständige Umweltminister Reinhold Jost. Ein Monitoring-Prozess solle den Anstieg überwachen, kontrollieren und ein schnelles Eingreifen ermöglichen.
Doch gegen die Entscheidung gibt es Widerspruch – über 100 beim Oberbergamt. Aus juristischen Gründen hatte das Oberbergamt vor einigen Wochen nachträglich noch zwei saarländische Kommunen in das sogenannte Planfeststellungsverfahren für die Grubenflutung aufgenommen. Bis Ende August läuft die Einwendungsfrist.
Entscheidung frühestens 2023
Dazu gibt es etwa ein Dutzend sogenannte Normenkontrollklagen beim Oberverwaltungsgericht. Die Deutsche Bahn, der Verein H2O und auch Gemeinden und Städte haben Klage eingereicht. Mit einer gerichtlichen Entscheidung wird frühestens 2023 gerechnet. So lange laufen die Pumpen.