Yeboah-Prozess. Angeklagter in Mordprozess nach dem Brandanschlag auf ein Ayslbewerberheim in Saarlouis zwischen seinen Anwälten. (Foto: picture alliance/dpa | Thomas Frey)

Yeboah-Prozess: Defizite bei der Polizei

Mit Informationen von Thomas Gerber   12.12.2022 | 18:49 Uhr

Im Prozess um den tödlichen Brandanschlag auf das Saarlouiser Asylbewerberheim 1991 haben am Montag drei Überlebende ihre Erinnerungen an jene Nacht geschildert. Zudem sagte der Angeklagte Peter S. über seine Beziehungen in die Saarlouiser Neonaziszene aus.

Die Überlebenden des Anschlags auf das Saarlouiser Asylbewerberheim, bei dem 1991 Samuel Yeboah starb, waren unmittelbar nach dem verheerenden Brand, noch am 19. September, von der Polizei vernommen worden. Sie sind im laufenden Verfahren Nebenkläger.

Von der Polizei anders protokolliert

Einer der vom Oberlandesgericht Koblenz angehörten Männer schilderte dabei an einigen Stellen die Geschehnisse heute anders als damals von der Polizei protokolliert, wodurch die Defizite bei den damaligen Ermittlungen deutlich wurden.

Prozess im Fall Yeboah - Erste Aussage von Betroffenen
Audio [SR 3, (c) SR 3, 13.12.2022, Länge: 04:29 Min.]
Prozess im Fall Yeboah - Erste Aussage von Betroffenen

Ein angeblich lautstarkes Gespräch im Flur der Asylbewerberunterkunft habe es nicht gegeben. An mehreren Stellen des vom Vorsitzenden Richter vorgetragenen Polizeiprotokolls sagte der Mann, das stimme nicht.

Kein Dolmetscher eingesetzt

Einem zweiten Überlebenden wurde das Polizeiprotokoll damals in deutscher Sprache zur Unterschrift vorgelegt. Seine Ehefrau musste gegenzeichnen und sollte ihrem Mann erklären, was er denn da genau unterschreibe. Obwohl der Albaner kaum Deutsch sprach, wurde also kein Dolmetscher hinzugezogen.

Videos auf Laptop gefunden

Zuvor hatte der Angeklagte im Mordprozess Yeboah, Peter S., zwar eingeräumt, dass er in den 90er Jahren rechtsradikal und auch gewaltbereit gewesen sei. Dem habe er aber bereits vor Jahren abgeschworen.

Bei einer Hausdurchsuchung im vergangenen Jahr waren auf seinem Laptop aber noch mehrere ausländerfeindliche, antisemitische und gewaltverherrlichende Videos gefunden worden. Es habe sich um einen „Familienlaptop“ gehandelt, so S., auf den nicht nur er, sondern auch seine Frau, seine Tochter und der Chef der Saarlouiser Neonazis, sein Freund Peter St., Zugriff gehabt hätten.

Angeklagter S. weist Vorwürfe zurück

S. hatte in der vergangenen Woche bestritten, das Feuer in der Asylbewerberunterkunft gelegt zu haben. Nach einem Treffen mit zwei Mitgliedern der damaligen Skinhead-Szene sei er in der Tatnacht nach Hause gegangen. Von dem Brand habe er am anderen Morgen aus dem Radio erfahren.

Bei dem Anschlag war der Asylbewerber Samuel Yeboah in den frühen Morgenstunden des 19. September 1991 ums Leben gekommen, zwei weitere Bewohner wurden verletzt.

Die Generalbundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten Peter S. Mord sowie zwanzigfachen versuchten Mord vor.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 12.12.2022 berichtet.

Mehr zum Thema

Die Podcast-Serie zum Mordprozess
Der Fall Yeboah – Rassismus vor Gericht
1991 stirbt Samuel Yeboah durch einen Brandanschlag auf die Asylunterkunft in Saarlouis. Erst über 30 Jahre später wird der Mord als rassistisch motivierte Tat verfolgt und steht möglicherweise vor der Aufklärung. Warum erst jetzt? Dieser Frage gehen die SR-Journalistin Lisa Krauser und ihre beiden Kollegen Thomas Gerber und Jochen Marmit in einem mehrteiligen Podcast nach.


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