CDU uneinig in der Debatte über die Grenzkontrollen

Viel Gegenwind aus dem Saarland für Merz-Forderung nach Messer-Attacke

  24.01.2025 | 15:08 Uhr

Nach dem tödlichen Messerangriff im bayerischen Aschaffenburg hat sich der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz für weitreichende Asyl-Verschärfungen ausgesprochen. Daran gibt es im Saarland viel Kritik von SPD, Grünen. Aber auch innerhalb der CDU im Saarland werden die Merz-Forderungen kontrovers diskutiert.

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger hat den CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz vor einem nationalen "Alleingang" bei der Asylpolitik gewarnt. Jetzt innerhalb des Schengen-Raums Forderungen zu stellen, die die Errungenschaften eines Europas ohne Binnengrenzen zunichte machen könnten, sei der falsche Schritt. Deutschland dürfe nicht allein auf Abschottung und Abschiebung setzen.

"Wir brauchen eine gemeinsame europäische Asylpolitik", sagte sie dem Magazin "Stern". Dazu gehöre etwa, dass die europäischen Außengrenzen gemeinsam besser geschützt werden.

Video [aktueller bericht, 24.01.2025, Länge: 3:10 Min.]
Vorstoß von Merz zu schärferem Asylrecht sorgt für Diskussionen

Conradt gegen Ausweitung von Grenzkontrollen

Auch der Saarbrücker Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) forderte nach dem Angriff in Aschaffenburg besonnenes und konsequentes Handeln. Der Staat müsse die ihm zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um gegen illegale Migration vorzugehen, so Conradt. Eine Rückkehr zu mehr Grenzkontrollen hält er aber für den "falschen Weg."

Saarländische Reaktionen zu dauerhaften Grenzkontrollen
Audio [SR 3, Moderation: Dorothee Scharner, 24.01.2025, Länge: 05:04 Min.]
Saarländische Reaktionen zu dauerhaften Grenzkontrollen

Kritik kommt auch von den Grünen. "Unberechtigte Asylrechtsverschärfungen", wie sie Friedrich Merz fordere, würden nicht weiterbringen, so Hanko Zachow, der politischer Geschäftsführer der Grünen im Saarland.

Die Grünen würden für den Schutz der Bevölkerung stehen, aber ebenso für den Schutz der Migrantinnen und Migranten, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben. "Sie verdienen Sicherheit – nicht nur vor Straftaten, sondern auch vor einer Politik, die durch pauschale Gesetzesverschärfungen unbescholtene Migrant:innen ungerechtfertigt bestraft und unter Generalverdacht stellt", so Zachow.

Theis fordert konsequentes Einreiseverbot

Zuspruch für die Vorschläge von Merz gab es hingegen vom stellvertretenden Landesvorsitzenden und Spitzenkandidat der CDU Saar bei der Bundestagswahl, Roland Theis. „Friedrich Merz hat daher zurecht deutlich gemacht, was notwendig ist, damit wir wieder die Kontrolle über die Migration in unser Land zurückgewinnen.“ Das Problem der illegalen Migration solle von allen Parteien der politischen Mitte gemeinsam gelöst werden.

„Das wichtigste Element dabei ist ein konsequentes Einreiseverbot für alle, die illegal nach Deutschland einreisen wollen. Das ist der Schlüssel zur Reduzierung des illegalen Zustroms. Aus unserer Sicht ist dies sowohl mit dem deutschen als auch dem europäischen Recht vereinbar.“

Dennoch sollten die Kontrollen auch für Bürger in den Grenzregionen nicht zu einer täglichen Belastung werden. Es sollte keine permanenten stationären Kontrollen geben. „Dafür muss die Bundespolizei dazu berechtigt werden, auch im Hinterland der Grenze zu Luxemburg und Frankreich illegal eingereiste Personen aufzugreifen und zurückzuweisen.“

Dafür müssten allerdings erst die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Rechtlich dürfen Bundespolizisten aktuell nur an den Grenzen und nicht im Grenzumland kontrollieren. Langfristig müsse der Schengen-Raum aber in erster Linie an den Außengrenzen geschützt werden.

Merz will Kontrollen und Zurückweisungen an allen deutschen Grenzen

Am Mittwoch hat nach bisherigen Erkenntnissen ein mutmaßlich psychisch kranker Mann aus Afghanistan eine Kindergartengruppe in einem Park mit einem Messer angegriffen und dabei einen zweijährigen Jungen und einen 41-jährigen Passanten getötet. Mehrere weitere Menschen wurden verletzt.

Der Unions-Kanzlerkandidat Merz hatte daraufhin eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik angekündigt, sollte er zum Bundeskanzler gewählt werden. Er wolle etwa dauerhafte Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen einführen. Menschen ohne gültige Einreisepapiere sollten konsequent zurückgewiesen werden. Das solle auch für Menschen mit Schutzanspruch gelten. Für ausreisepflichtige Menschen sehe er vor, dass sie bis zur Abschiebung massenhaft in Gewahrsam genommen werden sollen.

Besserer Austausch nötig

Nach dem Angriff in Aschaffenburg gibt es zudem Forderungen nach einem Register für psychisch kranke Gewalttäter. Auch der saarländische CDU-Landeschef Toscani hatte eine Debatte darüber gefordert.

Der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) hält es für wichtig, dass es einen engen Austausch zwischen den zuständigen Behörden gibt. Übertriebener Datenschutz dürfe nicht zu einem potenziellen Täterschutz werden. Man müsse die bisherige Vorgehensweise deshalb überdenken.

Er verwies im SR-Interview aber auch darauf, dass das Thema psychisch auffällige Straftäter nicht mit dem Thema Migration einhergehe. Es gebe zwar Migranten unter den im Saarland erfassten psychisch auffälligen Tätern, aber nicht nur.

Innenminister Jost zur Prävention bei psychisch Auffälligen
Audio [SR 3, Interview: Dorothee Scharner, 24.01.2025, Länge: 04:28 Min.]
Innenminister Jost zur Prävention bei psychisch Auffälligen
Kann man Taten wie die des vermutlich psychisch kranken Afghanen in Aschaffenburg verhindern? Es müssen Wege gefunden werden, Informationen unter den Behörden auszutauschen, ohne das Arztgeheimnis aufzuheben, sagt Innenminister Jost im SR-Interview.

Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 24.01.2025 berichtet.


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